Stichprobenkäufe in südafrikanischen Postämtern fördern eine
erstaunliche Vielfalt zu Tage. Erste Station ist das beschauliche Landstädtchen
Darling, eine gute Stunde nördlich von Kapstadt. Hier hat Südafrikas
wunderbarer Kabarettist Pieter-Dirk Uys sein Theater.
Wer zur Post will, geht zunächst in einen gutsortierten
Tankstellenladen. Nach links steigt man dann ein paar Stufen herauf und trifft
auf eine freundliche Dame, die einem für Postkarten nach Europa zunächst den
Standardsatz mit den „Big Five“ verkauft. Je zwei Marken der berühmten fünf
Wildtiere. Diese Marken weisen keinen Betrag aus, sind also lange haltbar,
zukunftsfähig.
Die Frage nach weiteren Postwertzeichen fördert bunte Schönheiten
ans Tageslicht: zehn unterschiedliche Marken mit „Jellyfisch in South African
Waters“. Etwas konventioneller sind die fünf Wertzeichen der „Critically
Endanged Birds“. Zum Weltforstkongress 2015 hat Annemarie Wessels fünf Marken
gestaltet, die den Wald, aber auch dessen Nutzung zeigen: vom traditionellen
Schnitzer über den Forstbeamten bis hin zum Mann mit der Motorsäge.
Nächster Versuch in „Century City“, Kapstadts größter und
scheußlichster Shopping Mall. Dort hat die Zukunft schon begonnen: Es gibt gar
keine Post. Neuer Versuch an der „Waterfront“, Kapstadts ikonischem Shopping-
und Restaurantkomplex am Hafen, in die wohl jeder Tourist spaziert. An diesem
Samstagmorgen ist sie brechend voll, in der kleinen Post in einem Seitengang des
ersten Stocks ist es dagegen leer. Ein Plakat macht darauf aufmerksam, dass
Philatelisten hier eine Chance haben. In Südafrika gibt es nur 5000
eingeschriebene Briefmarkensammler, aber unter den älteren Herrschaften, die
z.B. mit den Kreuzfahrtschiffen kommen, ist sicher der eine oder andere
Liebhaber.
Haben Sie das kleine Büchlein, das an das berühmte
Rivonia-Verfahren erinnert?
Antwort: Ja, natürlich.
Gut, dann geben Sie mir bitte drei.
Das Heft enthält Briefmarken mit Portraits der zwölf Männer,
die dem damals verbotenen „Afrikanischen Nationalkongress“ (ANC) angehörten, 1963/64
wegen „Sabotage“ vor Gericht standen und die Todesstrafe fürchten mussten. Drei
von ihnen leben noch: Andrew Mlangeni, Ahmed Kathrada und Denis Goldberg. Goldberg und Kathrada haben in diesen
Tagen ihren Parteifreund Jacob Zuma, den gegenwärtigen Präsidenten, zum
Rücktritt aufgefordert – wie so viele andere Südafrikaner auch. Doch der denkt
nicht daran, er will seine zweite Amtszeit vollenden.
Als Zuma 2009 seine erste Amtszeit begann, gab die Post eine
Marke mit seinem Konterfei heraus, zur Feier der zweiten Periode auch. Zusammen
mit einem weiteren Wertzeichen, das die ehrenwerten Gründerväter des ANC zeigt,
ist daraus ein weiteres Set geworden, der neben dem Schalter angepriesen wird.
Möchten Sie diese nicht auch noch?
Ach nein, Zuma - nicht mal als Briefmarke.
Wir versuchen hier eben unser Bestes…, sagt der Postbeamte
und lächelt uns an.
Die Zeitungen hatten einige Tage zuvor berichtet, dass in
der Nachfolgefrage die Parlamentspräsidentin ihren Hut in den Ring geworfen hat.
Baleka Mbete ist eine Frau ohne Prinzipien. „Run, here comes Baleka“, hat Sikonathi Mantshantsha seinen Kommentar dazu
in der “Financial Mail“ überschrieben. „Dass sie sich vorstellt, dass sie auch
nur im entferntesten geeignet sein könnte, das Land zu führen, zeigt, wie tief
die Standards und die Erwartungen an das höchste Amt im Land gesunken sind.“
Und Ranjeni Munusamy
stöhnte im „Daily Maverick“: „Und dabei hatten wir gedacht, es könnte nicht
noch schlimmer kommen… Das einzige, was noch schlimmer ist als ein Präsident,
der in seiner Amtsführung die Verfassung missachtet, ist eine Person, deren
Kandidatur auf ihrer Missachtung der Verfassung gründet.“
Eine Briefmarke, die Baleka Mbete ehrt, möchte man sich gar
nicht erst vorstellen.