Drei Monate Kapstadt und umzu – wir können die Region auch nach dieser Zeit nur empfehlen. Wenn dieser Blog Lust gemacht hat, das Land selbst etwas besser kennenzulernen, hat er seinen Zweck erfüllt. Also: You too in Cape Town, hopefully!!
Die U2 kommen übrigens auch: Am 18. Februar wird die Gruppe das neue Stadion in Greenpoint füllen. Vor einer Woche wurden die zwei Konzerte der Rockband in Südafrika angekündigt – eines ist in Johannesburg, eines in Kapstadt, und beide in den neuen Stadien. Seit zwei Tagen sind die Tickets auf dem Markt, innerhalb der ersten 90 Minuten wurden 70.000 Karten verkauft, und heute sind sie so gut wie ausgebucht.
Wir haben gerade noch einige Restkarten sichern können: Wer also im Februar mitrocken will, muss sich schnell melden! Vier Plätze haben wir zu vergeben, und ein anständiges Reiseprogramm rund um diese – hochsommerliche – Zeit wird sich sicher auch finden.
Und damit schließen wir diesen Blog ab und sagen:
Bye bye in Cape Town…
Südafrika-Tagebuch aus einem Land, das gut zwei Jahrzehnte nach Ende der Apartheid noch immer vor schwierigen Problemen steht: Beobachtungen aus Kapstadt und umzu.
Sonntag, 24. Oktober 2010
Gute Strassen, schlechte Strassen
Südafrika hat gute Strassen, immer wieder wird an sorgfältig ausgeschilderten und beflaggten Stellen repariert und verbessert. Wo am Straßenrand Gras gemäht wurde, ist es sorgfältig in Säcke verpackt gelagert. So unser Eindruck. Aber wir haben auch Geschichten gehört von Straßen voller Schlaglöcher, sogar von kaum noch passierbaren Strecken.
Wie so oft in Südafrika ist beides richtig: Erstklassige Qualität und schleichender Verfall. Die Wirtschaftszeitschrift „Financial Mail“ hat diese Woche die SA National Roads Agency als die am effektivsten arbeitende Regierungsbehörde bezeichnet - ein dickes und verdientes Lob. Doch sie ist nur für einen kleinen Teil der nationalen Strassen zuständig und hat einen Teil der jüngsten Investitionen mit Krediten finanziert. Dafür darf sie jetzt Gebühren erheben - ein für Unmut sorgendes, aber wohl notwendiges Verfahren, um Geld für neue Investitionen zu generieren und Menschen mittelfristig dazu zu bewegen, auf öffentliche Verkehrsmittel umzusteigen, etwa auf der Strecke zwischen Johannesburg und Pretoria, wo gerade eine Schnellbahnverbindung eingerichtet wird (der feine Gautrain).
Die andere Seite: Selbst Verkehrsminister Sbu Ndebele hat dieser Tag eingeräumt, dass Südafrikas im weltweiten Vergleich einen schlechten Platz einnimmt, wenn es um Sicherheit auf den Straßen geht. Nicht regelmäßig oder nicht gut gewartete Verkehrswege erhöhen das Unfallrisiko. In der Ostkap-Provinz waren 1988 noch 70 Prozent der Straßen als gut eingestuft worden, 2008 waren es nur noch 15 Prozent. Mit dafür verantwortlich, so der Minister, sei der Mangel an Ingenieuren und Technikern. Im Road Infrastructure Strategic Framework for SA kann man lesen, dass statt Fachkräfte Menschen eingestellt wurden, die über nicht genügend Erfahrung verfügten und nicht einmal geprüfte Fachkräfte waren.
Und so sind die Schlaglöcher zu einem erregt diskutierten Thema geworden. Die „Democratic Alliance“, die Opposition im Parlament, hat vor einigen Monaten Fotos der zehn schlimmsten Schlaglöcher veröffentlicht , und in Johannesburg haben verunfallte Passagiere die Stadt sogar auf Schmerzensgeld verklagt. Mit Erfolg.
Wie so oft in Südafrika ist beides richtig: Erstklassige Qualität und schleichender Verfall. Die Wirtschaftszeitschrift „Financial Mail“ hat diese Woche die SA National Roads Agency als die am effektivsten arbeitende Regierungsbehörde bezeichnet - ein dickes und verdientes Lob. Doch sie ist nur für einen kleinen Teil der nationalen Strassen zuständig und hat einen Teil der jüngsten Investitionen mit Krediten finanziert. Dafür darf sie jetzt Gebühren erheben - ein für Unmut sorgendes, aber wohl notwendiges Verfahren, um Geld für neue Investitionen zu generieren und Menschen mittelfristig dazu zu bewegen, auf öffentliche Verkehrsmittel umzusteigen, etwa auf der Strecke zwischen Johannesburg und Pretoria, wo gerade eine Schnellbahnverbindung eingerichtet wird (der feine Gautrain).
Die andere Seite: Selbst Verkehrsminister Sbu Ndebele hat dieser Tag eingeräumt, dass Südafrikas im weltweiten Vergleich einen schlechten Platz einnimmt, wenn es um Sicherheit auf den Straßen geht. Nicht regelmäßig oder nicht gut gewartete Verkehrswege erhöhen das Unfallrisiko. In der Ostkap-Provinz waren 1988 noch 70 Prozent der Straßen als gut eingestuft worden, 2008 waren es nur noch 15 Prozent. Mit dafür verantwortlich, so der Minister, sei der Mangel an Ingenieuren und Technikern. Im Road Infrastructure Strategic Framework for SA kann man lesen, dass statt Fachkräfte Menschen eingestellt wurden, die über nicht genügend Erfahrung verfügten und nicht einmal geprüfte Fachkräfte waren.
Und so sind die Schlaglöcher zu einem erregt diskutierten Thema geworden. Die „Democratic Alliance“, die Opposition im Parlament, hat vor einigen Monaten Fotos der zehn schlimmsten Schlaglöcher veröffentlicht , und in Johannesburg haben verunfallte Passagiere die Stadt sogar auf Schmerzensgeld verklagt. Mit Erfolg.
Donnerstag, 21. Oktober 2010
Dear Government
Ein Diskjockey hat der Regierung die Leviten gelesen - und das sorgt im Land für Gesprächsstoff. Auf Facebook und Twitter wird eifrig diskutiert, ein scharf angegriffener Minister (Blade Nzimande) ließ erklären, er werde auf diese rassistische Kritik nicht reagieren, Präsident Zuma aber will sich demnächst mit dem Diskjockey zusammensetzen. Gareth Cliff hat mit seiner Polemik einen Nerv getroffen - und bringt die zentralen Probleme dieses Landes auf den Punkt.
12th October, 2010
Dear Government
OK, I get it, the President isn't the only one in charge. The ANC believes in "collective responsibility" (So that nobody has to get blamed when things get screwed up), so I address this to everyone in government - the whole lot of you - good, bad and ugly (That's you, Blade).
We were all so pleased with your renewed promises to deliver services (we'll forgive the fact that in some places people are worse off than in 1994); to root out corruption (so far your record is worse than under Mbeki, Mandela or the Apartheid regime - what with family members becoming overnight millionaires); and build infrastructure (State tenders going disgustingly awry and pretty stadia standing empty notwithstanding) - and with the good job you did when FIFA were telling you what to do for a few months this year. Give yourselves half a pat on the back. Since President Sepp went off with his billions I'm afraid we have less to be proud of - Public Servants Strikes, more Presidential bastard children, increasing unemployment and a lack of leadership that allowed the Unions to make the elected government it's bitch. You should be more than a little worried - but you're not. Hence my letter. Here are some things that might have passed you by:
1. You have to stop corruption. Don't stop it because rich people moan about it and because it makes poor people feel that you are self-enriching parasites of state resources, but because it is a disease that will kill us all. It's simple - there is only so much money left to be plundered. When that money runs out, the plunderers will raise taxes, chase and drain all the remaining cash out of the country and be left with nothing but the rotting remains of what could have been the greatest success story of post-colonial Africa. It's called corruption because it decomposes the fabric of society. When someone is found guilty of corruption, don't go near them - it's catchy. Making yourself rich at the country's expense is what colonialists do.
2. Stop complaining about the media. You're only complaining about them because they show you up for how little you really do or care. If you were trying really hard, and you didn't drive the most expensive car in the land, or have a nephew who suddenly went from modesty to ostentatious opulence, we'd have only positive things to report. Think of Jay Naidoo, Geraldine Fraser-Moleketi and Zwelinzima Vavi - they come under a lot of fire, but it's never embarrassing - always about their ideas, their positions, and is perfectly acceptable criticism for people in power to put up with. When the media go after Blade Nzimande, Siphiwe Nyanda and the President, they say we need a new piece of legislation to "make the media responsible". That's because they're being humiliated by the facts we uncover about them daily, not because there is an agenda in some newsroom. If there had been a free press during the reigns of Henry VIII, Idi Amin or Hitler, their regimes might just have been kept a little less destructive, and certainly would have been less brazen and unchecked.
