Südafrika ist stolz darauf, "world class" zu sein - eben vom Feinsten. Jetzt schickt sich das Land am Kap wieder an, an der Spitze des technologischen Fortschritts zu marschieren: Johannesburg hat gerade angekündigt, vom kommenden Jahr an als weltweit erste Stadt Alarmsysteme auf Friedhöfen zu erlauben.
36 städtische Friedhöfe hat Johannesburg, und obwohl dort schon jetzt Sicherheitspersonal unterwegs ist, werden im Durchschnitt jeden Monat 15 bis 20 Grabsteine aus Granit oder Marmor gestohlen, um sie bei betrügerischen Steinmetzen wieder zu Geld zu machen. Die regelmäßigen Patrouillen und gesicherte Zäune haben die Diebe nicht abschrecken können.
Diesem Frevel will die Stadt 2014 mit moderner Technik ein Ende setzen. "Memorial Alert" heißt das System der südafrikanischen Firma, die sich der Grabsteinsicherung als neues Geschäftsfeld verschrieben hat. In den Stein wird ein Chip eingesetzt, der schon auf kleinste Bewegungen reagiert und einen Sirenenalarm auslösen kann. Außerdem wird die Familie des Bestatteten mit einer SMS benachrichtigt, dass sich Unbefugte an ihrem Grabstein zu schaffen machen.
"Das ist wie bei der Sicherung ihres Autos", meint Alan Buff, der sich bei der Stadt Johannesburg um die Friedhöfe kümmert und den Deal eingefädelt hat. Wie teuer das Alarmsystem sein wird, ist allerdings noch unklar. "Es soll für möglichst viele erschwinglich bleiben", sagt "Memorial Alert"-Direktor Mark Pringle. Die Betriebskosten jedenfalls sind gering: "Memorial Alert"-Kunden müssen lediglich die Batterien des Grabsteins regelmäßig erneuern. Pringle hofft auf internationale Geschäfte: Friedhöf-Diebstähle seien ein weltweites Problem, meint er. Aber auch da scheint Südafrika "world class" zu sein.
Südafrika-Tagebuch aus einem Land, das gut zwei Jahrzehnte nach Ende der Apartheid noch immer vor schwierigen Problemen steht: Beobachtungen aus Kapstadt und umzu.
Mittwoch, 20. November 2013
Donnerstag, 8. August 2013
Verwoerd und Leon: Diplomaten-Bücher
Beim Literaturfestival in Franschhoek haben zwei frühere südafrikanische Botschafter von ihrer Tätigkeit im Dienst des Landes berichtet und anschließend ihre Bücher signiert: Melanie Verwoerd und Tony Leon.
Melanie Verwoerds Memoiren spielen im Titel auf die
Assoziationen an, die ihr Name hervorruft: „The Verwoerd who Toyi-Toyied“. Sie
hatte als junge Frau Wilhelm Verwoerd geheiratet, den Enkel des
Apartheid-Architekten Hendrik Verwoerd. Sie und ihr Mann schlossen sich dem toyi-toyienden (eine Art
Demonstrationstanz) ANC an. In der Familie kam das gar nicht gut an, ihr Name
verschaffte ihnen aber einen prominenten Platz im ANC. Melanie wurde 1994 als
jüngste Frau ins Parlament gewählt.
Wie Melanie Verwoerd ist auch Tony Leon kein
Karrierediplomat, sondern Politiker. Darauf nimmt der Titel seines Buches
Bezug: „The Accidental Ambassador“. Von 1999 bis 2007 war Leon
Oppositionsführer im Parlament und damit auch für die Fight Back-Wahlkampagne der Democratic Alliance verantwortlich.
Beim ANC wurde dieser Slogan als Schlachtruf gegen die eigene Politik der
Transformation verstanden; der scharfzüngige und arrogante Leon war
insbesondere für Präsident Thabo Mbeki ein rotes Tuch.
Verwoerd und Leon haben sich beide – und das ist durchaus
ungewöhnlich – selbst um einen Botschafterposten beworben. Melanie Verwoerd
wollte aus persönlichen Gründen etwas anderes machen und hat sich sogar getraut
und es geschafft, Thabo Mbeki persönlich die Zusage für den Botschafterposten
in Irland, ihrem Wunschziel, abzuringen. Vier Jahre (2001-2005) war sie dort
Repräsentantin ihres Landes.
Präsident Zuma hatte Tony Leon vorgeschlagen, nach
Beendigung seiner Tätigkeit im Parlament in der Menschenrechtskommission des
Landes mitzuarbeiten. Typisch Leon, verlangte er gleich den Vorsitz, was Zuma
nur vage in Aussicht stellen wollte. Und als er ihm dann einen
Botschafterposten versprach, erlaubte sich Leon nach seiner Zusage einen
Nachsatz: „Stellen Sie aber sicher, dass er an einem bedeutsamen Ort ist.“
Portugal war Leon offensichtlich zu unbedeutend, Argentinien
dagegen wichtig genug (Mitglied der G20) und fern von Posten, in denen er
vermutlich sehr schnell in Streit mit dem Außenministerium geraten wäre oder,
in den Worten von Leon, sich in grundlegenden Werten dem Gastland näher fühlen
würde, als seinen Vorgesetzten im diplomatischen Dienst. Von seinen drei Jahren
in Argentinien (2009 bis 2012) erzählt sein Buch. Anders als die Memoiren von
Melanie Verwoerd, die über ihr turbulentes Leben in Irland insgesamt erzählt,
beschränkt sich Leon auf seine Tätigkeit in Buenos Aires.
