Samstag, 6. Februar 2016

"Einmal volltanken, bitte"


Ohne Jobs wie diesen wäre die Arbeitslosigkeit noch viel höher
Die südafrikanische Gesellschaft lebt in vielen Bereichen immer noch „apart“, getrennt, und viele wissen über die anderen Welten herzlich wenig. Auch in den Medien finden sich kaum Reportagen, die das ändern könnten. Der „Mail & Guardian“ (MG) macht jetzt unter dem Stichwort „#sliceoflive“ einen kleinen Versuch, die verschiedenen Alltage näher zu beleuchten. Zum Beispiel den von Tankwarten.
Bei uns sind sie längst wegrationalisiert, in Südafrika verdienen schätzungsweise so noch 70.000 Menschen ihren Lebensunterhalt. Der MG-Reporter hat sich mit einem von ihnen in Kapstadt unterhalten.
Auf dieser Tankstelle in der Innenstadt arbeiten sie in bis zu 15 Stunden langen Schichten; die Tagschicht beginnt um 6 Uhr früh und endet um 19 Uhr. Der Stundenlohn: 21 Rand (1,50 €). Mit einem dreiwöchigen Streik hatten sich die Tankwarte 2013 eine Lohnerhöhung um zwei Rand erkämpft. Genaue Lohnstatistiken gibt es nicht; viele Tankwarte dürften zwischen 2- und 5-tausend Rand im Monat verdienen. Das ist nicht viel, erst recht nicht, wenn man bedenkt, dass durchschnittlich sechs Personen davon leben müssen. Weil das Trinkgeld wichtig ist, bemühen sie sich sehr um Kunden. Wer an einer Tankstelle vorfährt, wird schnell freundlich begrüßt, manchmal mit einem Tänzchen gar angelockt. Oft wird angeboten, Wasser und Öl zu überprüfen, und selbstverständlich werden noch die Scheiben geputzt. Das ist vor allem nach einer Fahrt über Staubstraßen sehr willkommen.    
Der MG-Tankwart ist in den 70er Jahren aus dem Eastern Cape nach Kapstadt gekommen, weil hier die Aussicht auf Arbeit besser war. Heute lebt er in Nyanga East, einem Township gut 20 Kilometer von der Kapstädter Innenstadt entfernt. Für die Fahrt mit dem Bustaxi zur Arbeit muss er jeden Tag 30 Rand bezahlen.
Trotz des kargen Einkommens ist er froh, diese Arbeit zu haben. Die Trinkgelder seiner Kunden bessern seinen Verdienst etwas auf. „Manche geben 20 Cent, andere bis zu fünf Rand“, erzählt er. „Ich arbeite für meine Kinder“, sagt er – ihnen soll es einmal bessergehen. „Und dann können sie mir vielleicht ein Auto kaufen“, sagt er und lacht.

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