Samstag, 23. April 2016

Briefmarken - schön und lehrreich



Stichprobenkäufe in südafrikanischen Postämtern fördern eine erstaunliche Vielfalt zu Tage. Erste Station ist das beschauliche Landstädtchen Darling, eine gute Stunde nördlich von Kapstadt. Hier hat Südafrikas wunderbarer Kabarettist Pieter-Dirk Uys sein Theater.
Wer zur Post will, geht zunächst in einen gutsortierten Tankstellenladen. Nach links steigt man dann ein paar Stufen herauf und trifft auf eine freundliche Dame, die einem für Postkarten nach Europa zunächst den Standardsatz mit den „Big Five“ verkauft. Je zwei Marken der berühmten fünf Wildtiere. Diese Marken weisen keinen Betrag aus, sind also lange haltbar, zukunftsfähig.
Die Frage nach weiteren Postwertzeichen fördert bunte Schönheiten ans Tageslicht: zehn unterschiedliche Marken mit „Jellyfisch in South African Waters“. Etwas konventioneller sind die fünf Wertzeichen der „Critically Endanged Birds“. Zum Weltforstkongress 2015 hat Annemarie Wessels fünf Marken gestaltet, die den Wald, aber auch dessen Nutzung zeigen: vom traditionellen Schnitzer über den Forstbeamten bis hin zum Mann mit der Motorsäge.
Nächster Versuch in „Century City“, Kapstadts größter und scheußlichster Shopping Mall. Dort hat die Zukunft schon begonnen: Es gibt gar keine Post. Neuer Versuch an der „Waterfront“, Kapstadts ikonischem Shopping- und Restaurantkomplex am Hafen, in die wohl jeder Tourist spaziert. An diesem Samstagmorgen ist sie brechend voll, in der kleinen Post in einem Seitengang des ersten Stocks ist es dagegen leer. Ein Plakat macht darauf aufmerksam, dass Philatelisten hier eine Chance haben. In Südafrika gibt es nur 5000 eingeschriebene Briefmarkensammler, aber unter den älteren Herrschaften, die z.B. mit den Kreuzfahrtschiffen kommen, ist sicher der eine oder andere Liebhaber.
Haben Sie das kleine Büchlein, das an das berühmte Rivonia-Verfahren erinnert?
Antwort: Ja, natürlich.
Gut, dann geben Sie mir bitte drei.
Das Heft enthält Briefmarken mit Portraits der zwölf Männer, die dem damals verbotenen „Afrikanischen Nationalkongress“ (ANC) angehörten, 1963/64 wegen „Sabotage“ vor Gericht standen und die Todesstrafe fürchten mussten. Drei von ihnen leben noch: Andrew Mlangeni, Ahmed Kathrada und Denis Goldberg. Goldberg und Kathrada haben in diesen Tagen ihren Parteifreund Jacob Zuma, den gegenwärtigen Präsidenten, zum Rücktritt aufgefordert – wie so viele andere Südafrikaner auch. Doch der denkt nicht daran, er will seine zweite Amtszeit vollenden.
Als Zuma 2009 seine erste Amtszeit begann, gab die Post eine Marke mit seinem Konterfei heraus, zur Feier der zweiten Periode auch. Zusammen mit einem weiteren Wertzeichen, das die ehrenwerten Gründerväter des ANC zeigt, ist daraus ein weiteres Set geworden, der neben dem Schalter angepriesen wird.
Möchten Sie diese nicht auch noch?
Ach nein, Zuma - nicht mal als Briefmarke.
Wir versuchen hier eben unser Bestes…, sagt der Postbeamte und lächelt uns an.
Die Zeitungen hatten einige Tage zuvor berichtet, dass in der Nachfolgefrage die Parlamentspräsidentin ihren Hut in den Ring geworfen hat. Baleka Mbete ist eine Frau ohne Prinzipien. „Run, here comes Baleka“, hat Sikonathi Mantshantsha seinen Kommentar dazu in der “Financial Mail“ überschrieben. „Dass sie sich vorstellt, dass sie auch nur im entferntesten geeignet sein könnte, das Land zu führen, zeigt, wie tief die Standards und die Erwartungen an das höchste Amt im Land gesunken sind.“
Und Ranjeni Munusamy stöhnte im „Daily Maverick“: „Und dabei hatten wir gedacht, es könnte nicht noch schlimmer kommen… Das einzige, was noch schlimmer ist als ein Präsident, der in seiner Amtsführung die Verfassung missachtet, ist eine Person, deren Kandidatur auf ihrer Missachtung der Verfassung gründet.“
Eine Briefmarke, die Baleka Mbete ehrt, möchte man sich gar nicht erst vorstellen.  

