Die kleine Post in der Mill Street im Kapstädter Gardens
aufzusuchen, macht Freude. Man muss – anders als zuhause in der Eppendorfer
Landstraße – nur meist nur wenige Minuten warten und wird freundlich bedient
statt unfreundlich abgefertigt. Als wir letztes Jahr ein Einschreiben für einen
Freund abholen wollten und alle dazu notwendigen Papiere vorlegten, bekamen wir
vom Angestellten ein dickes Lob („I love that“) - mit einem freundlichen
Lächeln händigte er uns den Brief aus.
Dieses Jahr hatte er wieder Dienst, druckste aber herum, als
wir drei Briefmarken erstehen wollte. Und wir erinnerten uns: In der Zeitung war
zu lesen, dass in Pretoria jemand drei Postämter aufgesucht und nirgendwo eine
Briefmarke für den Geburtstagsgruß bekommen konnte. Er habe wohl keine, fragten
wir deshalb freundlich. Die Erleichterung, dass wir die unbequeme Wahrheit
ausgesprochen hatten, war ihm anzusehen. Was wir nun machen sollten? Wir
könnten ja die Karten schreiben und dann noch mal wiederkommen, schlug er vor, immer
noch peinlich berührt. Dann könne er einen Aufkleber mit dem Porto ausdrucken.
Schon morgen werden wir ihn also
wiedersehen.
Es sind Mangelerscheinungen wie diese, die die Südafrikaner
ärgern und an Staatsbetrieben (SOEs) und parastaatlichen Unternehmen verzweifeln
lassen. Am offensichtlichsten sind die massiven Probleme bei der Luftlinie
South African Airways (SAA), die heftige Verluste einfliegt und von einer mit
dem Präsidenten auf gutem Fuß stehenden Frau so schlecht gemanagt wird, dass die
eigenen Piloten dem Vorstand ihr Misstrauen ausgesprochen haben. Beim Stromversorger
ESKOM gibt es seit 2008 immer wieder Ausfälle; es gilt schon als Erfolg, dass
es seit 136 Tagen keine Stromabshaltung gegeben hat. Für die notorisch
kränkelnde Eisenbahn (PRASA) hat man in Spanien Diesellokomotiven bestellt, die
den hiesigen Richtlinien nicht entsprechen. Außerhalb der Metros mit ihrem
S-Bahn-Betrieb sieht man kaum Züge fahren.
Die Managementfehler der Bosse frustrieren natürlich auch
die motivierten Mitarbeiter, die beharrlich daran arbeiten, Standards und den Betrieb
aufrechtzuerhalten. Im vergangenen Jahr hat uns Pierre Cronje durch den
Kapstädter Bahnhof geführt, der von einem abschreckenden, dunklen Ort so
umgebaut wurde, dass man nun in einer hellen Eingangshalle steht, wo man sich
informieren kann, Fahrkarten zu haben sind und Geschäfte und Restaurants (die
üblichen Ketten) um Kunden werben.
Dass nun mancherorts keine Briefmarken zu haben sind, hat
noch keine fetten Schlagzeilen gemacht – der Schlüssel zur Kommunikation heißt in
Südafrika schon längst „air time“. Die bekommt man an jeder Ecke, das Handy ist
damit blitzschnell aufgeladen, die einschlägigen Firmen (z.B. Vodacom und
Cell-C) machen gute Gewinne. Die Post (SAPO) aber schreibt schon seit Jahren
Verluste. Weil sie ihre Rechnungen nicht bezahlt hat, hatte die ebenfalls
klamme SAA den Transport der Post ins Ausland sogar vorübergehend eingestellt.
Und die Postbediensteten haben so lange und so viel gestreikt, dass im
Herbst/Winter 2014 viele Wochen kaum Post sortiert und zugestellt wurde.
Nachdem SAPO im vorletzten Finanzjahr 406,6 Millionen Rand Verlust eingefahren
hat, wurde sie, wie andere Unternehmen auch, in die Obhut des Vizepräsidenten
gegeben, der den „turnaround“ überwachen soll. Doch nun soll der Verlust sogar
1,4 Milliarden Rand betragen. Eine Sorge mehr für den geplagten Finanzminister
Pravin Gordhan, der für die nächste Budgetrede im Februar schon mal „harte
Entscheidungen“ angekündigt hat.
Fährt man über Land, sieht man selbst in sehr kleinen Orten
die rotblauen Gestelle mit Postfächern – ein Symbol für die Präsenz des
Staates, den Anschluss an den Rest der Welt. Und selbst in kleinen Städten gibt
es eine Poststelle. In McGregor z.B. ist das ein Schalter in einem Laden. Bei
der Frage nach Briefmarken für Karten nach Europa muss die Frau hinter dem
Tresen erst einmal überlegen; dafür hat sie auch selbstgemachtes Chutney im
Angebot, das schon allein den Weg lohnt. Und in Kapstadt ist man gut beraten,
seine Briefmarken in der Mill Street zu kaufen, anderswo könnten sie teurer
sein. Denn es gibt Wertzeichen, auf
denen nur airmail postcard steht,
aber kein Preis. Und die werden in den Touristenläden auch schon mal zu höheren
Preisen abgegeben. Für die Post lohnt sich diese clevere Erfindung auch, denn
bei den regelmäßig erfolgenden Preiserhöhungen kann sie die alten Bestände noch
verkaufen. Aber auch die sind im Moment offenbar ausgegangen.