Am 27. Juni 1985, ziemlich genau vor 31 Jahren, ist Lukhanyo
Calatas Vater von der Apartheid-Polizei ermordet worden. Fort Calata war einer
der „Cradock 4“ – vier junge Anti-Apartheid-Aktivisten aus dem kleinen Ort
Cradock, die auf dem Weg zu einer UDF-Veranstaltung festgenommen, gefoltert und
ermordet wurden. 80.000 Menschen kamen damals zu ihrer Beerdigung – die
früheste Erinnerung, die Lukhanyo an seinen Vater hat. „Ich war damals
dreieinhalb Jahre alt“, erzählte er der Zeitung „Cape Argus“, „und ich bin
Journalist geworden, weil die vielen Journalisten, die uns in den Jahren danach
interviewten, um die Wahrheit über die Ermordung meines Vaters
herauszubekommen, mich beeindruckt haben.“
Lukhanyo Calata ist heute Parlamentsreporter für den
südafrikanischen Sender SABC. Die Informationspolitik des Senders ist heftig umstritten,
Mitarbeiter werfen der Führung Zensur vor, einer der Nachrichtenchefs ist aus
Protest zurückgetreten, Journalisten haben vor dem SABC-Gebäude in Johannesburg
für Meinungsfreiheit demonstriert.
Im Zentrum der Kritik steht Sender-Chef Hlaudi Motsoeneng –
ein Mann, der sich bester Verbindungen zu Präsident Zuma rühmt, „der Sender bin
ich“ und „ich bin alpha und omega“ sagt und jedem Kritiker mit Entlassung
droht. Dabei ist Motsoenengs Bestallung als SABC-Chef von einem Gericht als unrechtmäßig
eingestuft worden, da er über seinen Hochschulabschluss falsche Angaben gemacht
hatte – ein Urteil, das folgenlos blieb.
Für die meisten Südafrikaner ist der SABC immer noch die
wichtigste, für manche die einzig verfügbare Informationsquelle. Mehr als die
Hälfte der 13,4 Millionen Fernseh-Haushalte Südafrikas müssen sich auf die
SABC-Informationen verlassen. Eine von Motsoenengs Anweisungen: Gewalttätige
Proteste gegen die ANC-Regierung nicht zu zeigen. Vor einem Monat stand die
Region um die Hauptstadt in Flammen - überall sonst waren die Bilder von
niedergebrannten Schulen, blockierten Straßen und aufgebrachten Demonstranten
zu sehen, nur bei der SABC nicht. Auch die Proteste vor dem SABC-Gebäude gegen
diese Zensur strich Motsoeneng aus den Nachrichtensendungen.
„Zensur“, sagt Hlaudi Motsoeneng, „das ist ein englisches
Wort. In afrikanischen Sprachen gibt es das nicht. Ich kenne das Konzept gar
nicht.“ Und er fügt hinzu: „Beim SABC sind alle glücklich.“
Nicht alle. Jimi Matthews, Journalist und lange rechte Hand
von Motsoeneng, trat aus Protest gegen das „Terror-Regime“ seines Chefs zurück
und veröffentlichte seinen Rücktrittsbrief auf Twitter. Andere
SABC-Journalisten schlossen sich mit zugeklebtem Mund den Demonstranten vor dem
Sender an. „Wir haben lange geschwiegen, aber jetzt sind sie zu weit gegangen“,
sagt eine von ihnen. „Ich muss morgens noch in den Spiegel schauen können.“
Mindestens sieben SABC-Mitarbeiter sind mittlerweile
suspendiert; auch Lukhanyo Calata ist unter ihnen. Ihm droht die Entlassung.
„Tausende sind im Kampf für Demokratie, für Meinungsfreiheit gestorben“, sagt
er, „wie können wir uns da zurücklehnen und jemandem erlauben, Diktator zu
sein? In einer Demokratie geht so etwas nicht.“
Lukhanyo wird jetzt seinem dreijährigen Sohn Kwezi zu
erklären versuchen, was Meinungsfreiheit bedeutet. „Ich weiß nicht, was auf
mich zukommt, wenn ich das jetzt so sage. Aber mein Vater und Tausende andere
haben ihr Leben für das gegeben, woran sie geglaubt haben. Ich kann nur mein
sicheres Auskommen verlieren.“
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