Mittwoch, 20. April 2016

Postämter vor Schließung?



Es gibt wieder Briefmarken im Postamt in der Mill Street. Nein, keine kleinen Notausgaben, sondern aufwändig gestaltete, selbstklebende 5er Sets zu Ehren der südafrikanischen Luftwaffe, die 2015 ihr hundertjähriges Bestehen feierte. Auch wenn die Flotte nach 1990 stark verkleinert wurde und in jüngster Zeit eher durch Fehlleistungen und Beschaffungswünsche von höchster politischer Ebene von sich reden machte, rühmt sie sich einer stolzen Geschichte, u.a. durch ihren Einsatz auf Seiten der Alliierten im 2. Weltkrieg und 1948 bei der Versorgung Berlins.
Offenbar arbeitet die Post derzeit auch einigermaßen zuverlässig – jedenfalls beim Transport von Postkarten nach Berlin, die im Februar verschickt wurden. Doch vom Ende der Krise beim SA Post Office (SAPO) kann keine Rede sein. Bekommt sie nicht umgehend eine Finanzspritze - immerhin 2,5 Milliarden Rand sind gefordert -, dann muss sie ihre 2486 Pforten schließen. Ein böser, viermonatiger Streik, Verschwendung und irreguläre Ausgaben sowie Managementprobleme haben die altehrwürdige Institution an den Rand des Zusammenbruchs geführt. Derzeit sollen sogar die Drucker in den Ämtern keine Tinte mehr haben.
SAPO schreibt weiterhin rote Zahlen, 125 Millionen Rand verliert das Unternehmen jeden Monat. Zusätzlich schleppt es einen hohen Altschuldenberg mit sich herum. Viele Geschäftspartner warten seit langem auf ihr Geld, u.a. der Autovermieter Avis, und sie sind nun am Ende ihrer Geduld. Noch kommen jedes Jahr 66 Millionen Besucher in die Postämter, aber ihre Zahl nimmt ab, weil der Service nachgelassen hat und auch in Südafrika immer weniger Briefe aufgegeben werden. Zudem sind private Unternehmen dabei, die kleinen Monopole der Post – Sendungen unter 1 Kilo und Einschreiben – zu untergraben. 
Der Finanzminister kann zwar auf Rekordeinnahmen bei den Steuern zurückgreifen, aber er hat zu viele Löcher zu stopfen und Versprechungen zu erfüllen. Und Sparen ist auch in Südafrika erst eimal teuer. Allein die notwendige Reduzierung des Postpersonals (derzeit 23 820 Angestellte) durch Abfindungen wird 370 Millionen Rand kosten, soll aber dann Einsparungen von 60 Millionen im Monat erbringen. Der dynamische neue Chef der Post, Mark Barnes, ist optimistisch, dass das Unternehmen 2018 schon wieder in der Gewinnzone sein kann. Für die Zukunft setzt er seine Hoffnungen auf den elektronischen Handel, denn auch in Südafrika wird zunehmend online bestellt. Und für die Paketauslieferung ist die Post mit ihren im ganzen Land präsenten Filialen besser aufgestellt als jeder andere.
Mark Barnes hat dem einzigen Aktionär des Unternehmens, dem Staat, auch ins Stammbuch geschrieben, dass die Versorgung abgelegener ländlicher Gebiete niemals kostendeckend sein könne, die Regierung diese Dienste also auf Dauer mit 400 Millionen Rand bezuschussen müsse. SAPO sei mit seiner Infrastruktur auch gut positioniert, dem Staat bei der der Auszahlung von Pensionen und Sozialleistungen zu helfen.  
Wie die Post in vielen anderen Ländern auch muss SAPO also gewinnorientiert arbeiten und gleichzeitig nicht kostendeckende Versorgungsaufgaben übernehmen. In Südafrika ist das aber noch ein bisschen schwieriger, weil auch dieses parastaatliche Unternehmen durch Missmanagement und Konflikte mit gleich vier Gewerkschaften beinahe an die Wand gefahren wurde.