Lüderitz soll nach den Diamantenfunden (1908) die reichste Stadt Afrikas gewesen sein. Alte Gebäude, nach den Plänen deutscher Architekten gebaut, erinnern noch daran, viele haben aber ihren alten Glanz verloren, sind gar in deplorablem Zustand. In der Hauptstraße, nach Bismarck benannt, findet man Apotheken, Post und Banken, man kann Besorgungen machen. Geschäfte mit einladenden Schaufenstern sucht man vergebens.
Zum Schlendern ist die Bismarckstraße auch deshalb nicht geeignet, weil in kurzen Abständen schwere Schüttgutlaster in Richtung Hafen unterwegs sind. Als einer der Laster sich gezwungen sieht, vor einem Zebrastreifen zu bremsen, bricht der hintere Container ein und blockiert die Reifen. „Der Aufleger war unsachgemäß geschweißt, und das hat nicht gehalten“, erklärt ein Lüderitzer, der den Unfall mit der Handy-Kamera dokumentiert. Aus dem Hafen wird ein Kran mit riesigen Greifern geholt, der Mühe hat, den Anhänger – Maximalgewicht 57.000 Kilogramm - vom Vorderteil zu trennen. Aber bald ist der havarierte Laster geteilt, die getrennten Hälften ein paar Ecken weiter abgestellt.
„Die Laster fahren hier Tag und Nacht, 7/24“, sagt der Mann, der sich als Aktivist bezeichnet. Sie haben alle die gleiche Fracht: Mangan aus Südafrika. Im Hafen liegt die „Ultra Vision“, die unter panamaischer (Billig-)Flagge fährt und Tag und Nacht beladen wird. vesselfinder.com verrät, dass die „Ultra Vision“ von den Arabischen Emiraten kommt. Gefragt ist das südafrikanische Mangan in aller Welt, vor allem aber in China, das in Namibias Bergbau ohnehin eine große Rolle spielt.Die Lüderitzer erbost, dass ihre Stadt praktisch nichts von diesem Export hat, denn es wurden nur wenige Arbeitsplätze im Hafen geschaffen. Die Fahrer machen schnurstracks kehrt, tanken nicht, kehren nicht ein. Bei Ausschreibungen seien örtliche Bewerber nicht berücksichtigt worden, heißt es, trotz anderslautender Versprechen. Und ob unter diesen Umständen demnächst wieder mehr Touristen kommen oder Kreuzfahrtschiffe anlegen, erscheint fraglich. Neben der Fischereiwirtschaft ist das Reisegeschäft die wirtschaftliche Basis der Stadt.
Die Geschäfte der Exporteure laufen offenbar prächtig: Schon auf der Fahrt von Südafrika nach Keetmanshoop fallen die vielen Schüttgutlaster auf. Die Ausfuhr über Lüderitz ist leichter zu organisieren als über die südafrikanischen Häfen. Als dieses Geschäft vor einigen Jahren geplant wurde, wurde von einer Bewerberfirma ein Umweltgutachten präsentiert, für das auch viele Lüderitzer befragt wurden. Fast alle waren skeptisch bis ablehnend: Manganstaub ist giftig, der Tourismus könnte leiden, die schweren Lkw belasteten die Straße, und Versprechungen, die Eisenbahnverbindung nach Lüderitz wieder auf- und auszubauen, blieben vage. Die namibische Regierung aber zeigte sich von diesen Warnungen und Meinungen unbeeindruckt; seit einiger Zeit rollen die Lkw, manchmal im Minuten-Takt. „Wir haben nur erreicht, dass die Ladung mit Planen abgedeckt wird“, sagt der Unfall-Beobachter, „mehr nicht.“
Dass der Strand deutliche schwarze Spuren aufweist, kann man im Hafen von Lüderitz sehen; „wir müssen das Boot vor jeder Ausfahrt putzen“, meint der Skipper, der mit seinem Katamaran Touren zu den Seehund-Kolonien vor Lüderitz anbietet. „Die Regierung schert sich nicht um uns“, meint er, „für sie sind die Menschen im Norden wichtiger“.
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