Montag, 2. Mai 2016

George Bizos: Anwalt und Freund



Ende Januar 2016 ist den drei noch lebenden Angeklagten des Rivonia-Prozesses von 1963/64 in London der „Freedom of the City“-Status verliehen worden, die höchste Auszeichnung, die die britische Hauptstadt zu vergeben hat. Die drei wurden zusammen mit zweien ihrer Anwälte gewürdigt, George Bizos und Lord Joel Joffe. Große Ehre und großer Bahnhof.
Südafrika, das ja in manchem auch sehr britisch geprägt ist, legte nach: Am 20. April wurde Bizos und Mlangeni in Soweto die „Freedom of the City“- Auszeichnung verliehen; Ahmed Kathrada hatte sie schon 2012 bekommen. Andrew Mlangeni wurde von seinem Sohn vertreten, George Bizos braucht einen Stock als Gehilfe, ist aber sonst quicklebendig und auch weiter als Anwalt tätig und als Redner unterwegs.
Bizos, 1928 in Griechenland geboren und 1941 als Flüchtling nach Südafrika gekommen, ließ die Festversammlung an einigen seiner Erinnerungen teilhaben. „Ein Anwalt kann nur gut sein, wenn er gute Klienten hat“. Sein prominentester Klient war Nelson Mandela. Die beiden hatten sich 1948 im Studium an der Rechtsfakultät der Witwatersrand-Universität kennengelernt und waren Freunde geworden. Der Dekan hatte damals zu verhindert gewusst, dass Mandela sein berufliches Ziel, der erste schwarze „Advokat“ zu werden, erreichen konnte. Bizos hat Mandela und andere ANC-Mitglieder in politischen Verfahren verteidigt und später Mitglieder der Familie auch in anderen Angelegenheiten vertreten. 65 Jahre lang waren die beiden Freunde.
Mitglied des ANC ist Bizos trotzdem nicht geworden, erzählte er in Johannesburg. Als er 1990 einen Anruf von Cyril Ramaphosa erhielt, der ihn darüber informierte, dass er, George Bizos, ins Verfassungskomitee des ANC berufen worden sei, fragte Bizos, ob er dafür einen Mitgliedsausweis haben müsse. „Ach, wir sind nicht auf Deine 12 Rand angewiesen“, habe Ramaphosa ihm geantwortet. 12 Rand – das ist der jährliche Mitgliedsbeitrag des ANC. Was er denn machen müsse, hat Bizos von Ramaphosa wissen wollen. „Alles“, antwortete dieser, „ich könnte aber dafür sorgen, dass Du nicht toyi toyi tanzen musst“ (den berühmten Protesttanz südafrikanischer Oppositioneller).
Und das musste er dann auch nicht. Aber als Bizos bei einem Besuch in Deutschland in den Herrenhäuser Gärten die ungelenken Bewegungen einiger deutscher Frauen beim Tanz nach afrikanischen Rhythmen sah, da hat er seine Kollegen vom „Constitutional Committee“ aufgefordert: „Let’s show them the real thing“.  Und das geschah dann auch.
Zurück zu seinen Erinnerungen. Walter Sisulu, einer der weisen Männer des ANC, der lebenslange Haft zu gewärtigen hatte, habe damals zu ihm gesagt: „George, pass gut auf Dich auf, wir brauchen Dich da draußen, um unsere Leute zu verteidigen. Und auch, um unsere Frauen zu unterstützen.“ Die Apartheidregierung, so Bizos, habe es darauf abgesehen, auch die Frauen der ANC-Häftlinge zu drangsalieren. Albertina Sisulu sei allein dafür vor Gericht gestellt und verurteilt worden, dass sie bei einer Beerdigung eine Traueransprache für ihre Freundin Rose Mbele gehalten habe. „Unsere Justiz“, so Bizos, „war da im grossen und ganzen willfährig.“  
Und doch gab es auch Nuancen, so Bizos weiter. Insbesondere manche der Afrikaaner-Juristen fanden es unerträglich, Ehefrauen zu verurteilen. Richter Eloff, ein Mann, der die Apartheidpolitik immer verteidigt habe, habe im Fall von Albertina Sisulu vor dem Berufungsgericht gesagt: „Herr Bizos, ich will gar nicht hören, was sie zu sagen haben - Herr Staatsanwalt, wir sollten uns vielmehr fragen, was für ein Spiel wir hier eigentlich spielen.“ Albertina Sisulu wurde freigesprochen, vom Apartheidstaat freilich auch weiter auf vielfältige Weise behelligt.  

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