Leon schreibt unterhaltsam und ist in seiner Eitelkeit auch
freimütig mit Urteilen und Beurteilungen, sowohl über das Gastland als auch
über Personen und – gelegentlich – sein Heimatland. Das beginnt schon mit
seinem Schnellkurs in Diplomatie, den er u.a. zusammen mit dem ehemaligen
Minister Zola Skwewiya absolviert, der als Botschafter nach London entsandt werden
sollte. Für die „Culture of Performance“
mit ihren endlosen Formularen und Bewertungen hat der umtriebige Leon von
Anfang an außer Verachtung nichts übrig, mit einem britischen Diplomaten nennt
er das „Bullshit Bingo“.
Zu den wichtigen Aufgaben eines Botschafters gehört die
Organisation des „Polittourismus“ heimischer Delegationen. Tony Leon nimmt auch
da kein Blatt vor den Mund, wenn es um die Ernsthaftigkeit oder das komplette
Desinteresse der Besucher geht. Nur Tokyo Sexwale, der steinreiche Minister für
Wohnungswesen, nimmt seine Dienste nicht in Anspruch, weil er im eigenen
Flugzeug selbst alles mitbringt.
Spannend wird es da, wo Leon über die argentinische Politik
schreibt. „Vote for a Better Yesterday“ ist das Kapitel treffend überschrieben.
Die Kirchnersche Politik lebe u.a. davon, dass sie Feinde ausmache und
ausgrenze: „Einen Teil der argentinischen Gesellschaft gegen einen anderen oder
gegen schattenhafte äußere Feinde in Stellung zu bringen, war ein
Grundzug des Peronismus in Aktion, der von Juan und Evita
Peron, den Gründern der Bewegung, perfekt betrieben und mit Wahlerfolgen
belohnt wurde.“ (Seine eigene konfrontative Fight
Back-Kampagne beurteilt Tony Leon im Vergleich als mild und amateurhaft.)
„Hass als Hoffnung“ hat V.S. Naipaul diese argentinische
Spielart der Politik genannt. Beunruhigend für Leon und seine drei kurzzeitigen
journalistischen Gäste Mondli Makhanya, Peter Bruce und Tim du Plessis sind die
Parallelen zu ihrem eigenen Land. Du Plessis schreibt dazu anschließend in Beeld: „Die gegenwärtige Führung in
Argentinien ist genauso wie der ANC: inhärent korrupt, instinktiv Macht
missbrauchend, und sie zeigt kaum Respekt für demokratische Institutionen wie
Gerichte, Medien und die Zentralbank. …Und nichts ist jemals ihr Fehler. Sie
sind wahre Meister darin, anderen die Schuld zuzuweisen und sich selbst
herauszureden. Genau wie der ANC…“.
Wie der ANC, so die nächste Parallele, müsse sich auch
der Peronismus nicht wirklich vor Wahlen
fürchten. Und wie in Südafrika verliefen die Konflikte und Feindschaften
innerhalb der Allianz von Regierung und Gewerkschaften. Loyalität erkauft sich
die argentinische Regierung mit großzügigen Wahlgeschenken jenseits aller
ökonomischen Vernunft, wirtschaftliche und politische Entscheidungen sind in
der nächsten Umgebung der Präsidentin zentriert.
Am Ende kehrt Leon ein Jahr früher als geplant nach
Südafrika zurück, die Außenministerin Maite Nokoana-Mashabane entspricht seiner
Bitte umgehend und beantwortet damit auch seine wachsende Kritik an der
Außenpolitik, insbesondere dem Abstimmungsverhalten Südafrikas im
Sicherheitsrat der UN. Leons Urteil über die Politik trägt er scharf, aber
diplomatisch verpackt später an der University of the Witwatersrand vor: „Ich
denke, die Sache ist klar. Was auch
immer man über unsere Außenpolitik sagen kann - und es gibt tatsächlich einige
bedeutsame Verdienste -, das Versprechen, das Nelson Mandela 1993 abgegeben
hat, als er sagte, dass ‚die Menschenrechte das Licht sein werden, das unsere
Außenpolitik leiten wird’, ist nicht darunter.“
Auch Melanie Verwoerd, die einst für den ANC etwas
riskierte, begeistert für ihn warb und in ihrem Buch davon erzählt, schildert
den schleichenden Niedergang seiner moralischen Autorität und weiß ein Lied zu
singen, wie die Zentrale in Pretoria ihren Auslandsvertretern das Leben schwer
machen kann.
