Man stelle sich kurz vor, dass der Hamburger Wahlbezirk Eimsbüttel vom Stromnetz genommen worden ist: Zuviele Wähler dort haben die Grünen gewählt, und die SPD-Regierung will sie bestrafen - mit einem Blackout.
Abstrus? Nicht in Südafrika!
Zweli Mkhize, Ministerpräsident der Provinz KwaZulu-Natal, hat in seiner Regierungserklärung im Parlament von Pietermaritzburg gerade einen solchen Fall angeprangert: Korrupte Politiker im Verein mit Beamten des staatlichen Stromunternehmens Eskom hätten dafür gesorgt, dass ungefähr 16.000 Haushalte in einigen Wahlbezirken von Nqutu und Nongoma ohne Strom seien - als Bestrafung für das „falsche“ Abstimmen: In dem Gebiet sind der ANC und die lange Jahre in KwaZulu-Natal tonangabende „Inkatha Freedom Party“ total (und manchmal gewalttätig) zerstritten.
Das Verhalten der Beamten sei „unakzeptabel“, meinte Mkhize; in 85 Fällen werde jetzt ermittelt, einige Beamte seien bereits gefeuert.
Jetzt gibt es sogar eine Hotline für Beschwerden; 350 Anrufe seien bereits eingegangen. Gegen korrupte Beamte soll künftig energisch vorgegangen werden, versprach der Premier - man merkt: In Südafrika stehen Kommunalwahlen ins Haus, good governance, ganz konkret: service delivery, versprechen jetzt alle Parteien.
Nqutu und Nongoma sind keine Einzelfälle. Aus dem ganzen Land werden delivery protests berichtet; 90 % der Gemeinden, die vom ANC regiert werden - so schätzt der famose Barney Mthombothi, Chefredakteur der „Financial Mail“ -, funktionieren nicht richtig, weil in der Verwaltung jetzt inkompetente Leute sitzen, die keinerlei Qualifikation für ihren Job haben.
In diesen Wochen macht Wesselton in der Provinz Mpumalanga Schlagzeilen: Aufgebrachte Jugendliche liefern sich dort im Township Straßenschlachten mit der Polizei. Auch gegenüber Reportern machen sie sich Luft. „Wenn die Stadträte gewählt sind, ziehen sie erst einmal in einen feinen Wohnbezirk“, erzählen sie ihnen, „schicken ihre Kinder auf gute Schulen und kümmern sich dann um Jobs für ihre Verwandten und Freunde. Wir gehen leer aus.“ Ihre Namen wollen sie den Journalisten nicht nennen: „Die holen uns sonst.“ Einer liftet sein T-Shirt und zeigt seine Schrammen: Die Polizei hat ihn vor einer Woche festgenommen und verprügelt. 200 Rand (20 Euro) hat sich seine Mutter von einem Kredithai geliehen, um ihn gegen Kaution freizubekommen.
80 % der Menschen in Wesselton, so schätzt man, sind arbeitslos. Ein ANC-Mitglied ist heute desillusioniert: Bei jeder Wahl habe die Partei viel versprochen, geändert habe sich im Township nichts. „Ein Loch im Boden ist unsere Toilette. Die Straßen sind kaputt, wir haben keinen Strom.“ Jetzt will er einen unabhängigen Kandidaten wählen, einen Lehrer. Ihn kennt er, von ihm glaubt er, dass er sich wirklich für das Township einsetzen werde. Gewählt wird noch in diesem Jahr; ein genaues Datum muss noch festgelegt werden.
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen