Dienstag, 10. Mai 2016

Noch mal gutgegangen...



Das werde die ohnehin kranke Post endgültig niederstrecken, hieß es am 3. Mai im Business Report: „Wir streiken“, hatte Clyde Mervin, der Vorsitzende der Communication Workers Union (CWU), zuvor vollmundig angekündigt, „90 % machen mit“.
Doch die Beschäftigten der Post hatten offenbar ein Gespür dafür, dass diese Aktion zur Unzeit kam. Denn ihr Chef, Mark Barnes, war gerade dabei, mit der Regierung und den Banken darüber zu verhandeln, wie die Post gesunden kann, und hatte dabei schon Erfolge erzielt. So waren nur wenige Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter beim Protestmarsch dabei, die meisten waren morgens zum Dienst erschienen. Nur ein Prozent der Angestellten hat gestreikt, stellte die Post befriedigt fest, Mark Barnes sprach von „business as usual“. In Kapstadt marschierten gerade mal 200 Unzufriedene zur Grande Parade, dem Platz vor dem Rathaus.
Was die Gewerkschafter zu sagen hatten, wirft allerdings ein unschönes Licht auf den Zustand mancher Filialen: Ihr Toilettenpapier müssten sie selbst mitbringen, es sei schmutzig, es gebe keine Sicherheitsarrangements. Postboten, sofern sie überhaupt Fahrräder hätten, müssten diese auf eigene Kosten reparieren lassen.  
Die CWU verlangt, dass die Regierung die Post subventionieren müsse; deshalb marschierten etwa 100 Postler zum Luthuli House, der Parteizentrale des ANC in Johannesburg. Eine „rolling mass action“, wie zuvor angekündigt, war das nicht gerade. Aubrey Tshabalala, der Gewerkschaftssekretär, unterstellt, dass der Finanzminister die Interessen der Privatwirtschaft vertrete: „Wir haben keinen Zweifel, dass die Hyänen nur darauf warten, dass die Post kollabiert und sie sich an der Leiche vollfressen können, wenn dieses staatseigene Unternehmen privatisiert wird.“ Menschen zu finden, die derartigen Unsinn vertreten und Verschwörungstheorien anhängen, ist in Südafrika nicht schwer; es gibt es mehr als genug – in den Gewerkschaften und in der Regierung.
Vergangenen Freitag wurde der Streik abgesagt. Beim Gang zum Postamt Vlaeberg in Kapstadt am Samstagmorgen ist im Stadtzentrum kaum jemand zu sehen: Nur das Wachpersonal ist auf seinem Posten, und Straßenfeger kehren den Rinnstein. In der Postfiliale sind zwei Angestellte, die freundlich bemüht sind, den Anliegen der beiden Kundinnen gerecht zu werden. Der postlagernde Großbrief aus Hamburg ist schnell gefunden, und auch für das DHL-Päckchen an den uns unbekannten Vormieter finden wir gemeinsam eine unbürokratische Lösung. Für das Totenglöckchen ist es ganz eindeutig noch zu früh.

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