3. Education is a disaster. We're the least literate and numerate country in Africa. Zimbabwe produces better school results and turns out smarter kids than we do. Our youth aren't usemployed, they're unemployable. Outcomes-based-education, Teachers' Unions and an attitude of mediocrity that discourages excellence have reduced us to a laughing stock. Our learners can't spell, read, add or subtract. What are all these people going to do? Become President? There's only one job like that. We need clever people, not average or stupid ones. the failure of the Education Department happened under your watch. Someone who writes Matric now hadn't even started school under the Apartheid regime, so you cannot blame anyone but yourselves for this colossal cock-up. Fix it before three-quarters of our matrics end up begging on Oxford Road. Reward schools and teachers who deliver great pass rates and clever students into the system. Fire the teachers who march and neglect their classrooms.
4. Give up on BEE. It isn't working. Free shares for new black partnerships in old white companies has made everyone poorer except for Tokyo Sexwale. Giving people control of existing business won't make more jobs either. In fact, big companies aren't growing, they're reducing staff and costs. The key is entrepreneurship. People with initiative, creative ideas and small companies must be given tax breaks and assistance. Young black professionals must be encouraged to start their own businesses rather than join a big corporation's board as their token black shareholder or director. Government must also stop thinking that state employment is a way to decrease unemployment - it isn't - it's a tax burden. India and China are churning out new, brilliant, qualified people at a rate that makes us look like losers. South Africa has a proud history of innovation, pioneering and genius. This is the only way we can advance our society and economy beyond merely coping.
5. Stop squabbling over power. Offices are not there for you to occupy (or be deployed to) and aggrandize yourself. Offices in government are there to provide a service. If you think outrageous salaries, big German cars, first-class travel and state housing are the reasons to aspire to leadership, you're in the wrong business - you should be working for a dysfunctional, tumbledown parastatal (or Glenn Agliotti). We don't care who the Chairperson of the National Council of Provinces is if we don't have running water, electricity, schools and clean streets. You work for us. Do your job, don't imagine you ARE your job.
6. Stop renaming things. Build new things to name. If I live in a street down which the sewage runs, I don't care if it's called Hans Strijdom or Malibongwe. Calling it something nice and new won't make it smell nice and new. Re-branding is something Cell C do with Trevor Noah, not something you can whitewash your lack of delivery with.
7. Don't think you'll be in power forever. People aren't as stupid as you think we are. We know you sit around laughing about how much you get away with. We'll take you down, either at the polls - or if it comes down to the wire - by revolution (Yes, Julius, the real kind, not the one you imagine happened in 2008). Careless, wasteful and wanton government is a thing of the past. The days of thin propaganda and idealized struggle are over. The people put you in power - they will take you out of it. Africa is tired of tin-pot dictators, one-party states and banana republics. We know who we are now, we care about our future - and so should you.
Gareth Cliff
12th October, 2010
Dear Government
OK, I get it, the President isn't the only one in charge. The ANC believes in "collective responsibility" (So that nobody has to get blamed when things get screwed up), so I address this to everyone in government - the whole lot of you - good, bad and ugly (That's you, Blade).
We were all so pleased with your renewed promises to deliver services (we'll forgive the fact that in some places people are worse off than in 1994); to root out corruption (so far your record is worse than under Mbeki, Mandela or the Apartheid regime - what with family members becoming overnight millionaires); and build infrastructure (State tenders going disgustingly awry and pretty stadia standing empty notwithstanding) - and with the good job you did when FIFA were telling you what to do for a few months this year. Give yourselves half a pat on the back. Since President Sepp went off with his billions I'm afraid we have less to be proud of - Public Servants Strikes, more Presidential bastard children, increasing unemployment and a lack of leadership that allowed the Unions to make the elected government it's bitch. You should be more than a little worried - but you're not. Hence my letter. Here are some things that might have passed you by:
1. You have to stop corruption. Don't stop it because rich people moan about it and because it makes poor people feel that you are self-enriching parasites of state resources, but because it is a disease that will kill us all. It's simple - there is only so much money left to be plundered. When that money runs out, the plunderers will raise taxes, chase and drain all the remaining cash out of the country and be left with nothing but the rotting remains of what could have been the greatest success story of post-colonial Africa. It's called corruption because it decomposes the fabric of society. When someone is found guilty of corruption, don't go near them - it's catchy. Making yourself rich at the country's expense is what colonialists do.
2. Stop complaining about the media. You're only complaining about them because they show you up for how little you really do or care. If you were trying really hard, and you didn't drive the most expensive car in the land, or have a nephew who suddenly went from modesty to ostentatious opulence, we'd have only positive things to report. Think of Jay Naidoo, Geraldine Fraser-Moleketi and Zwelinzima Vavi - they come under a lot of fire, but it's never embarrassing - always about their ideas, their positions, and is perfectly acceptable criticism for people in power to put up with. When the media go after Blade Nzimande, Siphiwe Nyanda and the President, they say we need a new piece of legislation to "make the media responsible". That's because they're being humiliated by the facts we uncover about them daily, not because there is an agenda in some newsroom. If there had been a free press during the reigns of Henry VIII, Idi Amin or Hitler, their regimes might just have been kept a little less destructive, and certainly would have been less brazen and unchecked.
3. Education is a disaster. We're the least literate and numerate country in Africa. Zimbabwe produces better school results and turns out smarter kids than we do. Our youth aren't usemployed, they're unemployable. Outcomes-based-education, Teachers' Unions and an attitude of mediocrity that discourages excellence have reduced us to a laughing stock. Our learners can't spell, read, add or subtract. What are all these people going to do? Become President? There's only one job like that. We need clever people, not average or stupid ones. the failure of the Education Department happened under your watch. Someone who writes Matric now hadn't even started school under the Apartheid regime, so you cannot blame anyone but yourselves for this colossal cock-up. Fix it before three-quarters of our matrics end up begging on Oxford Road. Reward schools and teachers who deliver great pass rates and clever students into the system. Fire the teachers who march and neglect their classrooms.
4. Give up on BEE. It isn't working. Free shares for new black partnerships in old white companies has made everyone poorer except for Tokyo Sexwale. Giving people control of existing business won't make more jobs either. In fact, big companies aren't growing, they're reducing staff and costs. The key is entrepreneurship. People with initiative, creative ideas and small companies must be given tax breaks and assistance. Young black professionals must be encouraged to start their own businesses rather than join a big corporation's board as their token black shareholder or director. Government must also stop thinking that state employment is a way to decrease unemployment - it isn't - it's a tax burden. India and China are churning out new, brilliant, qualified people at a rate that makes us look like losers. South Africa has a proud history of innovation, pioneering and genius. This is the only way we can advance our society and economy beyond merely coping.
5. Stop squabbling over power. Offices are not there for you to occupy (or be deployed to) and aggrandize yourself. Offices in government are there to provide a service. If you think outrageous salaries, big German cars, first-class travel and state housing are the reasons to aspire to leadership, you're in the wrong business - you should be working for a dysfunctional, tumbledown parastatal (or Glenn Agliotti). We don't care who the Chairperson of the National Council of Provinces is if we don't have running water, electricity, schools and clean streets. You work for us. Do your job, don't imagine you ARE your job.
6. Stop renaming things. Build new things to name. If I live in a street down which the sewage runs, I don't care if it's called Hans Strijdom or Malibongwe. Calling it something nice and new won't make it smell nice and new. Re-branding is something Cell C do with Trevor Noah, not something you can whitewash your lack of delivery with.
7. Don't think you'll be in power forever. People aren't as stupid as you think we are. We know you sit around laughing about how much you get away with. We'll take you down, either at the polls - or if it comes down to the wire - by revolution (Yes, Julius, the real kind, not the one you imagine happened in 2008). Careless, wasteful and wanton government is a thing of the past. The days of thin propaganda and idealized struggle are over. The people put you in power - they will take you out of it. Africa is tired of tin-pot dictators, one-party states and banana republics. We know who we are now, we care about our future - and so should you.
Gareth Cliff
Freitag, 15. Oktober 2010
Johannesburg, das Paradies
Für manche ist Johannesburg das Paradies. Wir haben jedenfalls Menschen kennen gelernt, die das so sehen – in Mayfair, mitten im Stadtzentrum, in dem man sich immer vorsichtig umschaut und sein Portemonnaie festhält. Als wir Rose, unserer Fahrerin, sagen, dass sie uns in anderthalb Stunden drei Straßenecken weiter wieder abholen kann und wir in der Zwischenzeit hier herumlaufen wollten, schaut sie uns zweifelnd an: Ob wir das wirklich für eine gute Idee hielten? Sie steigt mit aus und will erst einmal ein Gefühl für das Viertel bekommen, aber dann lässt sie uns dann doch gehen.
