Samstag, 3. November 2018

Von Südafrika in die Republik Moldau


Zum Wochenende erscheinen viele Zeitungen in Südafrika mit Immobilien-Beilagen. Darin sind fast immer auch großformatige Anzeigen, die für Investitionen in europäischen Ländern werben. Es geht dabei nicht um Rendite, sondern um Aufenthaltsrecht oder sogar einen Pass. Einen Pass, der Zugang zum Schengen-Gebiet verschafft. Besonders Zypern und Malta werben so für sich, aber auch andere Länder haben Programme für „golden Visas“ aufgelegt. 

Viel Gold muss man dabei gar nicht auf die Waage legen - es reicht, ein Haus zu kaufen oder in einen Fonds der Regierung einzuzahlen. Dann kann man im gewählten Land wohnen (muss es aber meist nicht), dann kann man in einigen die Staatsbürgerschaft bekommen und einen Pass beantragen. Während die Verlierer der Globalisierung von Europa immer abweisender behandelt werden, sind die Gewinner willkommen, sie werden sogar umworben. 

Im Sommer 2018 hat nun auch die Republik Moldau ein solches „Citizenship by Investment“-Programm (MCBI) aufgelegt und die Bedingungen der Mitbewerber um die Gunst der Vermögenden noch unterboten. Mit 100.000 Euro Einzahlung in einen staatlichen Fonds ist man dabei, eine vierköpfige Familie muss 145.000 Euro aufbringen. Dazu kommen noch ein paar Gebühren für die Überprüfung (due diligence) und Bearbeitung, und wenn da alles klappt, ist man alsbald „drin“. 

Die Republik Moldau ist zwar noch nicht Mitglied der EU, aber assoziiert, und das ist mit Reiseerleichterungen verbunden. Der Pass des Landes nimmt wohl deshalb im globalen „Power“-Ranking Platz 42 ein. Insgesamt sind mit so einem Pass 121 Länder ohne Visum zu bereisen; darunter werden paradoxerweise auch Südafrikas Nachbarländer Namibia und Simbabwe und genannt.  

Die Rangliste (Global Passport Power Rank) ist ein Symptom dafür, dass sich in der Bewertung von und im Handel mit Pässen mittlerweile ein Geschäftsfeld etabliert hat. Stolzer Marktführer ist Henley & Partners, die auch die öffentliche Ausschreibung für das moldauische Programm gewonnen haben und nun der Redaktion von „Home Front“, der Immobilienbeilage des „Business Day“, Fotos und, sagen wir, Textbausteine zugeliefert haben. 

Was Südafrikaner in dem Artikel über das osteuropäische Land lesen, mag ihnen gefallen: Sicher sei es dort, Moldau habe eine alte Weinbautradition und nehme in der Rangliste des schnellen Internetzugangs Platz 3 in der Welt ein (da verblasst dann Deutschland, das ansonsten  nach Singapur in der Passrangliste auf Platz 2 steht). Weniger einladend ist, dass die „Expat“-Gemeinde in Moldau klein ist (Botschaftsangehörige, Geschäftsleute und NGO-Angestellte) und das Gesundheitswesen in Europas ärmstem Land so schlecht ist, dass südafrikanischen Migranten geraten wird, auf eine gute Versicherung zu achten, damit man sich zur Behandlung in andere europäische Länder begeben kann. Damit endet der werbende Artikel. 

Was er nicht verrät, ist, dass viele Moldauer das Land verlassen. Dazu stehen sie vor der rumänischen Botschaft Schlange, um einen Pass des Landes zu bekommen, der es ihnen erlaubt, in der EU zu arbeiten. Rumänien ist da sehr großzügig - es reicht, rumänische Vorfahren zu haben, um die Staatsbürgerschaft des Nachbarlandes zu bekommen. „Nach offiziellen rumänischen Quellen besitzen bereits 300.000 Moldauer die rumänische Staatbürgerschaft. Doppelt so viele haben offizielle Anträge gestellt oder versuchen es auf dem Schwarzmarkt. Für rund 2000 Euro soll ein rumänischer Pass in der moldauischen Hauptstadt Chisinau zu haben sein. Im rumänischen Bukarest lassen sich Beamte rund 1500 Euro für eine „schnellere Passbearbeitung“ zahlen.“ (Deutschlandfunk, 2014)

Wenn es um Arbeit geht, zieht es die Moldauer nach Westen. Jeder vierte Erwerbstätige soll dort arbeiten. Politisch ist das Land wie viele ehemalige Sowjetrepubliken gespalten zwischen Orientierung hin zur EU und Anlehnung an Russland. Deshalb war auch das „Golden Visa“-Programm im Land umstritten. Die proeuropäischen Kräfte befürchteten, dass russische Oligarchen dann in ihrem Land Geld waschen könnten.

Südafrikaner, die nicht nur einen sicheren Pass haben wollen, sondern gar erwägen, in dieses arme Land, in die immer noch gleich ins Auge springende postkommunistische Tristesse zu ziehen, müssen also über die Zukunft ihres eigenen Landes schon ziemlich verzweifelt sein. 

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