Tony Leon ist jetzt zurück im eigenen Land und wirbt wieder
für sich. Und natürlich gern auch für sein Buch. Melanie Verwoerd, die in
Irland die Liebe ihres Lebens fand und ihr Buch auch geschrieben hat, um die in
dem katholischen Land kontroverse Affäre mit dem prominenten Gerry Ryan ins
rechte Licht zu rücken, ist nach dessem plötzlichen Tod dort geblieben.
Dienstag, 21. Mai 2013
Weiße in Südafrika
Wie geht es eigentlich den Weißen in Südafrika? Das ist eine Frage, die selten gestellt wird, da die schwarze Bevölkerung verständlicherweise viel Sympathie genießt. Sie verdient aber doch Beachtung.
Die Erleichterung, die mit dem friedlichen Machtwechsel verbunden war, und der vorsichtige Optimismus nach der Wahl Mandelas zum Präsidenten sind jedenfalls verflogen. Gründlich. Die Weißen (und die übrigen Minderheiten der Coloureds und Inder) haben für die Regierung nichts mehr übrig, viele sind zynisch geworden und wählen, um wenigstens ein Zeichen zu setzen, die Oppositionspartei „Democratic Alliance“. Da die große Mehrheit der schwarzen weiterhin ANC wählt, sprechen Experten von einem ethnischen Zensus.
19 Jahre nach der Machtübernahme durch den ANC ist klar, dass hier eine afrikanisch-nationalistische Partei an der Macht ist, die sich des Staatsapparates bemächtigt hat und - sehr effizient - daran arbeitet, viel vom wirtschaftlichen Reichtum des Landes in ihre Taschen fließen zu lassen. Legal und illegal. Die Leistungen der Partei aber lassen vielerorts zu wünschen übrig, vor allem in den Provinzen und auf dem Land.
Die Weißen zahlen Steuern, aber sie bekommen vom Staat nicht das, was Staaten sonst einigermaßen gewährleisten: öffentliche Sicherheit und Schulen für ihre Kinder. Das Geld dafür müssen sie zusätzlich aufbringen. Es gibt in Südafrika mehr private Sicherheitsleute als Polizisten, und wer irgend kann, schickt seine Kinder auf Privatschulen.
Viele haben deshalb das Land verlassen - wie viele, weiß niemand genau. Manche Auswanderer aber kommen auch frustriert und heimwehkrank zurück, denn das Leben in Südafrika hat auch viel zu bieten. Jenseits von Politik, Kriminalität und Sorgen um die Zukunft ihrer Kinder geht es den meisten Weißen weiterhin ziemlich gut.
Darauf hat gerade wieder Frans Cronje vom renommierten South African Institute for Race Relations hingewiesen ("City Press" vom 19. Mai 2013). Zum einen ist der Bildungsstand enorm gewachsen. Heute machen fast alle weißen Kinder Abitur (matric), und 60 Prozent der 20- bis 24-jährigen sind in einer höheren Bildungsinstitution eingeschrieben. Und obwohl nichtweiße Kandidaten bei Positionen im öffentlichen Dienst und teilweise auch der Privatwirtschaft gezielt bevorzugt werden, ist die Arbeitslosigkeit in der weißen Bevölkerungsgruppe nur von 3 auf 5,7 Prozent gestiegen. Das ist zwar immer noch bitter, aber im internationalen Vergleich ziemlich gering und geradezu überraschend, wenn man bedenkt, dass 2012 in der schwarzen Bevölkerung 29 Prozent arbeitslos gewesen sind. Arbeitslos und arm bzw. verarmt sind vor allem Weiße mit sehr niedrigem Bildungsniveau, die früher durch Apartheid privilegiert wurden und jetzt schwarze Konkurrenten haben.
Das gute wirtschaftliche Abschneiden der weißen Bevölkerung in einem sie nicht länger begünstigenden, manchmal sogar benachteiligenden Umfeld lässt sich dadurch erklären, dass sich ihr Arbeitsfeld geändert hat. Waren 1994 noch viele im Staatsdienst beschäftigt, so sind sie heute ganz überwiegend selbständig, haben Unternehmen gegründet oder sind freiberuflich tätig.
Cronje interpretiert das als Befreiung: Die transition nach 1994 werde als Befreiung der Schwarzen in die Geschicht eingehen, es sei aber eine bedeutende Fußnote der Geschichte, dass auch Weiße befreit worden seien. Cronje sieht sie gleich dreifach befreit: von der Schuld und dem Pariah-Status, der mit ihrer Unterstützung bzw. Durchsetzung der Apartheid verbunden war, aus der Falle einer schwächelnden Wirtschaft, die ihr eigenes Fortkommen behinderte, und schließlich entlastet von der Erwartung, dass der Staat etwas für sie tun werde.
Man muss diese Bewertung nicht teilen, aber es ist deutlich sichtbar, dass ein Teil der weißen Bevölkerung sich in den vergangenen Jahren neu erfunden hat bzw. neu erfindet. Gab es Anfang der neunziger Jahre noch kaum einheimischen Käse, wird er nun an vielen Orten im Land hergestellt. Es werden Marmeladen gekocht, Chutneys gerührt, Olivenöle vermarktet, feine Schokoladen produziert. An vielen Orten gibt es Märkte mit allerlei Köstlichkeiten, es wird fast alles geboten, was zum Spektrum „gesunder Ernährung“ gehört. Designer entwickeln Klamotten und Möbel, junge Hochschulabsolventen eröffnen lustige Cafés, Frührentner machen kleine B& Bs auf oder bieten Kochkurse an.
