Südafrika-Tagebuch aus einem Land, das gut zwei Jahrzehnte nach Ende der Apartheid noch immer vor schwierigen Problemen steht: Beobachtungen aus Kapstadt und umzu.
Montag, 9. Mai 2016
John Kani
"Glauben Sie nur nicht, dass ich hier hin wollte", sagte John Kani den Journalisten im Kapstädter Artscape-Theater. Der protzige Beton-Palast war für ihn immer Sinnbild der Apartheid-Regierung - "er war for whites only; ich hasste diese Institution". Nun ist Kani, eine Ikone des südafrikanischen Theaters, im Artscape angekommen - und das gleich zweifach.
"Nothing but the truth" heißt Kanis Stück, das er als Regisseur inszenierte - gespielt wurde es um 10 und um 14 Uhr, im Zuschauerraum sassen ganze Schulklassen (wir waren wohl die einzigen, die Karten gekauft hatten - für umgerechnet 2,50 Euro). Geschrieben hat Kani das Stück 2002; es geht um die Konflikte in einer schwarzen Familie, die Aufarbeitung der Apartheid-Zeit durch die Wahrheits- und Versöhnungskommission und die Frage, was Versöhnung überhaupt heißt.
Für die Schüler im Zuschauerraum ist die Apartheid längst Geschichte. "Zwischen meiner Generation und der jungen klafft eine große Lücke", meint der 72jährige Kani, " wie wir in Südafrika bis hierher gekommen sind, scheinen viele nicht zu wissen. Dieses Stück will diese Lücke schließen." Die jungen Zuschauer verfolgen das Geschehen auf der Bühne aber genau und verstehen die Witze auf Xhosa (im Gegensatz zu uns) sehr gut - und werden von den Lehrern schnell zur Ruhe ermahnt. Die Lehrer (wir sitzen neben mehreren) reagieren leise eher auf die politischen Kommentare des Stückes. Wie immer in Südafrika ebbt der Beifall am Schluss schnell ab - aber die Begeisterung ist groß, als John Kani kurz auf die Bühne kommt und über sein Stück spricht.
Im zweiten, 2014 entstandenen Stück, "Missing", spielt Kani die Hauptrolle. Auch hier geht es um die Aufarbeitung der Apartheid-Zeit. Die Hauptfigur kommt mit seiner Familie nach 30 Jahren im schwedischen Exil zurück nach Südafrika - und muss entdecken, dass ihn sein südafrikanischer Mitarbeiter und Kampfgenosse hintergangen hat, um selbst Karriere zu machen. Beifall auf offener Szene, als ein selbstsüchtiger Politiker kritisiert wird und viele an die aktuelle Politik denken, und allgemeine Erleichterung im Publikum, als zum guten Schluß die Hauptfigur sich für die Familie und gegen eine Ministerkarriere entscheidet.
"Wir haben nicht mehr viel Zeit", sagt Kani dem Premierenpublikum nach dem Schlussapplaus, "jetzt müssen wir Brücken bauen". Standing Ovations von dem - wirklich sehr gemischten - Publikum.
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