Sonntag, 7. Oktober 2012

Cyril Ramaphosa: Einst Gewerkschaftsboss, jetzt Teilhaber


David von Wyk, der für die Bench Marks Foundation einen Bericht über die Arbeits- und Lebensbedingungen in den Minen um Rustenburg erarbeitet hat, ist nah dran an den Leuten und nimmt für sie Partei; sich selbst nennt er einen alten Kommunisten. Was er um die Geschehnisse in und um die Minen berichtet, bereitet ihm besonders dann Verdruss, wenn das neue Südafrika nicht besser oder gar schlechter ist als der alte Apartheidstaat. Zeitarbeitsfirmen etwa seien unter der Apartheid verboten gewesen, jetzt aber erlaubt – sie hält van Wyk für eines der Erzübel im Geschäft mit den Rohstoffen Südafrikas.
Besonders übel sei in dieser Hinsicht Aquarius Platinum Limited, ein Minen-unternehmen, das überwiegend von Zeitarbeitsfirmen vermittelte Arbeiter einsetzt. Auch dieser Bergbaukonzern hat verschiedene Black Empowerment (BEE)-Partner. Die drei wichtigsten heißen Savannah, Chuma und Malibongwe. In allen drei Beteiligungsgesellschaften spielen prominente ANC-Mitglieder wichtige Rollen. Bei Savannah war das Zwelakhe Sisulu, ein Sohn von Walter Sisulu, Nelson Mandelas altem Kampfgefährten. (zwelakhe Sisulu ist Anfang Oktober 2012 verstorben.) Mandelas Tochter, Prinzessin Zenani Mandela-Dlamini, ist einer der beiden Direktorinnen von Chuma, und die Malibongwe-Agentur ist ein Projekt der Frauenliga des ANC.
An Anglo-Platinum ist Valli Moosa beteiligt, früherer Freiheitskämpfer und Minister unter Mandela und Mbeki. Bei Lonmin heisst der BEE-Partner Cyril Ramaphosa (AP-Foto oben). Seine Investment-Firma Shanduka hält neun Prozent der Anteile an Lonmin, seit 2010 ist er auch einer der Direktoren.
Besonders pikant: Der Jurist Ramaphosa hat einst die National Union of Mineworkers (NUM) aufgebaut, die größte und mächtigste Gewerkschaft des Landes. Später war er einer der Verhandlungsführer des ANC bei den CODESA-Gesprächen über die Zukunft Südafrikas als Demokratie, dann Vorsitzender der Verfassungskommission. Als klar war, dass Thabo Mbeki und nicht er Nachfolger von Nelson Mandela werden würde, hat sich Ramaphosa aus der Politik zurückgezogen. Heute ist er einer der reichsten Männer Südafrikas.
Immer wieder wurde aber sein Name genannt, wenn es darum ging, eine respektable Person zu finden, die den ANC aus der Misere führen und das Land regieren könnte. Im April 2012 diskutierte die Wochenzeitung „City Press“ kontrovers darüber, ob ein so reicher Mann Präsident des Landes sein könne. Ferial Haffajee, die Chefredakteurin, meinte dabei, dass jemand, der sein eigenes Geld habe, sich auf das Regieren konzentrieren könne und nicht damit beschäftigt sei, wie er nach Ende der Amtszeit weiter so komfortabel leben könne.
Shanduka, Ramaphosas Firma, stellte für die Beerdigung der 34 von der Polizei erschossenen Arbeiter der Lonmin-Mine im August zwei Millionen Rand (200.000 Euro) zur Verfügung. Zum Lohnkonflikt selbst aber hat der BEE-Teilhaber lange geschwiegen. Ferial Haffajee fragte schließlich am 27. August in ihrer Zeitung, wofür der sogar als eine Art Messias für die Misere des Landes gehandelte Ramaphosa eigentlich stehe. Durch das Teleskop seines Engagements bei Lonmin betrachtet, müsse man feststellen, dass er es nicht zugunsten besserer Arbeitsbedingungen genutzt habe.
Am 20. September wurde Ramaphosa schließlich auf SAFm Live interviewt. Der einst so formidable Verhandlungsführer hinterließ dabei einen ziemlich kläglichen Eindruck. Sein Gespür für die Nöte der Menschen und die Stimmung im Land scheint ihn verlassen zu haben.
Immerhin entschuldigte sich Ramaphosa für ein Verhalten, das ihm schon früher angekreidet worden war: „in einem Meer von Armut“ 19,5 Millionen Rand für eine Büffelkuh und ihr Kalb geboten zu haben. Da seine Hand überhaupt gehoben zu haben, sei ein Fehler gewesen, dafür sei er von guten comrades gescholten worden, jetzt müsse er mit dem Schaden leben.
Einige der Hörer der Sendung hielten Ramaphosa vor, er habe nicht erfüllt, was mit dem BEE-Engagement eigentlich bewirkt werden sollte: „Katalysator des Wandels“ zu sein. David van Wyk hat sich mit seinen Erfahrungen längst davon verabschiedet, dass die BEE-Investoren etwas bewirken wollten: Sie wollten nur besitzen.
Dass die neuen Mitbesitzer der Minen aus den politisch bedeutenden Familien des Landes kommen, hat für van Wyk besonders negative Konsequenzen. „Sie haben vom Staat Besitz ergriffen, von der Regierungspartei sowieso - und sie tun das auch bei den Minen.“ Für David Van Wyk ist das „politische Umweltverschmutzung“. Durch die prominenten Damen und Herren in ihren Aufsichtsräten als Aktionäre und als Partner bei BEE-Abschlüssen fühlten sich die Minen sicher, und beide, Regierung und Unternehmen, ünternähmen wenig oder nichts, um die vielen Probleme anzugehen.

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