Dass das alles funktioniert, hat zwei Gründe. Zum einen ist die weiße Minderheit groß genug, um diese Angebote auch zu nutzen: Auch wenn die Preise fast so hoch sind wie auf dem (feinen) Hamburger Isemarkt, sind die Märkte und food festivals immer gut besucht. Hinzu kommt die steigende Zahl von Touristen, die es genießen, solche Köstlichkeiten unter afrikanischer Sonne zu verzehren.
Die Lifestyle-Industrie blüht - das zeigt sich auch in den üppigen Hochzeiten, die von einschlägigen Agenturen lange vorbereitet werden. Sie werden auch von der neureichen schwarzen Elite gebucht, die sich gern in allem mit Prunk und Pracht inszeniert, wie ihn Europa über Jahrzehnte entwickelt hat.
Die Erleichterung, die mit dem friedlichen Machtwechsel verbunden war, und der vorsichtige Optimismus nach der Wahl Mandelas zum Präsidenten sind jedenfalls verflogen. Gründlich. Die Weißen (und die übrigen Minderheiten der Coloureds und Inder) haben für die Regierung nichts mehr übrig, viele sind zynisch geworden und wählen, um wenigstens ein Zeichen zu setzen, die Oppositionspartei „Democratic Alliance“. Da die große Mehrheit der schwarzen weiterhin ANC wählt, sprechen Experten von einem ethnischen Zensus.
19 Jahre nach der Machtübernahme durch den ANC ist klar, dass hier eine afrikanisch-nationalistische Partei an der Macht ist, die sich des Staatsapparates bemächtigt hat und - sehr effizient - daran arbeitet, viel vom wirtschaftlichen Reichtum des Landes in ihre Taschen fließen zu lassen. Legal und illegal. Die Leistungen der Partei aber lassen vielerorts zu wünschen übrig, vor allem in den Provinzen und auf dem Land.
Die Weißen zahlen Steuern, aber sie bekommen vom Staat nicht das, was Staaten sonst einigermaßen gewährleisten: öffentliche Sicherheit und Schulen für ihre Kinder. Das Geld dafür müssen sie zusätzlich aufbringen. Es gibt in Südafrika mehr private Sicherheitsleute als Polizisten, und wer irgend kann, schickt seine Kinder auf Privatschulen.
Viele haben deshalb das Land verlassen - wie viele, weiß niemand genau. Manche Auswanderer aber kommen auch frustriert und heimwehkrank zurück, denn das Leben in Südafrika hat auch viel zu bieten. Jenseits von Politik, Kriminalität und Sorgen um die Zukunft ihrer Kinder geht es den meisten Weißen weiterhin ziemlich gut.
Darauf hat gerade wieder Frans Cronje vom renommierten South African Institute for Race Relations hingewiesen ("City Press" vom 19. Mai 2013). Zum einen ist der Bildungsstand enorm gewachsen. Heute machen fast alle weißen Kinder Abitur (matric), und 60 Prozent der 20- bis 24-jährigen sind in einer höheren Bildungsinstitution eingeschrieben. Und obwohl nichtweiße Kandidaten bei Positionen im öffentlichen Dienst und teilweise auch der Privatwirtschaft gezielt bevorzugt werden, ist die Arbeitslosigkeit in der weißen Bevölkerungsgruppe nur von 3 auf 5,7 Prozent gestiegen. Das ist zwar immer noch bitter, aber im internationalen Vergleich ziemlich gering und geradezu überraschend, wenn man bedenkt, dass 2012 in der schwarzen Bevölkerung 29 Prozent arbeitslos gewesen sind. Arbeitslos und arm bzw. verarmt sind vor allem Weiße mit sehr niedrigem Bildungsniveau, die früher durch Apartheid privilegiert wurden und jetzt schwarze Konkurrenten haben.
Das gute wirtschaftliche Abschneiden der weißen Bevölkerung in einem sie nicht länger begünstigenden, manchmal sogar benachteiligenden Umfeld lässt sich dadurch erklären, dass sich ihr Arbeitsfeld geändert hat. Waren 1994 noch viele im Staatsdienst beschäftigt, so sind sie heute ganz überwiegend selbständig, haben Unternehmen gegründet oder sind freiberuflich tätig.
Cronje interpretiert das als Befreiung: Die transition nach 1994 werde als Befreiung der Schwarzen in die Geschicht eingehen, es sei aber eine bedeutende Fußnote der Geschichte, dass auch Weiße befreit worden seien. Cronje sieht sie gleich dreifach befreit: von der Schuld und dem Pariah-Status, der mit ihrer Unterstützung bzw. Durchsetzung der Apartheid verbunden war, aus der Falle einer schwächelnden Wirtschaft, die ihr eigenes Fortkommen behinderte, und schließlich entlastet von der Erwartung, dass der Staat etwas für sie tun werde.
