Morgens um 6 Uhr ist es in dieser Jahreszeit auch in Südafrika stockfinster, und im Auto ist es kalt. Wir stehen an der Kreuzung bei Oudtshoorn und warten, wollen auf Safari. Aber nicht zu den
Straußen, die die Stadt berühmt gemacht haben, sondern zu den meerkat: den Erdmännchen. Ein zweites Auto hält: ob wir zu den meerkat - okay! Ein paar Minuten später kommt eine Autokarawane auf uns zu und biegt ein - die übrigen meerkat-Liebhaber.
Ein Dutzend Wagen rumpeln einen Feldweg
entlang, dann stoppt das Führungsfahrzeug. Für gut 20 Menschen gibt es jetzt
erst einmal eine Tasse Kaffee und jede Menge Einweisungen. Devey Glinister,
Chef der "meerkat adventures", erklärt, dass Erdmännchen scheue Tiere
sind und sie lange gebraucht haben, sich an Menschen zu gewöhnen. Nun aber
betrachten sie ruhig sitzende Menschen als Pflanzen – wer schon länger
verheiratet sei, wisse ja, wie sich das anfühle. Nur eines sei streng verboten:
aufzustehen. Dann sei es schnell vorbei mit dem Foto, dann bliebe nur ein
Selfie.
Anderthalb Jahre, so erzählt auch
Devey-Mitarbeiter Jaydi später, habe er die Erdmännchen immer wieder
aufgesucht, die Distanz zu ihnen immer weiter verringert, ihnen vorgelesen,
erzählt, Filme abgespielt, um sie an den Klang menschlicher Stimmen zu
gewöhnen. Und jetzt würden diese Erdmännchen Menschen nicht mehr als Feinde
ansehen.
Der Kaffee wirkt, mittlerweile ist es heller
geworden, ein Mitarbeiter sucht mit dem Fernglas nach den meerkat. Sie bewohnen
ein ausgedehntes unterirdisches Tunnelsystem, das 70 Eingänge haben kann, und
bei Sonnenaufgang erscheinen sie irgendwo. Jetzt hat der Mann mit dem Fernglas
sie entdeckt: Es sollte, so Jaydi, eine Familie mit zehn Mitgliedern sein.
Im Gänsemarsch machen wir uns auf den Weg, dann
platziert uns Jaydi auf die klappbaren Regiestühle, und wir warten, während
Jaydi die Stimme nicht einmal senkt, um ausführlich vom Leben der Erdmännchen
zu erzählen. Und tatsächlich: nicht einmal zehn Meter entfernt von uns richtet
sich eines der meerkat auf, schaut in unsere Richtung und lässt sich von Jaydis
Erklärungen nicht im Geringsten stören.
Mittlerweile wärmt die Morgensonne sehr
angenehm unseren Rücken, und genau wegen dieser Morgensonne recken sich immer
mehr meerkat in die Höhe. Nach einigen Minuten sind es vier, fünf, und dann ist
es fast die gesamte Familie: neun meerkat lassen sich ihr Bauchfell von der
Sonne erwärmen. Jaydi kann die einzelnen Tiere sogar unterscheiden und weiß,
dass wir das letzte Familienmitglied wohl nicht zu Gesicht bekommen werden: Es
sei erst kürzlich zu der Familie gestoßen und habe den langen Erziehungsprozess
nicht mitgemacht, betrachte also Menschen weiterhin als Feinde und tauche
deshalb nicht auf.
Eine gute Viertelstunde dauert die Aufwärmphase, dann haben die Erdmännchen
genug Sonne getankt und verschwinden. Wir klappen unsere Stühle zusammen und
marschieren im Gänsemarsch zurück zu den Autos - und die Erdmännchen haben 20
neue Freunde gewonnen.
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