Wir wollen zu den Somalis in Johannesburg, und ihr Viertel liegt mitten in der Innenstadt, gleich neben dem „Oriental Place“. Wir fragen und werden zu einem Gebäude verwiesen, in dem viele kleine Läden und ein Open-Air-Restaurant sind. Im ersten Stock ist das Büro des Somali Community Board of South Africa (SCOB); es ist allerdings verschlossen. In 15 Minuten, heißt es, ist wieder jemand da; wir bestellen derweil im Restaurant einen Tee im Restaurant „Kismayo“. Somalis verfolgen hier die Al-Jazeera-Nachrichten. Der Tee wird mit viel Milch serviert.
Dass Journalisten sich über die Somalis informieren wollen, spricht sich schnell herum. Nach ein paar Minuten setzt sich ein junger Mann zu uns: der National Chairman der Somalis. Abdul Hakim Mohamed wollte eigentlich Pilot werden, erzählt er uns; stattdessen vertritt er jetzt die rund 30.000 Somalis in Südafrika. Die meisten von ihnen sind Händler und haben in den Townships kleine Läden – und viele werden angefeindet. Seit Jahren werden somalische Geschäftsinhaber ermordet, „xenophobia“, Fremdenfeindlichkeit, ist seit den Übergriffen gegen afrikanische Zuwanderer von 2008 ein Stichwort in der innenpolitischen Debatte Südafrikas.
Ja, diese Übergriffe gebe es immer noch, sagt der National Chairman, das habe nicht aufgehört. Seine Organisation versucht zu helfen, wo es geht – unterstützt somalische Halbwaisen, arbeitet mit der Polizei zusammen, hilft den Händlern bei Behördengängen. Aus eigenen Mitteln werden zwei Leute im Innenministerium finanziert, die bei der Bearbeitung der somalischen Anträge helfen und vermitteln.
Für Somalis ohne Identitätsdokumente ist es zum Beispiel schwierig, ein Bankkonto zu eröffnen; die Gangster wissen also, dass der Händler irgendwo im Laden sein Geld haben muss. Oft werden sie überfallen und solange gefoltert, bis sie das Versteck preisgeben. Das SCOB hat jetzt erreicht, dass eine Bank relativ unbürokratisch hilft; innerhalb kurzer Zeit wurden bereits fast 600 Konten eröffnet – für die Händler eine große Hilfe. Und für die Bank sicher kein schlechtes Geschäft.
Abdul Hakim erklärt uns das System: Da die Somalis zusammenarbeiten, können sie günstige Preise anbieten. Sie schlafen im Township-Laden, sparen soviel Geld wie möglich. Wenn die Ersparnisse reichen, ziehen sie in eine sicherere Gegend und holen aus Somalia einen Verwandten, der den Laden übernimmt. Der weiß noch nicht, dass ein Ladeninhaber ein großes Risiko eingeht.
Wer das zynisch findet, weiß nicht, wie es in Somalia zugeht. „Ja, in Somalia lebt man ständig in Gefahr, erschossen zu werden – hier aber wird der neue Händler im Schnitt nur einmal in der Woche überfallen: Das ist für ihn das Paradies.“ Und wenn die Geschäfte laufen, wird der nächste Verwandte ins „Paradies“ geholt, und er selbst kann dann in Mayfair in der Kneipe sitzen und seinen süßen Tee trinken. Johannesburg kann man auch so sehen…
somalisouthafrica.co.za
Wir wollen zu den Somalis in Johannesburg, und ihr Viertel liegt mitten in der Innenstadt, gleich neben dem „Oriental Place“. Wir fragen und werden zu einem Gebäude verwiesen, in dem viele kleine Läden und ein Open-Air-Restaurant sind. Im ersten Stock ist das Büro des Somali Community Board of South Africa (SCOB); es ist allerdings verschlossen. In 15 Minuten, heißt es, ist wieder jemand da; wir bestellen derweil im Restaurant einen Tee im Restaurant „Kismayo“. Somalis verfolgen hier die Al-Jazeera-Nachrichten. Der Tee wird mit viel Milch serviert.
Dass Journalisten sich über die Somalis informieren wollen, spricht sich schnell herum. Nach ein paar Minuten setzt sich ein junger Mann zu uns: der National Chairman der Somalis. Abdul Hakim Mohamed wollte eigentlich Pilot werden, erzählt er uns; stattdessen vertritt er jetzt die rund 30.000 Somalis in Südafrika. Die meisten von ihnen sind Händler und haben in den Townships kleine Läden – und viele werden angefeindet. Seit Jahren werden somalische Geschäftsinhaber ermordet, „xenophobia“, Fremdenfeindlichkeit, ist seit den Übergriffen gegen afrikanische Zuwanderer von 2008 ein Stichwort in der innenpolitischen Debatte Südafrikas.
Ja, diese Übergriffe gebe es immer noch, sagt der National Chairman, das habe nicht aufgehört. Seine Organisation versucht zu helfen, wo es geht – unterstützt somalische Halbwaisen, arbeitet mit der Polizei zusammen, hilft den Händlern bei Behördengängen. Aus eigenen Mitteln werden zwei Leute im Innenministerium finanziert, die bei der Bearbeitung der somalischen Anträge helfen und vermitteln.
Für Somalis ohne Identitätsdokumente ist es zum Beispiel schwierig, ein Bankkonto zu eröffnen; die Gangster wissen also, dass der Händler irgendwo im Laden sein Geld haben muss. Oft werden sie überfallen und solange gefoltert, bis sie das Versteck preisgeben. Das SCOB hat jetzt erreicht, dass eine Bank relativ unbürokratisch hilft; innerhalb kurzer Zeit wurden bereits fast 600 Konten eröffnet – für die Händler eine große Hilfe. Und für die Bank sicher kein schlechtes Geschäft.
Abdul Hakim erklärt uns das System: Da die Somalis zusammenarbeiten, können sie günstige Preise anbieten. Sie schlafen im Township-Laden, sparen soviel Geld wie möglich. Wenn die Ersparnisse reichen, ziehen sie in eine sicherere Gegend und holen aus Somalia einen Verwandten, der den Laden übernimmt. Der weiß noch nicht, dass ein Ladeninhaber ein großes Risiko eingeht.
Wer das zynisch findet, weiß nicht, wie es in Somalia zugeht. „Ja, in Somalia lebt man ständig in Gefahr, erschossen zu werden – hier aber wird der neue Händler im Schnitt nur einmal in der Woche überfallen: Das ist für ihn das Paradies.“ Und wenn die Geschäfte laufen, wird der nächste Verwandte ins „Paradies“ geholt, und er selbst kann dann in Mayfair in der Kneipe sitzen und seinen süßen Tee trinken. Johannesburg kann man auch so sehen…
somalisouthafrica.co.za
Simbabwer in Südafrika (Teil 2)
Heute beschreibt die südafrikanische „Times“ in einer Reportage, wie Tausende Simbabwer vor den Büros der Innenbehörde Schlange stehen, um die notwendigen Papiere zu erhalten und nicht – wie angekündigt – Ende des Jahrs ausgewiesen zu werden. Ein bürokratischer Alptraum: Um sich in Südafrika registrieren zu lassen, benötigen sie einen simbabwischen Pass, den die meisten aber nicht haben.
Zunächst müssen sie daher 750 Rand Registrierungsgebühr bezahlen – die erste Warteschlange. Viele stellen sich schon abends an und schlafen auf dem Pflaster, weil der Andrang so groß ist. Dann muss dem Amt nachgewiesen werden, dass diese Summe auch wirklich einbezahlt worden ist – die zweite Schlange. Erst dann geben die Behörden ein Antragsformular aus, das ausgefüllt und wieder abgegeben werden muss – die dritte Schlange, für viele die dritte Nacht vor der Behörde. Wenn alles gut geht, erhält der Antragsteller dann die Nachricht, sein Pass sei fertig und darf abgeholt werden – die vierte Schlange.
Und wer Pech hat, erfährt nach der langen Warterei nur, dass seine Papiere nicht vollständig sind und er noch einmal kommen muss. „Man hat uns gesagt, wir bräuchten einen Brief von unserem Arbeitgeber und eine Kopie seines Ausweises“, sagt ein Simbabwer den „Times“-Reportern, „aber wenn du bei einer großen Firma arbeitest, ist das unmöglich.“
16.000 Anträge seien bis vor einer Woche abgegeben, hieß es – die Zahl der Simbabwer in Südafrika wird auf weit mehr als eine Million geschätzt. Es wird ein langer Alptraum werden.