Man muss diese Bewertung nicht teilen, aber es ist deutlich sichtbar, dass ein Teil der weißen Bevölkerung sich in den vergangenen Jahren neu erfunden hat bzw. neu erfindet. Gab es Anfang der neunziger Jahre noch kaum einheimischen Käse, wird er nun an vielen Orten im Land hergestellt. Es werden Marmeladen gekocht, Chutneys gerührt, Olivenöle vermarktet, feine Schokoladen produziert. An vielen Orten gibt es Märkte mit allerlei Köstlichkeiten, es wird fast alles geboten, was zum Spektrum „gesunder Ernährung“ gehört. Designer entwickeln Klamotten und Möbel, junge Hochschulabsolventen eröffnen lustige Cafés, Frührentner machen kleine B& Bs auf oder bieten Kochkurse an.
Dass das alles funktioniert, hat zwei Gründe. Zum einen ist die weiße Minderheit groß genug, um diese Angebote auch zu nutzen: Auch wenn die Preise fast so hoch sind wie auf dem (feinen) Hamburger Isemarkt, sind die Märkte und food festivals immer gut besucht. Hinzu kommt die steigende Zahl von Touristen, die es genießen, solche Köstlichkeiten unter afrikanischer Sonne zu verzehren.
Die Lifestyle-Industrie blüht - das zeigt sich auch in den üppigen Hochzeiten, die von einschlägigen Agenturen lange vorbereitet werden. Sie werden auch von der neureichen schwarzen Elite gebucht, die sich gern in allem mit Prunk und Pracht inszeniert, wie ihn Europa über Jahrzehnte entwickelt hat.
Montag, 20. Mai 2013
Auf den Spuren von Nelson Mandela
Ins Gefängnis hineinzukommen ist eigentlich ganz einfach. „Kommen Sie um halb vier Uhr wieder“, sagt Wärter Fisher mittags am Eingang, „dann kann ich Sie hineinbringen.“ Wir sind pünktlich, und dann ist wirklich alles ganz einfach.
Das Drakenstein Correctional Center im Dwars River Tal in der Nähe von Paarl ist ein riesiger Komplex – vier Gefängnisse für Männer vom Hochsicherheitstrakt bis zur Verwahranstalt für Häftlinge kurz vor der Entlassung mit jeweils zwei-, dreitausend Insassen, viel Farmland drum herum für Getreide, Gemüse, für Kühe und mit diversen Hühnerställen, denn die Anstalt versorgt sich nicht nur selbst, sondern beliefert Gefängnisse im ganzen Land mit Nahrungsmitteln. Auch die Anstaltskleidung wird selbst gefertigt.
Neben den Gefängnisgebäuden stehen Wohnhäuser. Viele der 800 Wärter leben noch auf dem Gelände, heute alle Hautfarben gemischt. Früher wohnten die Weißen getrennt von den Coloureds, die kleinere Häuser zugewiesen bekamen. „Aber wir vergeben alles“, sagt der fromme Mr. Fisher. Die Wärter können in einem eigenen Laden einkaufen, sogar auf dem Gelände heiraten - dann sind es Gefangene, die für die Verpflegung sorgen. „Der Chefkoch ist gut“, sagt Mr. Fisher. Er ist stolz darauf, dass die Gefangenen eine möglichst solide Ausbildung erhalten, die ihnen die Rückkehr in ein normales Leben erleichtern soll.
Weltweit bekannt geworden ist die Haftanstalt aus einem ganz anderen Grund: Hier verbrachte Nelson Mandela seine letzten 18 Monate im Gefängnis – „und am Sonntag, 11. Februar 1990, ist er dann in die Freiheit entlassen worden“, sagt Mr. Fisher stolz. Der 49jährige ist hier seit 28 Jahren Wärter, hat Mandela im Gefängnis kennengelernt und führt uns gern durch die Anlage. „Das ist der lange Weg zur Freiheit“, sagt er auf der Allee, die zum Gefängnistor führt, „hier ist er gegangen, und draußen haben Tausende auf ihn gewartet.“
Damals hieß der Komplex noch Victor-Verster-Gefängnis, und vor dem Tor erinnert eine überlebensgroße Mandela-Statue an diesen historischen Tag. Als ein Touristenbus hält, wird sie gern fotografiert – aber nach dem kurzen Stopp fahren die Urlauber weiter.
Mr. Fisher zeigt uns das Gebäude, das Mandela hier bewohnt hat. „Er ist wohl der einzige Gefangene weltweit, der seine Haftzeit in einem großen Haus mit Swimmingpool verbracht hat.“ Als Mandela vom Pollsmoor-Gefängnis aus Kapstadt in die Gegend um Paarl und Franschhoek verlegt wurde, hatte die Apartheid-Regierung ein altes Farmhaus für ihn herrichten lassen – mit Abhörmikrofonen bis hin zum Gartengrill. Weit abgelegen von den vier Gefängnissen konnten hier die Gespräche zwischen Mandela und den Apartheid-Politikern relativ unbeobachtet geführt werden.
