Man könnte auch mit weniger Gepäck nach Kapstadt reisen, denn man kann dort (fast) alles kaufen, was man so braucht. Aber dann müssen doch immer viele Dinge transportiert werden, die es dort nicht oder noch nicht gibt oder die wesentlich teurer sind, dazu Zeitungen, Bücher, Filme, Lieblingslakritz… Und da, anders als am Eppendorfer Baum, die U-Bahn im Abendrothsweg nicht mehr vor der Tür hält, kommt ein freundlicher Taxifahrer. Schnell entwickelt sich ein angeregtes Gespräch, Herr Wagner von Hansa-Taxi erzählt begeistert von seinen Eindrücken aus Kapstadt, seiner ersten Südafrika-Reise, und er will wieder dorthin, wenn er genug gespart hat.
15 Minuten nach der Ankunft am Kap werden wir schon von David (www.wisewheels.co.za) zum Mietwagen gelotst. Dass Passkontrolle und Gepäckausgabe so schnell erledigt sind, ist eindrucksvoll, könnte aber auch daran liegen, dass auf dem schönen neuen Flughafen so wenige Maschinen landen. Die ersten Geschäfte hätten schon wieder geschlossen erzählt David.
Während wir noch kurz die unglaubliche Geschichte vom Berliner Flughafen(bau) erzählen, steht im riesigen Parkhaus auf einmal noch jemand vor unserem kleinen Honda und tauscht schnell die Scheibenwischerblätter aus – so viel Umsicht ist umwerfend.
Auf dem Weg in die Stadt gleich ein Stau. Keine Überraschung, denn es gibt jeden Monat mehr Autos. 16,5 Prozent mehr PKWs wurden im April 2013 gegenüber dem Vorjahresmonat verkauft – seit Jahren werden ähnliche Zuwachsraten gemeldet. Das ist auch eine Folge der Siedlungsstruktur. Wer im „suburb“ wohnt, in der Shopping Mall einkauft und seine Kinder zur Schule bringt, tut das zwangsläufig mit dem eigenen Auto. Wer ein Haus verkaufen will, muss deshalb „secure parking“ vorweisen können. Selbst das angemietete Apartment hat im Keller Parkraum für zwei Wagen und damit für Autos fast so viele Quadratmeter wie die Wohnfläche ausmacht.
Dabei fährt vor der Tür nun ein Bus, die feine Haltstelle weist sogar schon ein kleines MyCity-Netz mit mehreren Linien aus. Ein langersehnter Forschritt, denn so etwas wie öffentlichem Nahverkehr gibt es in Südafrikas Städten bisher kaum. Man fährt mit dem Auto oder quetscht sich in ein Sammeltaxi. Doch derzeit stehen die Busse im Depot, seit zwei Wochen streiken die Busfahrer. Die Transportarbeitergewerkschaft verlangt 18 Prozent mehr Lohn. Und weil Streiks in Südafrika häufig mit Übergriffen und Gewalt verbunden sind, hat die Stadt den Busverkehr ausgesetzt.
Was gerade los ist im Land, kann man im Stau von SAFM – „South Africa’s News and Information Leader“ - erfahren. Im Morgen-Talk geht es um Rugby. Ein Vater beschwert sich, dass der talentierte Sohn keine Chance in der Provinzmannschaft bekomme, da er die falsche Hautfarbe habe. Ja, sagt die dazu befragte Beamtin aus dem Sportministerium, die Rugby-Verbände hätten es versäumt, sich zu „transformieren“, die Regierung werde das nun ändern. So weit ist schnell alles wieder vertraut.
Dann diese Nachricht: Ein gechartertes Flugzeug ist mit 200 Hochzeitsgästen aus Indien an Bord auf einem Militärflughafen gelandet. Statt kontrolliert zu werden, wurden sie freundlich durchgewunken und mit Polizeischutz und Blaulicht ins Fünf-Sterne-Hotel gebracht. Geheiratet wurde im Hause der Guptas, einer mit der Präsidentenfamilie persönlich und geschäftlich eng verbandelten indischen Sippe. Das restliche Südafrika ist empört. „Willkommen in Guptastan“ titelt eine Zeitung und drückt damit aus, was viele Bürgerinnen und Bürger empfinden.
Die Guptas sind erst Anfang der neunziger Jahre nach Südafrika gekommen. Zunächst nur mäßig erfolgreich, haben sie es verstanden, Strippen zur neuen Regierungspartei zu ziehen und im richtigen Moment zu nutzen. Die Verbindungen zur Zuma-Familie zahlen sich für beide Seiten geschäftlich aus. Und weil das alles so einfach zu erreichen war, haben die Guptas offenbar begonnen, das Land als ihres zu betrachten. Für ihre Hochzeitsfeier wollten sie erst den Oliver-Tambo-Flughafen in Johannesburg zur geschäftigsten Zeit für alle außer ihren Gästen weitgehend sperren lassen; als das nicht ging, sollte es dann der Militärflughafen sein. Doch auch dafür gab es eine Absage, diesmal von der Verteidigungsministerin.
Von einem offiziellen „Nein“ lässt sich aber nicht aufhalten, wer das Zauberwort „Zuma“ sagen kann – so hat sich dann doch noch ein dienstbarer Protokollchef gefunden, der das alles nett arrangieren konnte. Der ist nun suspendiert und offenbar als Hauptsündenbock ausersehen. Seine Untergebenen waren irritiert genug, die entsprechenden e-mails aufzubewahren.
Derweil fördert die Presse immer neue Details zutage, die von der Arroganz der Guptas und der Willfährigkeit hoher ANC-Politiker zeugen. Wie eng die Bande und wie verbunden beide in ihrem Bedürfnis nach luxuriösem Leben sind, zeigt auch die Einladungsliste: Da waren ANC-Adel und -Aufsteiger gut vertreten. Einige sind zu Hause geblieben – unter ihnen der Präsident –, andere haben es sich „nicht nehmen lassen“ mitzufeiern.
Die Hochzeitsgesellschaft in Sun City tanzt noch, da versucht das offizielle Südafrika den Image-Schaden von „Guptagate“ zu begrenzen. Und als die Feiern zu Ende gehen, müssen die Damen und Herren aus Indien von einem regulären Flughafen zurückfliegen - mit vier Stunden Verspätung und nach ausgiebigen Kontrollen durch Passbeamte und Zöllner. Damit wollte Südafrika am Ende dann doch noch zeigen, dass es (so ein Kabinettsmitglied) „keine Bananenrepublik“ ist.
Der kluge Jonny Steinberg, der jetzt in Oxford lehrt, aber auch Kolumnen für "Business Day" schreibt, hat es in einem anderen Zusammenhang so auf den Punkt gebracht: "Es ist als ob eine Demokratie und einen Bananenrepublik nebeneinander existieren. Jede der beiden wurschtelt fröhlich vor sich hin als ob die andere Sphäre nicht da wäre."
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