Sie trafen sich wie Verschwörer spät am Abend. In einem
kleinen Dorf im Matatieleland, an der Grenze zwischen Ostkap und KwaZulu-Natal,
sollten die Behörden nichts von ihrem Treffen erfahren – sie wären sonst als „Unruhestifter“
abgestempelt, erzählen sie der Reporterin vom „Sunday Independent“. Dabei sind
sie alle hochrespektable Elternvertreter der Moshesh Senior Secondary School in
Queens Mary, die nur versuchen, ihren Kindern zu einem geregelten Unterricht zu
verhelfen.
„Schüler rufen nach mehr Mathe-Unterricht“ – eine andere Zeitungsschlagzeile
aus Südafrika, die ein bezeichnendes Schlaglicht auf die hiesige Bildungskrise
wirft. Seit mehr als zwei Monaten fällt in der Abiturklasse der Eden Park
Secondary School in Alberton der Mathe-Unterricht aus, weil der Lehrer krank
ist, und in wenigen Wochen sind Prüfungen. Fünf Schüler forderten jetzt die
Schulbehörde auf, für einen Lehrerersatz zu sorgen, nachdem ihr Schulleiter ein
Treffen mit ihnen verweigert hatte.
Eltern erzählen, der Schulleiter habe ihnen erklärt, die
Sache liege nicht in seiner Kontrolle. „Es geht um unsere Zukunft“, sagt ein
Schüler. Die Mathe-Note kann über den Zugang zur Universität entscheiden. Nach
Auskunft der Schulbehörde soll nach den Osterferien jetzt ein Ersatzlehrer
versuchen, den versäumten Stoff aufzuholen.
Auch in dem Matatieledorf geht es den Eltern um die Zukunft
ihrer Kinder. Lehrer der Moshesh Secondary School kamen betrunken zum
Unterricht, der Schulleiter war neun Monate abwesend, Schüler blieben so oft
sitzen, dass sie oft erst mit über 20 ihren Abschluss schafften, und Reporter
sahen Schweine, die sich mit Schulbüchern im Maul davon machten: Das Musterbeispiel
einer „dysfunktionalen“ Schule machte schon 2012 Schlagzeilen (das Foto oben zeigt ein aufgegebenes Klassenzimmer der Schule).
Zamuxolo Wesley Moutlaoli, einer der Schüler, hatte sich damals
bei der Erziehungsministerin beschweren wollen und im Internet nach ihrer
Telefonnummer gesucht. Statt an das Ministerium geriet er an die
Bürgerinitiative „Equal Education“, die den Fall publik machte. Die Behörde
reagierte allerdings erst, als sie vor Gericht verklagt wurde, und versprach,
sich um die Schulprobleme zu kümmern und neue Lehrer einzustellen, damit nicht
mehr so viel Unterricht ausfiele.
Moutlaoli bekam Ärger in der Schule und wurde vom
Schulleiter angefahren, „Equal Education“ wolle die Schule herunter machen. Als
die Organisation in diesem Frühjahr wieder auftauchte, war noch nicht allzu
viel geschehen: Um die Probleme anzugehen, meint die Schulbehörde, brauche sie
mehr Zeit und viel Geld.
Dabei kann sich der Bildungsetat Südafrikas im
internationalen Vergleich durchaus sehen lassen. Das Weltwirtschafts-Forum in
der Schweiz führt Südafrika bei der Bildung unter 148 Ländern trotzdem auf
Platz 146. Von zehn Schulanfängern erreichen nur vier das Abschlussexamen,
obwohl man das in manchen Fächern schon mit nur 30 % richtigen Antworten
bestehen kann – und nur 5 % der Schüler haben bei Mathe mehr als 50 % Treffer.
Viele Universitäten beklagen sich, dass junge Studenten kaum lesen und schreiben
können.
Mit einer Demonstration wollten Schüler und Eltern der
Behörde in Matatiele in dieser Woche etwas Beine machen – aber sie wurde nicht
genehmigt. „Vor der Wahl wollten sie so etwas wohl nicht“, vermutet ein Elternteil.
Die Elternvertreter trafen sich heimlich zu einer Verschwörersitzung und
beschlossen, trotzdem zu demonstrieren. Mit Plakaten („We want quality education“)
demonstrierten mehr als 90 Schüler am vergangenen Donnerstagmittag vor der
Schulbehörde. „Die Mitarbeiter verstehen uns nicht“, meinte einer der
Demonstranten. „Sie schicken ihre Kinder auf Privatschulen.“
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