„An diesem Tisch haben Mandela und de Klerk ihre Verhandlungen begonnen“, zeigt uns Fisher im Wohnzimmer einen schweren Holztisch. An der Wand hängt ein Bild der beiden Politiker, gemalt von einem Drakenstein-Häftling, der immer noch einsitzt. „Sie haben beide einen guten Job gemacht“, findet Fisher. Mandela - das wird schnell klar, wenn er von ihm spricht – verehrt er sehr. Auf seine Nachfolger ist Fisher nicht so gut zu sprechen: „Sie reißen alles ein, was Mandela aufgebaut hat.“
Dann werden wir durch das ganze Farmhaus geführt. Seine Einrichtung erinnert stark an die Mode der 60er Jahre – Kacheln in Braun- und Blautönen, bescheidene Badezimmer, eine große Küche mit Holzschränken. Fisher zeigt auf die Arbeitsplatte: „Hier stand eine Mikrowelle. Herr Mandela hat sie erst für einen Fernseher gehalten und gesagt, er brauche doch nur einen.“ Im geräumigen Schlafzimmer zupft er die Bettdecke zurecht: „Da haben vorhin die Kinder drauf gesessen – die wollten das so gern.“
Manche Zimmer sind leer – so fehlen etwa die Sportgeräte, mit denen Mandela sich jeden Tag fit trainiert hat. „Die haben wir weggeräumt, weil hier Filmleute gedreht und ihre eigenen Möbel mitgebracht haben“, sagt Fisher. Ende des Jahres soll der Film („Long Walk to Freedom“) in die Kinos kommen – der erste südafrikanische Spielfilm über das Leben Mandelas. Auf dem Filmfestival in Cannes wurde gerade das Plakat enthüllt.
Von der Hausaufteilung war Mandela so angetan, dass er sich in seinem Heimatort Qunu später ein identisches Gebäude errichten ließ. Sein Haus im Gefängnis soll einmal als Museum zugänglich sein – aber wann, ist noch unklar. Besichtigen können es Interessierte heute nur nach Anmeldung – oder wenn sie zufällig Mr. Fisher am Tor treffen.
Das Drakenstein Correctional Center im Dwars River Tal in der Nähe von Paarl ist ein riesiger Komplex – vier Gefängnisse für Männer vom Hochsicherheitstrakt bis zur Verwahranstalt für Häftlinge kurz vor der Entlassung mit jeweils zwei-, dreitausend Insassen, viel Farmland drum herum für Getreide, Gemüse, für Kühe und mit diversen Hühnerställen, denn die Anstalt versorgt sich nicht nur selbst, sondern beliefert Gefängnisse im ganzen Land mit Nahrungsmitteln. Auch die Anstaltskleidung wird selbst gefertigt.
Neben den Gefängnisgebäuden stehen Wohnhäuser. Viele der 800 Wärter leben noch auf dem Gelände, heute alle Hautfarben gemischt. Früher wohnten die Weißen getrennt von den Coloureds, die kleinere Häuser zugewiesen bekamen. „Aber wir vergeben alles“, sagt der fromme Mr. Fisher. Die Wärter können in einem eigenen Laden einkaufen, sogar auf dem Gelände heiraten - dann sind es Gefangene, die für die Verpflegung sorgen. „Der Chefkoch ist gut“, sagt Mr. Fisher. Er ist stolz darauf, dass die Gefangenen eine möglichst solide Ausbildung erhalten, die ihnen die Rückkehr in ein normales Leben erleichtern soll.
Weltweit bekannt geworden ist die Haftanstalt aus einem ganz anderen Grund: Hier verbrachte Nelson Mandela seine letzten 18 Monate im Gefängnis – „und am Sonntag, 11. Februar 1990, ist er dann in die Freiheit entlassen worden“, sagt Mr. Fisher stolz. Der 49jährige ist hier seit 28 Jahren Wärter, hat Mandela im Gefängnis kennengelernt und führt uns gern durch die Anlage. „Das ist der lange Weg zur Freiheit“, sagt er auf der Allee, die zum Gefängnistor führt, „hier ist er gegangen, und draußen haben Tausende auf ihn gewartet.“
Damals hieß der Komplex noch Victor-Verster-Gefängnis, und vor dem Tor erinnert eine überlebensgroße Mandela-Statue an diesen historischen Tag. Als ein Touristenbus hält, wird sie gern fotografiert – aber nach dem kurzen Stopp fahren die Urlauber weiter.
Mr. Fisher zeigt uns das Gebäude, das Mandela hier bewohnt hat. „Er ist wohl der einzige Gefangene weltweit, der seine Haftzeit in einem großen Haus mit Swimmingpool verbracht hat.“ Als Mandela vom Pollsmoor-Gefängnis aus Kapstadt in die Gegend um Paarl und Franschhoek verlegt wurde, hatte die Apartheid-Regierung ein altes Farmhaus für ihn herrichten lassen – mit Abhörmikrofonen bis hin zum Gartengrill. Weit abgelegen von den vier Gefängnissen konnten hier die Gespräche zwischen Mandela und den Apartheid-Politikern relativ unbeobachtet geführt werden.
