Sonntag, 22. April 2012

M.O.T.H.

Jede britische Buchhandlung, die etwas auf sich hält, hat eine Abteilung für Militär(geschichte) – Regale, um die wir bisher immer einen großen Bogen gemacht haben. Warum es sie gibt, lernt man bei Besuchen in den Außenposten des Empire verstehen, auf Malta z.B., wo britische Militärs nicht nur den Angriffen der in Sizilien stationierten Luftwaffe getrotzt, sondern auch noch den Nachschub zu Rommels Soldaten in Nordafrika empfindlich gestört haben. Stichwort: El Alamein.

Und eben in Südafrika. Gestern Abend hatte eine bezaubernde Musiklehrerin ein Konzert ihrer Schülerinnen arrangiert. Der Veranstaltungsort im Städtchen Fish Hoek schien aus der Zeit gefallen: ein spießiges Vereinsheim, Bilder von Militärs, ein Gemälde von einem Mann mit Stahlhelm, ein Foto von Churchill, Ehrenplaketten – dazu aus der Moderne rote Plastikstühle und Tischdecken. Wie soll da Stimmung aufkommen? Geht aber, wenn südafrikanische Familien ihre Picknick-Körbe auspacken und den singenden und Gitarre spielenden Töchtern zujubeln. Eine anrührende Veranstaltung.

Was aber ist das Geheimnis dieses Ortes? M.O.T.H. konnte man lesen, „Battledress“ und „Shellhole“. Die Tür zum „Founder Room“ war versperrt: Zutritt nur für „Moths and Members“, Mitglieder wurden für ihre Verdienste im Zivilleben geehrt, und auch einiger Non-Members wurde ehrenvoll für „good comradeship“ gedacht.

Eine Recherche am heimischen Computer brachte die Erkenntnis: M.O.T.H. steht für „Memorable Order of Tin Hats“ – den Orden des Stahlhelms, eine 1927 in Durban gegründete Organisation, die sich in Not geratener Kriegsveteranen annimmt und dem Gedanken der Kameradschaft verpflichtet ist. In Kapstadt veranstaltet M.O.T.H. jedes Jahr Paraden; erinnert wird zum Beispiel an die Schlacht von El Alamein, an den südafrikanischen General Jan Smuts und – jetzt am 7. Mai – an den Gründungstag der Organisation.

Das weckte Erinnerungen an einen Besuch im Kapstädter Castle vor einem Jahrzehnt. Ein Mitglied der südafrikanischen Streitkräfte erbot sich freundlicherweise, einiges zu erklären. Am Schluss fragte er den deutschen Vater, ob er denn im Zweiten Weltkrieg gedient habe. Und dann haute es uns fast aus den Schuhen: „Haben Sie noch Ihre Uniform?“ Erinnerungen an die gleichen Schlachten können eben ganz verschieden sein – und Traditionspflege auch ein Zeichen legitimen Stolzes.

Statt „Truly Yours“ schließt der Newsletter Cyber Shellhole des südafrikanischen M.O.T.H.-Verbandes mit „Yours under the tin hat“. In diesem Sinne: Friedliche Grüße aus Kapstadt!

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