Zunächst müssen sie daher 750 Rand Registrierungsgebühr bezahlen – die erste Warteschlange. Viele stellen sich schon abends an und schlafen auf dem Pflaster, weil der Andrang so groß ist. Dann muss dem Amt nachgewiesen werden, dass diese Summe auch wirklich einbezahlt worden ist – die zweite Schlange. Erst dann geben die Behörden ein Antragsformular aus, das ausgefüllt und wieder abgegeben werden muss – die dritte Schlange, für viele die dritte Nacht vor der Behörde. Wenn alles gut geht, erhält der Antragsteller dann die Nachricht, sein Pass sei fertig und darf abgeholt werden – die vierte Schlange.
Und wer Pech hat, erfährt nach der langen Warterei nur, dass seine Papiere nicht vollständig sind und er noch einmal kommen muss. „Man hat uns gesagt, wir bräuchten einen Brief von unserem Arbeitgeber und eine Kopie seines Ausweises“, sagt ein Simbabwer den „Times“-Reportern, „aber wenn du bei einer großen Firma arbeitest, ist das unmöglich.“
16.000 Anträge seien bis vor einer Woche abgegeben, hieß es – die Zahl der Simbabwer in Südafrika wird auf weit mehr als eine Million geschätzt. Es wird ein langer Alptraum werden.
Samstag, 9. Oktober 2010
The Local Grill, Jo'burg
Ein Braai – die Ameri-kaner reden da von Barbecue, wir vom Grillen – ist für den Südafri-kaner ein weit verbreitetes Wochenendvergnügen, aber offenbar besteht dort noch Schulungsbedarf: Gerade haben wir ein Restaurant entdeckt, dass nicht nur (vorzügliches) Essen, sondern u.a. auch „Grilling Courses“ anbietet. „The Local Grill“ in Johannesburg trägt schon in seinem Namen das, was er vor allem anbietet: viele Sorten gegrillte Steaks. Und ob „Sirloin“, „Rump“ oder „Fillet“ – jedes Steak ist in zwei Varianten zu haben: von Tieren, die nur mit Gras gefüttert wurden, oder von denen, die mit 'normaler' Kost groß geworden sind.
Wer zum ersten Mal das Restaurant besucht, darf sogar hinter die Kulissen schauen: Er wird in die Küche zu den Grillrosten geführt und schaut in den Kühlraum, in dem die verschiedenen Fleischstücke lagern – ein beeindruckender Vorrat. Und im Restaurant hängt eine Liste, auf der genau verzeichnet ist, wie viele Tage die verschiedenen Steaks jetzt schon abgehangen sind.
Als wir bestellt haben, gibt es noch eine Überraschung. Restaurant-Chef Llewy Mateza kommt mit einem sonoren „Guten Abend“ an unseren Tisch. Er hat gehört, dass wir aus Deutschland kommen – Llewy ist in Villingen-Schwenningen im Schwarzwald ein Jahr lang zur Schule gegangen und hat dort das deutsche Abitur gemacht. Obwohl das schon etwas her ist, spricht er immer noch ziemlich gut Deutsch und erzählt, dass er mit seinem Restaurant in Parktown Erfolg hat.
Als unser Essen kommt, verstehen wir, warum: Die Boerewors ist hervorragend gewürzt, die Steaks sind zart und zergehen auf der Zunge – so gut haben wir in Südafrika nur selten gegessen (und das will etwas heißen!!). Wir verkneifen uns, zum Abschied die Schirmmütze und das T-Shirt mit „Local Grill“-Aufdruck zu kaufen – die Gewürzmischung, mit der die Steaks eingerieben werden, die nehmen wir aber sehr gern mit.
Wer zum ersten Mal das Restaurant besucht, darf sogar hinter die Kulissen schauen: Er wird in die Küche zu den Grillrosten geführt und schaut in den Kühlraum, in dem die verschiedenen Fleischstücke lagern – ein beeindruckender Vorrat. Und im Restaurant hängt eine Liste, auf der genau verzeichnet ist, wie viele Tage die verschiedenen Steaks jetzt schon abgehangen sind.
Als wir bestellt haben, gibt es noch eine Überraschung. Restaurant-Chef Llewy Mateza kommt mit einem sonoren „Guten Abend“ an unseren Tisch. Er hat gehört, dass wir aus Deutschland kommen – Llewy ist in Villingen-Schwenningen im Schwarzwald ein Jahr lang zur Schule gegangen und hat dort das deutsche Abitur gemacht. Obwohl das schon etwas her ist, spricht er immer noch ziemlich gut Deutsch und erzählt, dass er mit seinem Restaurant in Parktown Erfolg hat.
Als unser Essen kommt, verstehen wir, warum: Die Boerewors ist hervorragend gewürzt, die Steaks sind zart und zergehen auf der Zunge – so gut haben wir in Südafrika nur selten gegessen (und das will etwas heißen!!). Wir verkneifen uns, zum Abschied die Schirmmütze und das T-Shirt mit „Local Grill“-Aufdruck zu kaufen – die Gewürzmischung, mit der die Steaks eingerieben werden, die nehmen wir aber sehr gern mit.
Constitutional Hill, Johannesburg
Wer den Film „Drum“ gesehen hat, wird sich an die Geschichte erinnern: Henry Khumalo, Starreporter des Magazins für Schwarze, lässt sich 1954 verhaften, um über die Situation in den Gefängnissen berichten zu können – und der Fotograf Bob Gusani macht Fotos von der entwürdigenden Untersuchung, die jeder Gefangene auf dem Hof des Gefängnisses nackt über sich ergehen lassen muss: Gusani konnte von einer Wohnung neben dem Gefängnis den Hof einsehen. „Mr. Drum goes to jail“ – die Reportage sorgte damals für großes Aufsehen.
Heute kann man das Gefängnis besichtigen, und das Fenster, von dem aus Gusani seine berühmten Fotos aufgenommen hat, sieht man auch.
Wer das Gefängnis sucht, muss in Johannesburg den Wegweisern „Constitutional Hill“ folgen: Nicht nur die Überreste des Gefängnisses sind hier ein Museum - heute hat hier das oberste Gericht Südafrikas seinen Sitz, und der Saal, in dem die höchsten Richter ihre Urteile verkünden, wurde mit Steinen des alten Gefängnisses erbaut.
Auch im Eingangsbereich des Gerichts erinnert eine Zellentür an die Geschichte Südafrikas. Für viele der Museumsbesucher – Schulkinder - ist Apartheid aber wirklich eine fremde Geschichte: Sie kennen die Apartheid, wenn überhaupt, nur aus Erzählungen ihrer Eltern; vielen bedeutet das Wort – so sagt die junge Frau an der Kasse auf eine entsprechende Frage – heute gar nichts mehr.
Dabei lernt man im Museum ziemlich konkret, wie durchorganisiert das Gefängnis war – von den drei Essenstöpfen (einer mit Fleisch für die weißen Gefangenen, einer ohne für die Schwarzen und eine Mischung für die Coloureds) über die Hackordnung in den großen Massenzellen, in denen die Gangs eine ausgefeilte Hierarchie durchsetzten, bis hin zu den Einzelzellen, in denen der Wille widerspenstiger Häftlinge gebrochen werden sollte. In Workshops haben viele ehemalige Häftlinge von „Number Four“, wie das Gefängnis hieß, ihre Erfahrungen aufgearbeitet und dokumentiert.
Die Führung endet im Obersten Gericht. Ein beeindruckender Ortstermin!
Heute kann man das Gefängnis besichtigen, und das Fenster, von dem aus Gusani seine berühmten Fotos aufgenommen hat, sieht man auch.
Wer das Gefängnis sucht, muss in Johannesburg den Wegweisern „Constitutional Hill“ folgen: Nicht nur die Überreste des Gefängnisses sind hier ein Museum - heute hat hier das oberste Gericht Südafrikas seinen Sitz, und der Saal, in dem die höchsten Richter ihre Urteile verkünden, wurde mit Steinen des alten Gefängnisses erbaut.
Auch im Eingangsbereich des Gerichts erinnert eine Zellentür an die Geschichte Südafrikas. Für viele der Museumsbesucher – Schulkinder - ist Apartheid aber wirklich eine fremde Geschichte: Sie kennen die Apartheid, wenn überhaupt, nur aus Erzählungen ihrer Eltern; vielen bedeutet das Wort – so sagt die junge Frau an der Kasse auf eine entsprechende Frage – heute gar nichts mehr.