„An diesem Tisch haben Mandela und de Klerk ihre Verhandlungen begonnen“, zeigt uns Fisher im Wohnzimmer einen schweren Holztisch. An der Wand hängt ein Bild der beiden Politiker, gemalt von einem Drakenstein-Häftling, der immer noch einsitzt. „Sie haben beide einen guten Job gemacht“, findet Fisher. Mandela - das wird schnell klar, wenn er von ihm spricht – verehrt er sehr. Auf seine Nachfolger ist Fisher nicht so gut zu sprechen: „Sie reißen alles ein, was Mandela aufgebaut hat.“
Dann werden wir durch das ganze Farmhaus geführt. Seine Einrichtung erinnert stark an die Mode der 60er Jahre – Kacheln in Braun- und Blautönen, bescheidene Badezimmer, eine große Küche mit Holzschränken. Fisher zeigt auf die Arbeitsplatte: „Hier stand eine Mikrowelle. Herr Mandela hat sie erst für einen Fernseher gehalten und gesagt, er brauche doch nur einen.“ Im geräumigen Schlafzimmer zupft er die Bettdecke zurecht: „Da haben vorhin die Kinder drauf gesessen – die wollten das so gern.“
Manche Zimmer sind leer – so fehlen etwa die Sportgeräte, mit denen Mandela sich jeden Tag fit trainiert hat. „Die haben wir weggeräumt, weil hier Filmleute gedreht und ihre eigenen Möbel mitgebracht haben“, sagt Fisher. Ende des Jahres soll der Film („Long Walk to Freedom“) in die Kinos kommen – der erste südafrikanische Spielfilm über das Leben Mandelas. Auf dem Filmfestival in Cannes wurde gerade das Plakat enthüllt.
Von der Hausaufteilung war Mandela so angetan, dass er sich in seinem Heimatort Qunu später ein identisches Gebäude errichten ließ. Sein Haus im Gefängnis soll einmal als Museum zugänglich sein – aber wann, ist noch unklar. Besichtigen können es Interessierte heute nur nach Anmeldung – oder wenn sie zufällig Mr. Fisher am Tor treffen.
Preisverdächtig: eine Autobiographie, zwei investigative Reportagen und zwei Biographien
Die Wochenzeitung „Sunday Times“ gehört zu den Mitträgern des Literaturfestivals in Franschhoek. Sie nutzt es, um dort jeweils bekanntzugeben, wer zu den Favoriten für den Alan Paton Award gehört, dem wichtigsten Sachbuchpreis des Landes. 43 Nominierungen hatte es in diesem Jahr gegeben. Fünf Bücher sind nun in der engeren Wahl. Bis auf Redi Tlhabi, die ein Kind erwartet und nicht reisen konnte, waren alle preisverdächtigen Autoren an diesem Wochenende nach Franschhoek gekommen, um über ihre Bücher zu sprechen.
Der renommierte Historiker Hermann Giliomee, der wie kein anderer mit der Psyche der afrikaanssprechenden weißen Bevölkerung vertraut ist, hat „The Last Afrikaner Leaders“ portraitiert: die Präsidenten HF Verwoerd, JB Vorster, PW Botha und FW de Klerk sowie Frederik van Zyl Slabbert, der als Oppositionspolitiker früh den Kontakt zum ANC gesucht hatte und am Ende bitter enttäuscht war, dass man ihn später regelrecht missachtete. In den sorgfältig recherchierten Portraits entsteht streckenweise ein anderes Bild der Herren Verwoerd, Vorster und Botha als das gängige Anti-Apartheid-Narrativ der siebziger und achtziger Jahre. Man kann eine Menge lernen, wie die drei jeweils Wirtschaftswachstum und weiße Privilegien & Sicherheit zu gewährleisten suchten und auf die stark wachsende schwarze Bevölkerung und ihre zunehmend selbstbewußteren Sprecher reagierten.
FW Klerk, der nach dem Fall der Berliner Mauer schließlich den Weg für eine Verhandlungslösung frei machte, wird von Giliomee eher kritisch beurteilt. Er habe zwar die Zeichen der Zeit erkannt, sei nach der Entbannung des ANC aber zu zögerlich gewesen und habe am Ende nicht gut verhandelt. Zum Beispiel zeige sich jetzt, dass man sich nicht allein auf die Verfassung und das Verfassungsgericht verlassen könne. Bei der Ernennung der Richter nutze die Regierung ihre Mehrheit in der Auswahlkommission dazu, ihre Leute oder ihr willfährige Juristen durchzusetzen.
Nominiert ist auch Xolela Mangcus Biographie „Biko“ über den 1977 ermordeten Vordenker des „Black Consciousness“. Die Weißen und der Westen, so Mangcu 2008 auf der Buchmesse in Kapstadt, hätten den ANC idealisiert. Paradoxerweise seien es nun die damals misstrauisch beäugten Anhänger des Black Consciousness, die das multirassische Südafrika gegen den afrikanischen Nationalismus des ANC verteidigten. Steve Bikos Sohn Hlumelo, in Franschhoek ebenfalls mit einem Buch präsent (The Great African Society. A Plan for a Nation Gone Astray), machte so entspannt Vorschläge für konstruktive, manchmal radikale Reformen, dass das ganz überwiegend ältere weiße Publikum ihm regelrecht erleichtert folgte, auch wenn dafür nach den massiven Ausgaben für Black Empowerment noch einmal große Summen fällig werden.
