Südafrika-Tagebuch aus einem Land, das gut zwei Jahrzehnte nach Ende der Apartheid noch immer vor schwierigen Problemen steht: Beobachtungen aus Kapstadt und umzu.
Dienstag, 21. März 2017
Blechschaden
An diesem Montag brummt das – kommerzielle – Leben in Kapstadts schon wieder weiter ausgebauten „Waterfront“. Und auch in der Park-Garage, pardon: den Parkgaragen ist es eng geworden. Jedenfalls hat das dort geparkte Auto einen heftigen Bumms abbekommen.
Der herbeigeholte Sicherheitsmann ist auch genervt, bejaht aber die Frage nach Kameraüberwachung und holt für all unsere Fragen per Funkgerät noch zwei ihm offenbar vorgesetzte Männer heran; der eine trägt so etwas wie ein Marine Outfit. Es geht hin und her, in der Zwischenzeit bleibt Zeit für small talk. Auf die Frage, wo er denn wohne, meint der erste Sicherheitsmann: „Ganz weit weg“. „In Khayelithsa?“, fragen wir. Da nickt er erstaunt, nach der Erwähnung einzelner Bezirke kommt die überraschte Gegenfrage: How do you know?
Viele weiße Südafrikaner, Weiße überhaupt, so heisst es immer wieder und wird auch manchmal beklagt, kennen gar keine townships. Wir haben bei ihm nun einen dicken Stein im Brett, werden mit guten Ratschlägen versehen und an der Schranke vorbei aus der Tiefgarage gelotst.
Wir sollen zur Polizei gehen und machen uns auf die Suche. Die Wache ist in der Dunkelheit gar nicht so einfach zu finden, liegt im Arbeits- und Lagerbereich des Hafens und ist, sagen wir, ziemlich schäbig neben dem blankpolierten Einkaufszentrum und den edlen Hotels. Zwei Frauen und zwei Männer schieben gemächlich Dienst: Spätschicht. Da das Unfallbuch gerade in Bearbeitung ist, müssen wir warten.
Im Raum liegt ein Stapel Zeitungen aus - die ANC-nahe "New Age" stand immer im Verdacht, ihre Auflage durch staatliche Gefälligkeits-Abos zu schönen. Und es läuft der Fernseher SABC 1, ein religiöses Unterhaltungsprogramm. Als von Gottes reichen Gaben die Rede ist, wird ein leeres Portemonnaie gezeigt. Danach der Sport. Als ein Athlet dort etwas von "meiner Ehefrau und meinem girlfriend", sagt, ist das Hallo unter den Beamten groß, und die Arbeit ruht erstmal. Eine der Polizistinnen nimmt sogar kopfschüttelnden Augenkontakt zu uns auf.
Und dann kommen wir dran und auf Adolf Hitler. Erst mal muss der Führerschein vorgezeigt werden: „Aha, Ukrainian“. „Nein, German“. Zwei Minuten später: „Sie haben gesagt, dass sie aus den Niederlanden sind?“ Dann wird der volle Name in die engen Zeilen gezwängt, alle drei Vornamen: "Ah, Rudolf wie Hitler", meint der Polizist beim zweiten und wird freundlich. "Nein, das war Adolf". Auch gut: „Auf jeden Fall ein guter Mann“, kommt vom schwarzen Gegenüber hinter dem Gitter.
"Aber der Mann hat mehr als sechs Millionen Menschen umgebracht!" Doch das macht auf den Polizisten nicht den gewünschten Eindruck und wird beiseite gewischt. Hitler habe Deutschland immerhin nach vorne gebracht, oder? Auf unseren erneuten Widerspruch gibt es keine Einsicht, aber für uns ein Kompliment: „Sie kennen aber Ihre Geschichte“. Worauf wir gerade noch – bewusst allgemein – entgegnen können, einen so grausamen Diktator vergesse man nicht. Dann ist das Formblatt ausgefüllt, wir haben unsere case number und können die Wache verlassen.
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