Montag, 15. Februar 2016

Die Stadt und der Müll



Die „Cape Times“ hat man schnell ausgelesen. Seit das ehrwürdige Blatt (gegründet 1876) Mitte 2013 von Sekunjalo Holdings, einer Firma, der man gute Beziehungen zum regierenden ANC nachsagt, übernommen wurde, hat es noch einmal deutlich an Substanz und Ansehen verloren. „Kapstadt hat keine Morgenzeitung mehr“, hatte der streitbare Jurist Judge Dennis Davies schon letztes Jahr auf dem Literaturfestival in Franschhoek geätzt.
Wohin dann aber mit dem Altpapier? Sammelcontainer gibt es in Kapstadt kaum. Also erst einmal ins Auto – in der Hoffnung, dann irgendwo ein Depot zu finden. Einige Jahre nahmen zwei Schulen in Tamboerskloof Papier entgegen, aber das ist nun auch schon länger her. So haben die Zeitungen lange Reisen mit uns gemacht - mal bis zum Küstenort Kalk Bay, wo es viele Jahre eine Sammelstelle hinter dem ehemaligen Klohäuschen gab (das inzwischen zum Restaurant umgebaut wurde). Auch weg. Ganz selten gibt es noch einen der runden Container, z.B. an der Abzweigung nach Paradyskloof in Stellenbosch, vor dem Altersheim in der Alma Road in Rondebosch und vor einer kleinen Shopping Mall in Westlake. Und dann sind da noch die verschiedenfarbigen Müllsammler für Papier, Glas und Plastik im feinen und gepflegten Greenpoint Park. 
Ganz selten findet man auch in einem Apartmentkomplex Tonnen für Mülltrennung – wenn die Hausverwaltung (Body Corporate) umsichtig und umweltbewusst genug ist. Und schließlich kann man auch noch einige der wenigen Werkhöfe in der Stadt ansteuern, die auch sonst wiederverwertbaren oder gefährlichen Müll entgegennehmen. Auf jeden Fall dauert die vorletzte Reise von Papier, Glas und Plastik meist lange.
Nur 3,3 Prozent aller Stadtbewohner Südafrikas trennen ihren Müll gewohnheitsmäßig, sagt die Statistik, alle anderen werfen einfach alles in die schwarze Tonne. Davon gibt es nur ein großes Standardmodell, das dafür genügend Platz bietet. Wer um die Hygiene besorgt ist, lässt die Tonnen nach der Leerung sogar auswaschen, sei es als mitgebuchten Service oder vom eigenen Personal. Dann stehen die Tonnen ein paar Stunden umgedreht vor dem Haus. Der Inhalt ist dann schon auf dem Weg zur Deponie, wo fast aller eingesammelte Müll landet.    
Neben den professionellen Recycling-Initiativen wie „The Glass Recycling Company“ und Firmen wie Petco, die sich auf die Wiederverwertung von PET-Flaschen spezialisiert hat, leben jede Menge Kleinunternehmer in Südafrika vom Müll. Die „Waste Pickers Association“ schätzt, dass es 60.000 Menschen gibt, die als informelle Recycler ein wenn auch bescheidenes Einkommen erwirtschaften. Was man mit Kreativität und Geschick aus Müll alles machen kann, lässt sich in manchen Läden und am Straßenrand besichtigen und erwerben.
Langsam bewegt sich aber auch im Müllmanagement der Städte etwas: In Somerset West und Stellenbosch werden bereits Säcke abgeholt, in denen Plastik, Papier und Metall versammelt sind. Diese einfache Unterscheidung zwischen (trockenem) Abfall und (nassem) Restmüll scheint eine für Südafrika praktikable Lösung zu sein.
Und dann, am letzten Tag unserer Reise, die Überraschung: Wir sind gerade dabei, in Vredehoek Papier und Flaschen im Kofferraum zu verstauen, als gegenüber ein kleiner, offener Lastwagen hält, der die Papier/Plastik/Metall-Säcke abholt. „Recycle 1st“ heisst das neue Unternehmen, das nun zweimal im Monat in den nördlichen Stadtteilen Kapstadts auf Müllsuche geht. Für die Übergabe unseres kleinen Häufchens wird uns zum Abschied noch einmal freundlich zugewinkt.

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