„Gibt es hier Wilderer?“, fragen wir auf dem Game Drive im Krügerpark. „Oh ja, viele“, sagt der Ranger. „Früher durften wir nicht darüber reden, aber das ist schon ein großes Problem.“ Zehn Meter von unserem Fahrzeug entfernt liegt ein Rhino, und sein Horn ist Ziel der meisten Wilderer. Vor allem in Asien werden für das pulverisierte Horn, das angeblich die Manneskraft stärken soll, Phantasiepreise bezahlt.
2014 sind im Krüger-Park bis November
schon 655 Rhinos getötet worden, 27 % mehr als im Jahr davor. Jeden Tag sickern
zwischen 15 und 20 Wilderer in den Park ein mit nur einem Ziel: soviele Rhinos
zu töten wie nur möglich. Und die Ranger sind überzeugt, dass die Jagd noch
zunehmen wird: Zum chinesischen Neujahrsfest im Februar 2015 steigt die
Nachfrage nach Rhino-Horn erfahrungsgemäß an.
Mittlerweile sind die Wilderer mit
modernen Waffen ausgerüstet, aber auch die Ranger haben aufgerüstet – nicht zuletzt
dank einer Millionen-Spende von US-Milliardär Warren Buffett, die zum Schutz
der Rhinos eingesetzt werden soll. „Sunday Times“-Reporterin Pearlie Joubert war
zwei Tage im Krüger-Park mit der Schutztruppe unterwegs. „Wir errichten eine
Berliner Mauer um unsere Rhinos“, sagt ihr ein Ranger. „Wir stoppen die
Wilderer, wenn sie im Park sind.“
Der riesige Krüger-Park ist
mittlerweile in Schutzzonen aufgeteilt; an einigen Stellen wird die Parkgrenze aus
Ballons mit Kameras überwacht. Die Informationen laufen mitten im Park, im
Skukuza-Camp, zusammen. Über Funk werden dort die Ranger dirigiert. Die „Sunday
Times“-Reporterin darf im Kommandoraum in Skukuza verfolgen, wie eine Gruppe von
drei Wilderern aufgespürt wird. 14 Stunden nach ihrem Eindringen und 40 Kilometer
von der Parkgrenze entfernt werden sie nach einem kurzen Feuergefecht von
Rangern gestellt. Einer kann im allgemeinen Durcheinander entkommen, zwei
Wilderer werden festgesetzt und vernommen. „Heute nacht hätten wir ein Rhino
getötet“, sagt einer der beiden, „und ich hätte 100.000 Rand verdient.“ Er sei
zum dritten Mal im Park, gibt er an; vor einer Woche habe er gerade noch
flüchten können.
Der zweite Wilderer trägt ein Gewehr
mit Schalldämpfer. Fünf Stunden später übernimmt die Polizei die beiden; einer ist
bei dem Feuergefecht verwundet worden und kommt ins Krankenhaus, der andere in
eine Polizeizelle.
8.000 Rhinos sind noch im
Krüger-Park, mehr als 150 Wilderer wurden festgenommen – ein Rekord. Viele sind
jung, wollen mit der Wilderei das schnelle Geld machen. Ein Ranger erzählt der
Reporterin, wie er in einer Kneipe in der Nähe des Parks junge Leute übermütig
habe singen hören „Wir überleben mit dem Rhino-Geld“ - jeder dort habe gewußt,
wer mit Wilderei sein Geld verdient. „Ich spüre heute nicht Tieren, sondern
Menschen nach“, sagt der Ranger. „Wir werden nicht zulassen, dass der Park von
Gier und Grausamkeit zerstört wird.“
In ganz Südafrika sind in diesem Jahr
bereits mehr als 1.000 Rhinos getötet worden – im Durchschnitt sind das pro Tag
4,6 Tiere.