Zum Wochenende erscheinen viele Zeitungen in Südafrika mit
Immobilien-Beilagen. Darin sind fast immer auch großformatige Anzeigen, die für
Investitionen in europäischen Ländern werben. Es geht dabei nicht um Rendite,
sondern um Aufenthaltsrecht oder sogar einen Pass. Einen Pass, der Zugang zum
Schengen-Gebiet verschafft. Besonders Zypern und Malta werben so für sich, aber
auch andere Länder haben Programme für „golden Visas“ aufgelegt.
Viel Gold muss man dabei gar nicht auf die Waage legen - es
reicht, ein Haus zu kaufen oder in einen Fonds der Regierung einzuzahlen. Dann
kann man im gewählten Land wohnen (muss es aber meist nicht), dann kann man in
einigen die Staatsbürgerschaft bekommen und einen Pass beantragen. Während die
Verlierer der Globalisierung von Europa immer abweisender behandelt werden,
sind die Gewinner willkommen, sie werden sogar umworben.
Im Sommer 2018 hat nun auch die Republik Moldau ein solches
„Citizenship by Investment“-Programm (MCBI) aufgelegt und die Bedingungen der
Mitbewerber um die Gunst der Vermögenden noch unterboten. Mit 100.000 Euro
Einzahlung in einen staatlichen Fonds ist man dabei, eine vierköpfige Familie muss
145.000 Euro aufbringen. Dazu kommen noch ein paar Gebühren für die Überprüfung
(due diligence) und Bearbeitung, und wenn da alles klappt, ist man alsbald „drin“.
Die Republik Moldau ist zwar noch nicht Mitglied der EU,
aber assoziiert, und das ist mit Reiseerleichterungen verbunden. Der Pass des
Landes nimmt wohl deshalb im globalen „Power“-Ranking Platz 42 ein. Insgesamt
sind mit so einem Pass 121 Länder ohne Visum zu bereisen; darunter werden
paradoxerweise auch Südafrikas Nachbarländer Namibia und Simbabwe und
genannt.
Die Rangliste (Global Passport Power Rank) ist ein Symptom
dafür, dass sich in der Bewertung von und im Handel mit Pässen mittlerweile ein
Geschäftsfeld etabliert hat. Stolzer Marktführer ist Henley & Partners, die
auch die öffentliche Ausschreibung für das moldauische Programm gewonnen haben und
nun der Redaktion von „Home Front“, der Immobilienbeilage des „Business Day“,
Fotos und, sagen wir, Textbausteine zugeliefert haben.
Was Südafrikaner in dem Artikel über das osteuropäische Land
lesen, mag ihnen gefallen: Sicher sei es dort, Moldau habe eine alte
Weinbautradition und nehme in der Rangliste des schnellen Internetzugangs Platz
3 in der Welt ein (da verblasst dann Deutschland, das ansonsten nach Singapur in der Passrangliste auf Platz 2 steht). Weniger einladend ist, dass die
„Expat“-Gemeinde in Moldau klein ist (Botschaftsangehörige, Geschäftsleute und
NGO-Angestellte) und das Gesundheitswesen in Europas ärmstem Land so
schlecht ist, dass südafrikanischen Migranten geraten wird, auf eine gute
Versicherung zu achten, damit man sich zur Behandlung in andere europäische
Länder begeben kann. Damit endet der werbende Artikel.
Was er nicht verrät, ist, dass viele Moldauer das Land
verlassen. Dazu stehen sie vor der rumänischen Botschaft Schlange, um einen
Pass des Landes zu bekommen, der es ihnen erlaubt, in der EU zu arbeiten. Rumänien
ist da sehr großzügig - es reicht, rumänische Vorfahren zu haben, um die Staatsbürgerschaft
des Nachbarlandes zu bekommen. „Nach offiziellen rumänischen Quellen besitzen
bereits 300.000 Moldauer die rumänische Staatbürgerschaft. Doppelt so viele
haben offizielle Anträge gestellt oder versuchen es auf dem Schwarzmarkt. Für
rund 2000 Euro soll ein rumänischer Pass in der moldauischen Hauptstadt
Chisinau zu haben sein. Im rumänischen Bukarest lassen sich Beamte rund 1500
Euro für eine „schnellere Passbearbeitung“ zahlen.“ (Deutschlandfunk, 2014)
Wenn es um Arbeit geht, zieht es die Moldauer nach Westen. Jeder
vierte Erwerbstätige soll dort arbeiten. Politisch ist das Land wie viele
ehemalige Sowjetrepubliken gespalten zwischen Orientierung hin zur EU und
Anlehnung an Russland. Deshalb war auch das „Golden Visa“-Programm im Land
umstritten. Die proeuropäischen Kräfte befürchteten, dass russische Oligarchen
dann in ihrem Land Geld waschen könnten.
Südafrikaner, die nicht nur einen sicheren Pass haben
wollen, sondern gar erwägen, in dieses arme Land, in die immer noch gleich ins
Auge springende postkommunistische Tristesse zu ziehen, müssen also über die Zukunft ihres eigenen Landes schon ziemlich verzweifelt sein.
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