Dabei lernt man im Museum ziemlich konkret, wie durchorganisiert das Gefängnis war – von den drei Essenstöpfen (einer mit Fleisch für die weißen Gefangenen, einer ohne für die Schwarzen und eine Mischung für die Coloureds) über die Hackordnung in den großen Massenzellen, in denen die Gangs eine ausgefeilte Hierarchie durchsetzten, bis hin zu den Einzelzellen, in denen der Wille widerspenstiger Häftlinge gebrochen werden sollte. In Workshops haben viele ehemalige Häftlinge von „Number Four“, wie das Gefängnis hieß, ihre Erfahrungen aufgearbeitet und dokumentiert.
Die Führung endet im Obersten Gericht. Ein beeindruckender Ortstermin!
Vergelegen
Es gibt sehr viele Weingüter am Kap, sehr viele schöne darunter - und es gibt Vergelegen. Wenn es jemals einen Wettbewerb um das schönste Weingut geben sollte: Vergelegen wäre ein heißer Favorit.
Bis 1685 reicht die stolze Geschichte des Gutes zurück, und schon im 17.Jahrhundert war es der Gouverneur der Kap-Provinz (Willem Adriaan van der Stel, nach dem Stellenbosch benannt ist), der dieses Gut bewirtschaftete. Als er 1706 wieder nach Holland beordert wurde, war der Grundstein für ein prächtiges Weingut gelegt.
Die wechselvolle Geschichte von Vergelegen kann im Internet nachgelesen werden. Seit 1987 ist der Anglo-American-Konzern stolzer Besitzer, der die Tradition hochhält. Regierungsgalas wurden hier gegeben, Nelson Mandela empfing Bill Clinton, aber auch der gemeine Tourist darf in den großen Gärten herumschlendern, die alten Bäume bestaunen und das Restaurant n genießen.
Auch wer nur kurz Zeit hat (wir hatten nur eine Stunde): Die zehn Rand Eintritt für den Park sind gut angelegt, die Preise im Restaurant sind moderat, und der Käsekuchen gehört zu den besten am Kap…
Bis 1685 reicht die stolze Geschichte des Gutes zurück, und schon im 17.Jahrhundert war es der Gouverneur der Kap-Provinz (Willem Adriaan van der Stel, nach dem Stellenbosch benannt ist), der dieses Gut bewirtschaftete. Als er 1706 wieder nach Holland beordert wurde, war der Grundstein für ein prächtiges Weingut gelegt.
Die wechselvolle Geschichte von Vergelegen kann im Internet nachgelesen werden. Seit 1987 ist der Anglo-American-Konzern stolzer Besitzer, der die Tradition hochhält. Regierungsgalas wurden hier gegeben, Nelson Mandela empfing Bill Clinton, aber auch der gemeine Tourist darf in den großen Gärten herumschlendern, die alten Bäume bestaunen und das Restaurant n genießen.
Auch wer nur kurz Zeit hat (wir hatten nur eine Stunde): Die zehn Rand Eintritt für den Park sind gut angelegt, die Preise im Restaurant sind moderat, und der Käsekuchen gehört zu den besten am Kap…
Freitag, 8. Oktober 2010
Mudlark River Front Lodge
Infanta – das liegt nach 60 Kilometern gravel road, die den Wagen ziemlich durchschütteln, direkt an der Küste des Indischen Ozeans, dort, wo der Breede River ins Meer fließt. Zwei Kilometer vor dem kleinen Ort biegen wir einen noch etwas abenteuerlicheren Feldweg links ab zur Mudlark River Front Lodge, wo uns Hillary und Tim erwarten. Direkt am Fluss haben sie mehrere Holzhütten gebaut, und für die Touristen bieten sie auch Bootsfahrten an, zum fischen. Hillary und Tim sind Experten – Hillary hat mehrere Preise gewonnen.
Tim erzählt, dass sein Vater das Grundstück am Fluss gekauft hat und sie an Wochenenden oft hierher gefahren sind. „30 Grundstücke mussten wir überqueren, bis wir hier waren“, erzählt er. 30mal anhalten, aussteigen, das Tor im Zaun öffnen, durchfahren, anhalten, aussteigen, das Tor wieder zumachen – „Wir haben dann aus Kapstadt Studenten angeheuert, der den Job machte – und dafür haben sie dann ein kostenloses Wochenende am Fluss spendiert bekommen“, grinst Tim.
Mittlerweile ist die gravel road eine öffentliche Straße, und Infanta hat vor einigen Jahren auch Strom bekommen. Den Feldweg zu ihrem Grundstück müssen die Anwohner aber selbst unterhalten, und der nächste Laden ist weit: Wenn sich Gäste anmelden, geht es ins 80 Kilometer entfernte Swellendam zum Einkaufen, denn abends wird in der Mudlark River Front Lodge ein Dinner angeboten. Das nächste Restaurant ist schließlich rund 30 Kilometer entfernt.
Vom kleinen Deck vor der Holzhütte aus überblickt man den Fluss und kann den Sonnenuntergang beobachten. Nachts prasselt der Regen aufs Dach, am nächsten Morgen ist wieder gutes Wetter. Leider müssen wir wieder weiter…aber man kann ja wiederkommen…
Tim erzählt, dass sein Vater das Grundstück am Fluss gekauft hat und sie an Wochenenden oft hierher gefahren sind. „30 Grundstücke mussten wir überqueren, bis wir hier waren“, erzählt er. 30mal anhalten, aussteigen, das Tor im Zaun öffnen, durchfahren, anhalten, aussteigen, das Tor wieder zumachen – „Wir haben dann aus Kapstadt Studenten angeheuert, der den Job machte – und dafür haben sie dann ein kostenloses Wochenende am Fluss spendiert bekommen“, grinst Tim.
Mittlerweile ist die gravel road eine öffentliche Straße, und Infanta hat vor einigen Jahren auch Strom bekommen. Den Feldweg zu ihrem Grundstück müssen die Anwohner aber selbst unterhalten, und der nächste Laden ist weit: Wenn sich Gäste anmelden, geht es ins 80 Kilometer entfernte Swellendam zum Einkaufen, denn abends wird in der Mudlark River Front Lodge ein Dinner angeboten. Das nächste Restaurant ist schließlich rund 30 Kilometer entfernt.
Vom kleinen Deck vor der Holzhütte aus überblickt man den Fluss und kann den Sonnenuntergang beobachten. Nachts prasselt der Regen aufs Dach, am nächsten Morgen ist wieder gutes Wetter. Leider müssen wir wieder weiter…aber man kann ja wiederkommen…
Montag, 4. Oktober 2010
Begegnungen
- Tourismusbüro, Swellendam
Früher sei sie ganz schüchtern gewesen, erzählt die junge Coloured-Frau, aber der Job habe ihr Selbstvertrauen gegeben, und jetzt rede sie munter drauflos. Und so ist es. 25 Kilometer von Swellendam entfernt wohnt sie in einem kleinen Ort, und da soll auch so bleiben, sagt sie: Eine Großstadt wie Kapstadt sei nichts für sie, da müsse man immer aufpassen; in ihrem Ort müsse man die Haustür nicht abschließen, da kenne jeder jeden, und alle wohnten zusammen, nicht so getrennt nach Hautfarben wie in Swellendam, der drittältesten weißen Siedlung in Südafrika. Arbeitsplätze gibt es hier nicht so viele: Nein, viele aus dieser Gegend würden in Kapstadt arbeiten, dann aber auch dort leben, sagt die Frau im Tourismusbüro: „Die kommen dann nur alle zwei, drei Monate kurz nach Hause.“ Sie kommt jeden Tag mit dem Minibus-Taxi nach Swellendam zu ihrer Arbeitsstelle; 300 Rand kostet die Monatskarte, 15 Rand für eine Fahrt hin und zurück - das sei fair, findet sie.
- Kellnerin in Swellendam
„Oh, das ist ja nett!“, giggelte die Kellnerin in Swellendam, als sie unsere vier Bestellungen entgegennahm: Die Männer hatten denselben Geschmack, die beiden Frauen auch, nur einen anderen. Wir versicherten ihr, dass wir nur ihr Leben einfacher machen wollten. „Und das des Küchenchefs“, lachte sie und verschwand. Und als wir einen Nachtisch mit vier Löffeln bestellten, war das Gelächter noch größer. Als sie ihn servierte, hatte sie sich wirklich ernsthafte Gedanken darüber gemacht, wie der Malva-Pudding am besten gerecht in vier Teile aufgespalten werden konnte, und gab uns ausführliche Anweisungen.
Sie war Südafrikanerin und kam aus dem Free State. Zusammen mit ihrer Schwester war sie in Swellendam gelandet und glücklich, diesen Job ergattert zu haben. „Und wann sehen wir uns wieder – morgen abend?“, fragte sie, als sie die Rechnung brachte. Die ehrliche Antwort, wir seien morgen Abend schon wieder ganz woanders, wollte sie nicht akzeptieren und schüttelte ernst den Kopf: Das gehe nicht. Wir müssten doch wiederkommen!
