Ende Januar 2016 ist den drei noch lebenden Angeklagten des Rivonia-Prozesses von 1963/64 in London der „Freedom of the City“-Status verliehen worden, die höchste Auszeichnung, die die britische Hauptstadt zu vergeben hat. Die drei wurden zusammen mit zweien ihrer Anwälte gewürdigt, George Bizos und Lord Joel Joffe. Große Ehre und großer Bahnhof.
Südafrika, das ja in manchem auch sehr britisch geprägt ist,
legte nach: Am 20. April wurde Bizos und Mlangeni in Soweto die „Freedom of the
City“- Auszeichnung verliehen; Ahmed Kathrada hatte sie schon 2012 bekommen. Andrew
Mlangeni wurde von seinem Sohn vertreten, George Bizos braucht einen Stock als
Gehilfe, ist aber sonst quicklebendig und auch weiter als Anwalt tätig und als
Redner unterwegs.
Bizos, 1928 in Griechenland geboren und 1941 als Flüchtling
nach Südafrika gekommen, ließ die Festversammlung an einigen seiner
Erinnerungen teilhaben. „Ein Anwalt kann nur gut sein, wenn er gute Klienten
hat“. Sein prominentester Klient war Nelson Mandela. Die beiden hatten sich
1948 im Studium an der Rechtsfakultät der Witwatersrand-Universität
kennengelernt und waren Freunde geworden. Der Dekan hatte damals zu verhindert
gewusst, dass Mandela sein berufliches Ziel, der erste schwarze „Advokat“ zu
werden, erreichen konnte. Bizos hat Mandela und andere ANC-Mitglieder in
politischen Verfahren verteidigt und später Mitglieder der Familie auch in
anderen Angelegenheiten vertreten. 65 Jahre lang waren die beiden Freunde.
Mitglied des ANC ist Bizos trotzdem nicht geworden, erzählte
er in Johannesburg. Als er 1990 einen Anruf von Cyril Ramaphosa erhielt, der
ihn darüber informierte, dass er, George Bizos, ins Verfassungskomitee des ANC
berufen worden sei, fragte Bizos, ob er dafür einen Mitgliedsausweis haben müsse.
„Ach, wir sind nicht auf Deine 12 Rand angewiesen“, habe Ramaphosa ihm
geantwortet. 12 Rand – das ist der jährliche Mitgliedsbeitrag des ANC. Was er
denn machen müsse, hat Bizos von Ramaphosa wissen wollen. „Alles“, antwortete
dieser, „ich könnte aber dafür sorgen, dass Du nicht toyi toyi tanzen musst“ (den berühmten Protesttanz südafrikanischer
Oppositioneller).
Und das musste er dann auch nicht. Aber als Bizos bei einem
Besuch in Deutschland in den Herrenhäuser Gärten die ungelenken Bewegungen
einiger deutscher Frauen beim Tanz nach afrikanischen Rhythmen sah, da hat er
seine Kollegen vom „Constitutional Committee“ aufgefordert: „Let’s show them
the real thing“. Und das geschah dann
auch.
Zurück zu seinen Erinnerungen. Walter Sisulu, einer der
weisen Männer des ANC, der lebenslange Haft zu gewärtigen hatte, habe damals zu
ihm gesagt: „George, pass gut auf Dich auf, wir brauchen Dich da draußen, um
unsere Leute zu verteidigen. Und auch, um unsere Frauen zu unterstützen.“ Die
Apartheidregierung, so Bizos, habe es darauf abgesehen, auch die Frauen der
ANC-Häftlinge zu drangsalieren. Albertina Sisulu sei allein dafür vor Gericht
gestellt und verurteilt worden, dass sie bei einer Beerdigung eine
Traueransprache für ihre Freundin Rose Mbele gehalten habe. „Unsere Justiz“, so
Bizos, „war da im grossen und ganzen willfährig.“
Und doch gab es auch Nuancen, so Bizos weiter. Insbesondere
manche der Afrikaaner-Juristen fanden es unerträglich, Ehefrauen zu
verurteilen. Richter Eloff, ein Mann, der die Apartheidpolitik immer verteidigt
habe, habe im Fall von Albertina Sisulu vor dem Berufungsgericht gesagt: „Herr
Bizos, ich will gar nicht hören, was sie zu sagen haben - Herr Staatsanwalt, wir
sollten uns vielmehr fragen, was für ein Spiel wir hier eigentlich spielen.“
Albertina Sisulu wurde freigesprochen, vom Apartheidstaat freilich auch weiter auf
vielfältige Weise behelligt.
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