Samstag, 30. Januar 2016

Post: Guter Service, aber keine Briefmarken



Die kleine Post in der Mill Street im Kapstädter Gardens aufzusuchen, macht Freude. Man muss – anders als zuhause in der Eppendorfer Landstraße – nur meist nur wenige Minuten warten und wird freundlich bedient statt unfreundlich abgefertigt. Als wir letztes Jahr ein Einschreiben für einen Freund abholen wollten und alle dazu notwendigen Papiere vorlegten, bekamen wir vom Angestellten ein dickes Lob („I love that“) - mit einem freundlichen Lächeln händigte er uns den Brief aus.
Dieses Jahr hatte er wieder Dienst, druckste aber herum, als wir drei Briefmarken erstehen wollte. Und wir erinnerten uns: In der Zeitung war zu lesen, dass in Pretoria jemand drei Postämter aufgesucht und nirgendwo eine Briefmarke für den Geburtstagsgruß bekommen konnte. Er habe wohl keine, fragten wir deshalb freundlich. Die Erleichterung, dass wir die unbequeme Wahrheit ausgesprochen hatten, war ihm anzusehen. Was wir nun machen sollten? Wir könnten ja die Karten schreiben und dann noch mal wiederkommen, schlug er vor, immer noch peinlich berührt. Dann könne er einen Aufkleber mit dem Porto ausdrucken.  Schon morgen werden wir ihn also wiedersehen.
Es sind Mangelerscheinungen wie diese, die die Südafrikaner ärgern und an Staatsbetrieben (SOEs) und parastaatlichen Unternehmen verzweifeln lassen. Am offensichtlichsten sind die massiven Probleme bei der Luftlinie South African Airways (SAA), die heftige Verluste einfliegt und von einer mit dem Präsidenten auf gutem Fuß stehenden Frau so schlecht gemanagt wird, dass die eigenen Piloten dem Vorstand ihr Misstrauen ausgesprochen haben. Beim Stromversorger ESKOM gibt es seit 2008 immer wieder Ausfälle; es gilt schon als Erfolg, dass es seit 136 Tagen keine Stromabshaltung gegeben hat. Für die notorisch kränkelnde Eisenbahn (PRASA) hat man in Spanien Diesellokomotiven bestellt, die den hiesigen Richtlinien nicht entsprechen. Außerhalb der Metros mit ihrem S-Bahn-Betrieb sieht man kaum Züge fahren.
Die Managementfehler der Bosse frustrieren natürlich auch die motivierten Mitarbeiter, die beharrlich daran arbeiten, Standards und den Betrieb aufrechtzuerhalten. Im vergangenen Jahr hat uns Pierre Cronje durch den Kapstädter Bahnhof geführt, der von einem abschreckenden, dunklen Ort so umgebaut wurde, dass man nun in einer hellen Eingangshalle steht, wo man sich informieren kann, Fahrkarten zu haben sind und Geschäfte und Restaurants (die üblichen Ketten) um Kunden werben.
Dass nun mancherorts keine Briefmarken zu haben sind, hat noch keine fetten Schlagzeilen gemacht – der Schlüssel zur Kommunikation heißt in Südafrika schon längst „air time“. Die bekommt man an jeder Ecke, das Handy ist damit blitzschnell aufgeladen, die einschlägigen Firmen (z.B. Vodacom und Cell-C) machen gute Gewinne. Die Post (SAPO) aber schreibt schon seit Jahren Verluste. Weil sie ihre Rechnungen nicht bezahlt hat, hatte die ebenfalls klamme SAA den Transport der Post ins Ausland sogar vorübergehend eingestellt. Und die Postbediensteten haben so lange und so viel gestreikt, dass im Herbst/Winter 2014 viele Wochen kaum Post sortiert und zugestellt wurde. Nachdem SAPO im vorletzten Finanzjahr 406,6 Millionen Rand Verlust eingefahren hat, wurde sie, wie andere Unternehmen auch, in die Obhut des Vizepräsidenten gegeben, der den „turnaround“ überwachen soll. Doch nun soll der Verlust sogar 1,4 Milliarden Rand betragen. Eine Sorge mehr für den geplagten Finanzminister Pravin Gordhan, der für die nächste Budgetrede im Februar schon mal „harte Entscheidungen“ angekündigt hat. 
Fährt man über Land, sieht man selbst in sehr kleinen Orten die rotblauen Gestelle mit Postfächern – ein Symbol für die Präsenz des Staates, den Anschluss an den Rest der Welt. Und selbst in kleinen Städten gibt es eine Poststelle. In McGregor z.B. ist das ein Schalter in einem Laden. Bei der Frage nach Briefmarken für Karten nach Europa muss die Frau hinter dem Tresen erst einmal überlegen; dafür hat sie auch selbstgemachtes Chutney im Angebot, das schon allein den Weg lohnt. Und in Kapstadt ist man gut beraten, seine Briefmarken in der Mill Street zu kaufen, anderswo könnten sie teurer sein.  Denn es gibt Wertzeichen, auf denen nur airmail postcard steht, aber kein Preis. Und die werden in den Touristenläden auch schon mal zu höheren Preisen abgegeben. Für die Post lohnt sich diese clevere Erfindung auch, denn bei den regelmäßig erfolgenden Preiserhöhungen kann sie die alten Bestände noch verkaufen. Aber auch die sind im Moment offenbar ausgegangen.

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