So charmante Kellnerinnen sind auch ein guter Grund dafür!
- Der Diskjockey
Überall trifft man Deutsche, auch in vielen Guest-Häusern. Auch der junge Mann, der in Kapstadt abends seinen Laptop bearbeitete, sprach uns plötzlich auf Deutsch an. Es stellte sich schnell heraus, dass der Wiener als Diskjockey nach Südafrika gekommen war und am Computer seine Programme zusammenstellte. In Kapstadt hatte er schon gearbeitet, auch in Durban, und gerade war er aus Johannesburg zurückgekommen. DJ’s werden offenbar überall gebraucht. Südafrika sei toll, meinte er, aber in Johannesburg habe er sich nicht so richtig wohl gefühlt. Eigentlich sei er froh, da wieder heraus zu sein: Man müsse ständig aufpassen und sei immer nur in geschlossenen Autos unterwegs. Kein Wunder: Disk-Jockeys arbeiten ja vorzugsweise nachts…
- Die Journalistin
Beim Frühstück hatten wir mit dem südafrikanischen Ehepaar kurz unsere Tagespläne ausgetauscht, aber doch schon ein Bild hinterlassen: Am nächsten Morgen, beim zweiten, etwas intensiveren Gespräch sagte Ina, sie habe gleich vermutet, dass wir etwas mit Uni und Frauenpolitik zu tun hätten. Journalistin? Ah ja, das sei sie übrigens auch.
Das ausführliche Frühstück lohnte sich an diesem Morgen doppelt. Ina erzählte viele interessante Geschichten noch aus Apartheid-Zeiten – Geschichten von Einschränkung der Berichterstattung und von Zensur und davon, wie sie umgangen wurde. „Wir wussten einiges“, sagte Ina, „aber vieles durften wir nicht schreiben.“ Damit die Wahrheit wenigstens im Ausland bekannt wurde, wurden Informationen über die Grenze geschmuggelt - auch von der Journalistin Ina.
Haften geblieben ist die Geschichte mit dem Zopf: Als Weiße konnte Ina leicht reisen, wurde aber immer genau kontrolliert. Dass im Haarzopf aber oft ein kleiner Mikrofilm versteckt war, mit dem Informationen für den ANC geschmuggelt wurden, haben die Zöllner nicht geahnt…
- Zitronen-Farm, Clanwilliam
Mit Sack und Pack sind sie vor einem Jahrzehnt als Großfamilie aus Belgien ausgewandert, haben sich in Südafrika eine Farm gekauft und damit einen Lebenstraum erfüllt. Heute handeln sie immer noch mit Zitronen und haben manches Lehrgeld bezahlt, aber Esther ist sicher: „Nein, wir gehen nicht zurück!“ Um die Ernte müssen sie sich heute nicht mehr selbst kümmern: sie ist „outgesourct“, weil die Farm zu wenig abwarf und die hohen Lohnkosten für die Saisonarbeiter während der Erntezeit nicht vorgestreckt werden konnten, da die Händler die gelieferten Zitronen erst Monate später bezahlen. Jetzt besorgt dieses Geschäft eine große Firma. Farmen macht nicht unbedingt reich und ist harte Arbeit.
- Roiboos-Farm
Vor achteinhalb Jahren sind sie als Rentner nach Clanwilliam gekommen. Allerdings kannten Annette und Chris die Gegend gut: Annettes Eltern betrieben hier eine Roiboos-Farm. Die Rentner haben mittlerweile ein eigenes Geschäft: Sie sind ins Tourismusgeschäft eingestiegen. Chris ist ein sehr kundiger botanischer Führer durch die unheimlich reiche Pflanzenwelt der Zedernberge, Annette managt den Laden mit Roiboos-Produkten. „Das hier ist das Paradies“, sagen sie von ihrem Farmhaus, in dem sie auch zwei kleine Gästezimmer vermieten. Die Ruhe, die saubere Luft, der gesunde Roiboos – mit der Stadt wollen sie nicht mehr tauschen. Und abschließen muss man die Haustür auch nicht.
Früher sei sie ganz schüchtern gewesen, erzählt die junge Coloured-Frau, aber der Job habe ihr Selbstvertrauen gegeben, und jetzt rede sie munter drauflos. Und so ist es. 25 Kilometer von Swellendam entfernt wohnt sie in einem kleinen Ort, und da soll auch so bleiben, sagt sie: Eine Großstadt wie Kapstadt sei nichts für sie, da müsse man immer aufpassen; in ihrem Ort müsse man die Haustür nicht abschließen, da kenne jeder jeden, und alle wohnten zusammen, nicht so getrennt nach Hautfarben wie in Swellendam, der drittältesten weißen Siedlung in Südafrika. Arbeitsplätze gibt es hier nicht so viele: Nein, viele aus dieser Gegend würden in Kapstadt arbeiten, dann aber auch dort leben, sagt die Frau im Tourismusbüro: „Die kommen dann nur alle zwei, drei Monate kurz nach Hause.“ Sie kommt jeden Tag mit dem Minibus-Taxi nach Swellendam zu ihrer Arbeitsstelle; 300 Rand kostet die Monatskarte, 15 Rand für eine Fahrt hin und zurück - das sei fair, findet sie.
- Kellnerin in Swellendam
„Oh, das ist ja nett!“, giggelte die Kellnerin in Swellendam, als sie unsere vier Bestellungen entgegennahm: Die Männer hatten denselben Geschmack, die beiden Frauen auch, nur einen anderen. Wir versicherten ihr, dass wir nur ihr Leben einfacher machen wollten. „Und das des Küchenchefs“, lachte sie und verschwand. Und als wir einen Nachtisch mit vier Löffeln bestellten, war das Gelächter noch größer. Als sie ihn servierte, hatte sie sich wirklich ernsthafte Gedanken darüber gemacht, wie der Malva-Pudding am besten gerecht in vier Teile aufgespalten werden konnte, und gab uns ausführliche Anweisungen.
Sie war Südafrikanerin und kam aus dem Free State. Zusammen mit ihrer Schwester war sie in Swellendam gelandet und glücklich, diesen Job ergattert zu haben. „Und wann sehen wir uns wieder – morgen abend?“, fragte sie, als sie die Rechnung brachte. Die ehrliche Antwort, wir seien morgen Abend schon wieder ganz woanders, wollte sie nicht akzeptieren und schüttelte ernst den Kopf: Das gehe nicht. Wir müssten doch wiederkommen!
So charmante Kellnerinnen sind auch ein guter Grund dafür!
- Der Diskjockey
Überall trifft man Deutsche, auch in vielen Guest-Häusern. Auch der junge Mann, der in Kapstadt abends seinen Laptop bearbeitete, sprach uns plötzlich auf Deutsch an. Es stellte sich schnell heraus, dass der Wiener als Diskjockey nach Südafrika gekommen war und am Computer seine Programme zusammenstellte. In Kapstadt hatte er schon gearbeitet, auch in Durban, und gerade war er aus Johannesburg zurückgekommen. DJ’s werden offenbar überall gebraucht. Südafrika sei toll, meinte er, aber in Johannesburg habe er sich nicht so richtig wohl gefühlt. Eigentlich sei er froh, da wieder heraus zu sein: Man müsse ständig aufpassen und sei immer nur in geschlossenen Autos unterwegs. Kein Wunder: Disk-Jockeys arbeiten ja vorzugsweise nachts…
- Die Journalistin
Beim Frühstück hatten wir mit dem südafrikanischen Ehepaar kurz unsere Tagespläne ausgetauscht, aber doch schon ein Bild hinterlassen: Am nächsten Morgen, beim zweiten, etwas intensiveren Gespräch sagte Ina, sie habe gleich vermutet, dass wir etwas mit Uni und Frauenpolitik zu tun hätten. Journalistin? Ah ja, das sei sie übrigens auch.
Das ausführliche Frühstück lohnte sich an diesem Morgen doppelt. Ina erzählte viele interessante Geschichten noch aus Apartheid-Zeiten – Geschichten von Einschränkung der Berichterstattung und von Zensur und davon, wie sie umgangen wurde. „Wir wussten einiges“, sagte Ina, „aber vieles durften wir nicht schreiben.“ Damit die Wahrheit wenigstens im Ausland bekannt wurde, wurden Informationen über die Grenze geschmuggelt - auch von der Journalistin Ina.
