Sonntag, 14. Mai 2017

Handwerker



Wer sich selbst viel zutraut und nur Hilfskräfte braucht, kann am Straßenrand jemanden anheuern. An strategischen Stellen sitzen oder stehen Männer, die mit Malerrolle oder Motorsäge signalisieren, was sie können. Wer am frühen Morgen nicht mitgenommen wird, versucht es dennoch weiter. Nicht wenige sind aus Südafrikas Nachbarländern und oft gut gebildet. Man kann ihnen nur wünschen, dass sie am nächsten Tag mehr Glück haben.
Wer nicht viel Geld hat oder ausgeben möchte, kann sich umhören und informelle Handwerker anheuern, zum Fliesenlegen z.B. Da diese kein Kapital und oft auch kein „Bakkie“ für den Transport haben, muss man dann selbst Fliesen holen und für den Tag eine Schneidemaschine ausleihen. So kann man preiswert zu einem neuen Fußbodenbelag kommen, man kann aber auch Überraschungen erleben. Das freundliche Angebot, die Arbeit am Wochenende zu erledigen, wird, einmal angenommen, nachträglich mit der Forderung nach einem „Sonntagszuschlag“ verbunden. Südafrikas moderne Arbeitsgesetze sind auch im township bekannt. Ruft man die bekannte Nummer an, weil nachgearbeitet werden muss, wird erst „first thing in the morning“ versprochen und dann das Gespräch in den nächsten Tagen einfach nicht mehr angenommen. Auf Nimmerwiedersehen.
Solider wird es, wenn man eine der kleinen, selbständigen Handwerker anheuert, ebenfalls nach Empfehlung. Das sind in Kapstadt oft „Coloureds“, eine Bevölkerungsgruppe, die eine lange Tradition in vielen handwerklichen Berufen hat.  Oft leisten sie gute Arbeit – und machen im Gespräch ihrem Ärger darüber Luft, dass die ANC-Regierung nun einseitig Schwarze bevorzugt und ihre Kinder auf einen Job im Staatsdienst kaum eine Chance haben.
Heuert man einen Handwerksbetrieb mit einem europäischen Namen an, kann man ganz unterschiedliche Dinge erleben. Manche beschränken sich darauf, ihre meist angelernten Mitarbeiter zu beaufsichtigen, andere arbeiten selbst mit oder allein. Zum Beschneiden eines alten, wilden Olivenbaums kommen sechs Mann: der (weiße) Chef steht am Rand und raucht, während fünf schwarze Männer aus dem „Eastern Cape“, alle miteinander verwandt, den schweren Ästen mit geradezu artistischem Geschick zu Leibe rücken und sie gleich in Kaminholzstücke zerlegen.
Und schließlich gibt es auch Generalunternehmer oder Handwerksbetriebe, die ein ausgefeiltes Angebot in Form einer Excel-Tabelle vorlegen und gleich mehrere Baustellen bewirtschaften. Smartphones erleichtern dann die Kommunikation mit den Mitarbeitern. Der Unternehmer hat einiges an Logistik zu bewältigen; die Arbeiter aus den townships haben lange Wege zur Arbeit, die oft mit Unwägbarkeiten verbunden sind, auch das Bakkie des Chefs muss dann durch den dicken Morgenverkehr. Arbeitgeber und Arbeitnehmer haben mit Widrigkeiten eines in vielerlei Hinsicht immer noch gespaltenen Landes zu kämpfen. Ein Chef, der ein gutes Team bilden kann, beeindruckt deshalb genauso wie ein Fliesenleger, der schon relativ früh in der Stadt ist, sich über die auf der Baustelle verordnete Zwangspause (kein Lärm!) ärgert und erst den weiten Weg nach Hause antritt, wenn es dunkel wird.

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen