Dienstag, 22. April 2014

Schul-Schlange

Mari Jankelowitz hat es in der vergangenen Woche bis auf die Titelseite der „Times“ geschafft. Mit Decke und Campingstuhl hatte sie tagelang draußen vor der Parkview Junior School in Johannesburg auf der Straße in einer Schlange gestanden, um ihrer Tochter Gia 2015 einen Platz in dieser Schule zu sichern: Für Kinder in Gias Altersgruppe gab es dort nur 54 freie Plätze, und Mari wollte unbedingt einen davon ergattern. „Da bleibt einem nichts anderes übrig, als in der Schlange zu stehen“, sagte sie der „Times“-Reporterin. Obwohl die Anmeldepapiere erst am Dienstag abgegeben werden konnten, hatte sie sich schon am Sonntag früh angestellt, aber immer noch waren 28 Leute vor ihr.
Die Parkview Junior School genießt als staatliche Schule einen ausgezeichneten Ruf und zählt in Johannesburg zu den ersten Adressen – engagierte Lehrer, kleine Klassen, eine intensive Kommunikation mit den Eltern. Das können nur wenige staatliche Schulen von sich behaupten. Südafrika steckt schon länger in einer tiefen Bildungskrise. Jetzt musste die Regierung zugeben, dass sie es in diesem Jahr wieder einmal nicht geschafft hatte, alle Schulen mit Schulbüchern zu versorgen; die Durchfallquoten bleiben erschreckend hoch, und die Universitäten klagen weiter über die fehlende Qualifikation ihrer Studenten.  
Gute Schulen können sich daher ihre Schüler aussuchen. Vor der Parkview Junior School standen in der vergangenen Woche viele Eltern schon mehrere Tage an - Ehepaare wechselten sich in der Schlange ab, andere schickten ihre Hausangestellte vor oder heuerten einen Obdachlosen für diesen Job an. Haseena Omar stand das dritte Jahr hier – auch wenn das Kind einmal angenommen worden ist, muss es im folgenden Jahr wieder neu angemeldet werden. „Ich sitze hier auf dem Pflaster für die Erziehung meines Kindes“, meinte eine Mutter zur „Times“. In der Provinz Gauteng ist Ende Mai Bewerbungsschluss – dann wissen sie und Mari, ob sie Glück gehabt haben und die Schule ihrer Wahl zugesagt hat.

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