Haften geblieben ist die Geschichte mit dem Zopf: Als Weiße konnte Ina leicht reisen, wurde aber immer genau kontrolliert. Dass im Haarzopf aber oft ein kleiner Mikrofilm versteckt war, mit dem Informationen für den ANC geschmuggelt wurden, haben die Zöllner nicht geahnt…
- Zitronen-Farm, Clanwilliam
Mit Sack und Pack sind sie vor einem Jahrzehnt als Großfamilie aus Belgien ausgewandert, haben sich in Südafrika eine Farm gekauft und damit einen Lebenstraum erfüllt. Heute handeln sie immer noch mit Zitronen und haben manches Lehrgeld bezahlt, aber Esther ist sicher: „Nein, wir gehen nicht zurück!“ Um die Ernte müssen sie sich heute nicht mehr selbst kümmern: sie ist „outgesourct“, weil die Farm zu wenig abwarf und die hohen Lohnkosten für die Saisonarbeiter während der Erntezeit nicht vorgestreckt werden konnten, da die Händler die gelieferten Zitronen erst Monate später bezahlen. Jetzt besorgt dieses Geschäft eine große Firma. Farmen macht nicht unbedingt reich und ist harte Arbeit.
- Roiboos-Farm
Vor achteinhalb Jahren sind sie als Rentner nach Clanwilliam gekommen. Allerdings kannten Annette und Chris die Gegend gut: Annettes Eltern betrieben hier eine Roiboos-Farm. Die Rentner haben mittlerweile ein eigenes Geschäft: Sie sind ins Tourismusgeschäft eingestiegen. Chris ist ein sehr kundiger botanischer Führer durch die unheimlich reiche Pflanzenwelt der Zedernberge, Annette managt den Laden mit Roiboos-Produkten. „Das hier ist das Paradies“, sagen sie von ihrem Farmhaus, in dem sie auch zwei kleine Gästezimmer vermieten. Die Ruhe, die saubere Luft, der gesunde Roiboos – mit der Stadt wollen sie nicht mehr tauschen. Und abschließen muss man die Haustür auch nicht.
Freitag, 1. Oktober 2010
Tankstellen
Tankstellen sind in Südafrika lebenswichtig, und sie sind auf dem Lande nicht gerade zahlreich. Bei Überlandfahrten lohnt es sich, rechtzeitig zu tanken – und die Tankstellen an den Nationalstraßen sind meistens sehr gut ausgestattet: One-Stop mit allen Schikanen – neben Benzin auch meist kleine Läden, oft ein Restaurant.
Über Land können allerdings hunderte Kilometer vergehen, und es ist keine Tankstelle in Sicht. Viele kleine Dörfer kommen ohne sie aus, und an den gravel roads gibt es sie höchst selten. Als ich in Swellendam zu tanken vergessen hatte und wir auf der Schotterpiste in Richtung Küste unterwegs waren, fragte Helga plötzlich: „Haben wir eigentlich noch Benzin?“ Wir hatten – aber nicht mehr viel. Deshalb machten wir uns, am Indischen Ozean angekommen, gleich wieder auf den Rückweg: In Malgas, 35 Kilometer entfernt, gebe es eine Tankstelle, hatten uns Einheimische versichert.
Als beim Leihwagen die Lampe für den Reservetank aufleuchtete, wurde ich doch etwas nervös. Aber wir schafften es noch bis Malgas – nur der erste Befragte dort wusste von keiner Tankstelle; nein, die nächste sei in Bredasdorp, etwa 90 Kilometer entfernt. Das hätten wir nicht mehr gepackt. Er war aber so nett, auf Afrikaans weiter herumzufragen.
Zwei Frauen korrigierten den Mann und wiesen uns die Richtung, in der wir dann, etwas versteckt und ohne Hinweisschild, zwei einsame Zapfsäulen fanden. Service von 7.30 Uhr bis 18.30 Uhr, versprach ein Schild. Die Benzin-Zapfsäule war allerdings abgeschlossen und kein Mensch zu sehen.
Im gegenüberliegenden Hotel hieß es: „They are coming“ – und sie kamen. Ja, sie hätten schon ziemlich viele Kunden pro Tag, meinten sie, aber die meisten holten hier den Diesel für ihre Schiffe (Malgas liegt am Breede-Fluß, hier liegen viele - auch größere – Boote).
Tankwarte gibt es an jeder Tankstelle, Selbstbedienung ist hier verpönt. Das sichert viele Arbeitsplätze, und der Service ist gut: Immer wird gefragt, ob Öl- und Wasserstand kontrolliert werden soll; die Scheiben werden mit Hingabe und viel Wassereinsatz geputzt. Nur in Malgas blieben die Scheiben dreckig – aber die Tankstelle gibt ja auch vor allem Diesel aus, für die Boote.
Über Land können allerdings hunderte Kilometer vergehen, und es ist keine Tankstelle in Sicht. Viele kleine Dörfer kommen ohne sie aus, und an den gravel roads gibt es sie höchst selten. Als ich in Swellendam zu tanken vergessen hatte und wir auf der Schotterpiste in Richtung Küste unterwegs waren, fragte Helga plötzlich: „Haben wir eigentlich noch Benzin?“ Wir hatten – aber nicht mehr viel. Deshalb machten wir uns, am Indischen Ozean angekommen, gleich wieder auf den Rückweg: In Malgas, 35 Kilometer entfernt, gebe es eine Tankstelle, hatten uns Einheimische versichert.
Als beim Leihwagen die Lampe für den Reservetank aufleuchtete, wurde ich doch etwas nervös. Aber wir schafften es noch bis Malgas – nur der erste Befragte dort wusste von keiner Tankstelle; nein, die nächste sei in Bredasdorp, etwa 90 Kilometer entfernt. Das hätten wir nicht mehr gepackt. Er war aber so nett, auf Afrikaans weiter herumzufragen.
Zwei Frauen korrigierten den Mann und wiesen uns die Richtung, in der wir dann, etwas versteckt und ohne Hinweisschild, zwei einsame Zapfsäulen fanden. Service von 7.30 Uhr bis 18.30 Uhr, versprach ein Schild. Die Benzin-Zapfsäule war allerdings abgeschlossen und kein Mensch zu sehen.
Im gegenüberliegenden Hotel hieß es: „They are coming“ – und sie kamen. Ja, sie hätten schon ziemlich viele Kunden pro Tag, meinten sie, aber die meisten holten hier den Diesel für ihre Schiffe (Malgas liegt am Breede-Fluß, hier liegen viele - auch größere – Boote).
Tankwarte gibt es an jeder Tankstelle, Selbstbedienung ist hier verpönt. Das sichert viele Arbeitsplätze, und der Service ist gut: Immer wird gefragt, ob Öl- und Wasserstand kontrolliert werden soll; die Scheiben werden mit Hingabe und viel Wassereinsatz geputzt. Nur in Malgas blieben die Scheiben dreckig – aber die Tankstelle gibt ja auch vor allem Diesel aus, für die Boote.
Simbabwer in Südafrika
Wie viele Simbabwer in Südafrika leben, weiß niemand. Deswegen existieren die wildesten Schätzungen - sie reichen bis hin zu zwei Millionen. Sicher ist: viele Frauen und Männer aus Südafrika haben hier Zuflucht und ein Auskommen gesucht, als sich die Situation in ihrem Land immer weiter verschlechterte. Es ist ein von der seit 1980 herrschenden Partei ZANU-PF inszenierter Niedergang.
Muff Andersson, die im simbabweschen Exil für den ANC gearbeitet hat, hatte uns auf der Buchmesse erzählt, was für ein landschaftlich blühendes Land das damals war. Der britische Diplomat Philip Barclay schreibt in seinem gerade veröffentlichen Simbabwe-Buch ("Zimbabwe - Years of Hope and Despair"), dass das ländliche Simbabwe noch 1998 die produktivste Landwirtschaft in ganz Afrika und möglicherweise der Welt hatte.
Man trifft in Südafrika jedenfalls viele Simbabwer - hier auf der Kloof Street den stets liebenswürdigen Innok, der aus Draht und Perlen Elefanten, Schüsseln, Schlüsselanhänger und vieles andere fertigt; Kellner in den Restaurants erzählen freimütig, wie viele andere Simbabwer in den benachbarten Etablissements tätig sind, darunter Lehrer und andere gut ausgebildete Menschen. Der simbabwesche Taxifahrer lacht, wenn er auf Mugabes Ausfälle angesprochen wird, nach der die Briten Schuld haben, wenn es in Simbabwe Cholera-Fälle gibt.
Ein Ort mit vielen Simbabwern ist De Doorns, 140 km östlich von Kapstadt an der Nationalstraße 1 gelegen. Allein beim Durchfahren meint man etwas von der Spannung zu spüren. Zu viele Häuschen und vor allen Dingen zu viele „shacks“, selbst gebaute Buden.
