SASSA ist in Südafrika eine
Abkürzung, die jeder kennt. Denn die South African Social Security Agency ist
für mehr als zehn Millionen Menschen überlebensnotwendig: Sie erhalten über
SASSA Kindergeld, Rentenzahlungen und andere Sozialleistungen. 17 Millionen
dieser social grants werden jeden
Monat ausgezahlt. Das ist nicht nur eine finanzielle Anstrengung, sondern auch
ein organisatorisches Problem. Zu Beginn jedes Monats kann man im ganzen Land
Menschen für die Auszahlung anstehen sehen, nicht wenige haben dafür einen
weiten Weg zurückgelegt.
Für die Verteilung der
Gelder war seit 2012 eine Privatfirma zuständig. Als dort Unregelmäßigkeiten
auftraten und Sozialhilfeempfänger von Kredithaien und Versicherungsvertretern
über den Tisch gezogen wurden, wollte die damalige Sozialministerin Bathabile Dlamini
SASSA selbst mit der Verteilung der Gelder beauftragen. Für Experten war klar,
dass die Agentur damit überfordert gewesen wäre, aber die Ministerin beharrte
auf ihrem Plan. Stichtag war Ende März 2017. In letzter Minute, nur zwei Wochen
vorher, fiel ihr das Verfassungsgericht in den Arm: Es urteilte, daß bei der
Verteilung noch ein Jahr lang alles beim Alten bleiben, die Firma aber vom
Gericht und einem unabhängigen Experten-Gremium streng überwacht werden sollte.
Jetzt soll die Post (SAPO)
eine wichtige Rolle bei der Verteilung spielen. Doch sie war in den vergangenen
Jahren selbst in eine tiefe Krise geraten und steht immer noch auf wackeligen
Beinen. Das zeigte sich auch bei den Auszahlungen im August und September
dieses Jahres. In der Praxis konnten die Berechtigten bei den Postämtern und den
zusätzlich eingerichteten 1213 Anlaufstellen oft kein Geld bekommen, weil die
dafür nötigen Barbestände nicht rechtzeitig geliefert worden war; viele
Südafrikaner, die lange Wege zur Post auf sich genommen hatten, mussten
unverrichteter Dinge wieder umkehren und sich für die Rückreise sogar Geld
leihen. Im Oktober 2018 gingen nach Angaben der „Financial Mail“ nur noch sechs
Prozent der Empfänger zu den Postämtern, um ihr Geld abzuholen.
Deshalb nutzen viele die
üblichen Bankautomaten (ATMs), um Geld abzuheben. Doch dafür fallen Gebühren an,
und die fallen ins Gewicht, wenn man ohnehin mit jedem Cent rechnen muss. Oder
sie gehen in einen Laden der großen Lebensmittel-Ketten - u.a. Shoprite, Pick'n
Pay und Spar -, um ihr Geld zu holen. Ein Drittel der Berechtigten bezieht so
seine Sozialhilfe, aber auch dieser Weg ist problematisch. Die Ketten fordern
von der Regierung, die Auszahlung zu entzerren: Wenn die Renten immer nur am
Monatsanfang bereit stehen, steigt an diesen Tagen die Gefahr der bewaffneten
Überfälle. "Wir sind Händler", sagt ein Pick'n-Pay-Manager der
Zeitschrift, "wir wollen keine Armee im Laden." Aber obwohl diese
Forderung schon seit Jahren wiederholt wird, ist bislang alles beim Alten
geblieben. Die "Financial Mail" bilanziert resigniert: "Die
bittere Wahrheit der vergangenen drei Jahre ist, daß SASSA nur auf Krisen
reagiert. Offenbar müssen noch mehr bewaffnete Überfälle geschehen."
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