In die Kleinstadt im Zentrum der Obstindustrie sind in den neunziger Jahren viele Menschen zugewandert, aus dem Free State und aus Lesotho. Hinzu kamen später von den Farmern von ihrem Land verwiesene Arbeiter. Zu dieser wachsenden, aber arm gebliebenen Gruppe stießen dann nach 2002 noch Simbabwer. Die Farmer schätzen sie als Arbeiter, sagen, dass sie zuverlässig, umsichtig, höflich und ehrlich sind. Die Simbabwer blicken auf die weniger gewandten Südafrikaner herab und reden ganz ähnlich über die farbigen und schwarzen Mitbewerber wie die weißen Farmer: Sie tränken zu viel, lebten lieber von Sozialhilfe als von Arbeit, sparten nicht, und manche würden auch stehlen.
Eine explosive Mischung also - und dazwischen noch südafrikanische und simbabwesche Arbeitsvermittler, nur saisonale Beschäftigung und allenfalls schleppende „service delivery“ (Häuser, Wasser, Strom) durch die Behörden.
Am 17. November 2009 war es dann soweit: den Simbabwern in den shacks wurde unmissverständlich klar gemacht, dass sie sofort zu verschwinden hätten. Einige kamen auf Farmen unter, andere fanden weiter weg Unterschlupf, aber eine große Zahl wurde in Zelten auf dem Sportplatz untergebracht.
Jetzt sollen die Zelte geräumt und die verschreckten Bewohner „reintegriert“ werden.
Doch die Probleme sind noch die alten. Südafrika hat dieser Tage angekündigt, ab Ende des Jahres wieder Simbabwer zu deportieren, die ohne gültige Papiere aufgegriffen werden. Zur Begründung verwies die Regierung u.a. auf die von ihr erzwungene Zwangskoalition in Harare und die angeblich verbesserten Zustände im Land. Dem kann die simbabwesche Regierung natürlich nicht so recht widersprechen, aber Finanzminister Tendai Biti konnte es sich nicht verkneifen, die Südafrikaner als undankbar zu schelten, hätte man ihren Kampf gegen Apartheid doch über viele Jahre unterstützt.
Doch wie sollen die vielen Flüchtlinge und Migranten zu Pässen kommen? Die kosteten bisher 140 US-Dollar, waren also fast unerschwinglich. Jetzt ist der Preis auf 50 US-Dollar gesenkt worden, es sollen Ausgabestellen eingerichtet werden.
Die simbabwesche Regierung unter Robert Mugabe hat die Abstimmung mit den Füssen nicht gestört. Philip Barclay zitiert den Mugabe-Minister Didymus Mutasa mit den Worten: „Mit nur sechs Millionen Leuten würde es uns besser gehen, wenn da die sind, die den Befreiungskampf unterstützt haben.“ Da die im Ausland lebenden Simbabwer kein Wahlrecht haben, hat der Exodus auch geholfen, Mugabe an der Macht zu bleiben.
Die Simbabwer kehren in eine ungewisse Zukunft zurück. Die Koalition ist wackelig, die in Aussicht genommene Wahl (die das Movement for Democratic Change von Morgan Tsvangirai wahrscheinlich gewinnen würde) könnte zu neuer Gewalt führen, und manche der nun an der Macht beteiligten MDC-Funktionäre erweisen sich ebenfalls als korruptionsanfällig bzw. bewilligen sich exorbitante Gehälter; von bis zu 15.000 US-Dollar im Monat schreibt der „Mail & Guardian“. Philip Barclay, der der den Kampf des MDC mit so viel Sympathie beschrieben hat, resümiert am Ende seines Buches über die Perspektiven der Einheitsregierung: „Das Land wird in manchen Gebieten wahrscheinlich langsame und bescheidene Reformschritte gehen, aber die Regierungsbeteiligung zieht den MDC auf das Niveau der ZANU-PF herab.“
Muff Andersson, die im simbabweschen Exil für den ANC gearbeitet hat, hatte uns auf der Buchmesse erzählt, was für ein landschaftlich blühendes Land das damals war. Der britische Diplomat Philip Barclay schreibt in seinem gerade veröffentlichen Simbabwe-Buch ("Zimbabwe - Years of Hope and Despair"), dass das ländliche Simbabwe noch 1998 die produktivste Landwirtschaft in ganz Afrika und möglicherweise der Welt hatte.
Man trifft in Südafrika jedenfalls viele Simbabwer - hier auf der Kloof Street den stets liebenswürdigen Innok, der aus Draht und Perlen Elefanten, Schüsseln, Schlüsselanhänger und vieles andere fertigt; Kellner in den Restaurants erzählen freimütig, wie viele andere Simbabwer in den benachbarten Etablissements tätig sind, darunter Lehrer und andere gut ausgebildete Menschen. Der simbabwesche Taxifahrer lacht, wenn er auf Mugabes Ausfälle angesprochen wird, nach der die Briten Schuld haben, wenn es in Simbabwe Cholera-Fälle gibt.
Ein Ort mit vielen Simbabwern ist De Doorns, 140 km östlich von Kapstadt an der Nationalstraße 1 gelegen. Allein beim Durchfahren meint man etwas von der Spannung zu spüren. Zu viele Häuschen und vor allen Dingen zu viele „shacks“, selbst gebaute Buden.
In die Kleinstadt im Zentrum der Obstindustrie sind in den neunziger Jahren viele Menschen zugewandert, aus dem Free State und aus Lesotho. Hinzu kamen später von den Farmern von ihrem Land verwiesene Arbeiter. Zu dieser wachsenden, aber arm gebliebenen Gruppe stießen dann nach 2002 noch Simbabwer. Die Farmer schätzen sie als Arbeiter, sagen, dass sie zuverlässig, umsichtig, höflich und ehrlich sind. Die Simbabwer blicken auf die weniger gewandten Südafrikaner herab und reden ganz ähnlich über die farbigen und schwarzen Mitbewerber wie die weißen Farmer: Sie tränken zu viel, lebten lieber von Sozialhilfe als von Arbeit, sparten nicht, und manche würden auch stehlen.
Eine explosive Mischung also - und dazwischen noch südafrikanische und simbabwesche Arbeitsvermittler, nur saisonale Beschäftigung und allenfalls schleppende „service delivery“ (Häuser, Wasser, Strom) durch die Behörden.
Am 17. November 2009 war es dann soweit: den Simbabwern in den shacks wurde unmissverständlich klar gemacht, dass sie sofort zu verschwinden hätten. Einige kamen auf Farmen unter, andere fanden weiter weg Unterschlupf, aber eine große Zahl wurde in Zelten auf dem Sportplatz untergebracht.
Jetzt sollen die Zelte geräumt und die verschreckten Bewohner „reintegriert“ werden.
Doch die Probleme sind noch die alten. Südafrika hat dieser Tage angekündigt, ab Ende des Jahres wieder Simbabwer zu deportieren, die ohne gültige Papiere aufgegriffen werden. Zur Begründung verwies die Regierung u.a. auf die von ihr erzwungene Zwangskoalition in Harare und die angeblich verbesserten Zustände im Land. Dem kann die simbabwesche Regierung natürlich nicht so recht widersprechen, aber Finanzminister Tendai Biti konnte es sich nicht verkneifen, die Südafrikaner als undankbar zu schelten, hätte man ihren Kampf gegen Apartheid doch über viele Jahre unterstützt.
Doch wie sollen die vielen Flüchtlinge und Migranten zu Pässen kommen? Die kosteten bisher 140 US-Dollar, waren also fast unerschwinglich. Jetzt ist der Preis auf 50 US-Dollar gesenkt worden, es sollen Ausgabestellen eingerichtet werden.
Die simbabwesche Regierung unter Robert Mugabe hat die Abstimmung mit den Füssen nicht gestört. Philip Barclay zitiert den Mugabe-Minister Didymus Mutasa mit den Worten: „Mit nur sechs Millionen Leuten würde es uns besser gehen, wenn da die sind, die den Befreiungskampf unterstützt haben.“ Da die im Ausland lebenden Simbabwer kein Wahlrecht haben, hat der Exodus auch geholfen, Mugabe an der Macht zu bleiben.
Die Simbabwer kehren in eine ungewisse Zukunft zurück. Die Koalition ist wackelig, die in Aussicht genommene Wahl (die das Movement for Democratic Change von Morgan Tsvangirai wahrscheinlich gewinnen würde) könnte zu neuer Gewalt führen, und manche der nun an der Macht beteiligten MDC-Funktionäre erweisen sich ebenfalls als korruptionsanfällig bzw. bewilligen sich exorbitante Gehälter; von bis zu 15.000 US-Dollar im Monat schreibt der „Mail & Guardian“. Philip Barclay, der der den Kampf des MDC mit so viel Sympathie beschrieben hat, resümiert am Ende seines Buches über die Perspektiven der Einheitsregierung: „Das Land wird in manchen Gebieten wahrscheinlich langsame und bescheidene Reformschritte gehen, aber die Regierungsbeteiligung zieht den MDC auf das Niveau der ZANU-PF herab.“
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