Das dritte nominierte Buch hat Jacques Pauw geschrieben, der wohl renommierteste investigative Journalist des Landes, national und international mit vielen Preisen ausgezeichnet. Er hat viele Tage und Wochen mit Kennedy Gihana verbracht, einem Ruander, der sich nach dem Völkermord dort zu Fuss von Ruanda nach Südafrika durchgeschlagen und nach einem Leben auf der Straße schließlich studiert hat und heute als Rechtsanwalt arbeitet. Doch Gihana ist nicht nur Opfer und Überlebender, er ist auch Täter, hat mit Kagames Tutsi-Truppe gekämpft und selbst gemordet. In einem der Workshops in Franschhoek (Digging for the Truth) hat Pauw erzählt, wie viel Geduld so ein Portrait erfordert und wie delikat es ist, mit dem so Gezeichneten über die Veröffentlichung zu sprechen.
Im gleichen Workshop gab Julian Rademeyer Auskunft über seine Recherchen für sein ebenfalls nominiertes Buch „Killing for Profit“, in dem er über den illegalen Handel mit Rhino-Horn berichtet. U.a. bedingt durch eine zunehmende Nachfrage aus dem wirtschaftlich erstarkenden Vietnam werden in Südafrika immer mehr Rhinos getötet. Rademeyer hat sich für die Täter interessiert, die Fusstruppen – z.B. Mosambikaner, die kaum andere Möglichkeiten haben, Geld zu verdienen, und es so wenigstens zu einem bescheidenen Zementhaus bringen – und die etablierten Unternehmer und kriminellen Netzwerke, die an diesem Handel richtig gut verdienen. Sein Interesse an den Tätern hat Rademeyer dazu gebracht, ein Wochenende auf der Farm von Dawie Groenewold zu verbringen, der inzwischen als einer der Drahtzieher des internationalen Horn-Handels verhaftet worden ist. Einem Menschen näher zu kommen und dann wieder professionelle Distanz zu entwickeln, gehört zu den Stärken dieser südafrikanischen Autoren und ihrer Bücher.
Das gilt auch für Redi Tlhabi und ihr ebenfalls auf der short list stehendes Buch „Endings and Beginnings“. Sie hatte als Elfjährige eine platonische, aber auch sehr intensive Beziehung zu einem gefürchteten township-Gangster entwickelt, der zugleich fürsorglich und gelegentlich furchterregend für sie war. Sie beschreibt ihre Zuneigung zu diesem Mann ohne zu beschönigen, wer und was er war. In seiner Einführung hob Moderator Eusebius McKaiser, der als Junge von seinem Cousin selbst sexuell missbraucht wurde, hervor, dass es wichtig sei, hinter den Monstern den Menschen zu sehen, ohne in irgendeiner Form zu relativieren oder zu billigen, was sie getan haben. Die Jury bescheinigt Tlhabi, das mit großer Aufrichtigkeit und gleichzeitig sehr elegant getan zu haben und damit den Leserinnen und Lesern Einblick in eine Welt und Gefühlslagen zu geben, die man sich von außen nur schwer vorstellen kann.
Welches der fünf lesenswerten Bücher die mit einem Preisgeld von 75 000 Rand verbundene Auszeichnung bekommen wird, wird am 29. Juni bekannt gegeben werden. .
Der renommierte Historiker Hermann Giliomee, der wie kein anderer mit der Psyche der afrikaanssprechenden weißen Bevölkerung vertraut ist, hat „The Last Afrikaner Leaders“ portraitiert: die Präsidenten HF Verwoerd, JB Vorster, PW Botha und FW de Klerk sowie Frederik van Zyl Slabbert, der als Oppositionspolitiker früh den Kontakt zum ANC gesucht hatte und am Ende bitter enttäuscht war, dass man ihn später regelrecht missachtete. In den sorgfältig recherchierten Portraits entsteht streckenweise ein anderes Bild der Herren Verwoerd, Vorster und Botha als das gängige Anti-Apartheid-Narrativ der siebziger und achtziger Jahre. Man kann eine Menge lernen, wie die drei jeweils Wirtschaftswachstum und weiße Privilegien & Sicherheit zu gewährleisten suchten und auf die stark wachsende schwarze Bevölkerung und ihre zunehmend selbstbewußteren Sprecher reagierten.
FW Klerk, der nach dem Fall der Berliner Mauer schließlich den Weg für eine Verhandlungslösung frei machte, wird von Giliomee eher kritisch beurteilt. Er habe zwar die Zeichen der Zeit erkannt, sei nach der Entbannung des ANC aber zu zögerlich gewesen und habe am Ende nicht gut verhandelt. Zum Beispiel zeige sich jetzt, dass man sich nicht allein auf die Verfassung und das Verfassungsgericht verlassen könne. Bei der Ernennung der Richter nutze die Regierung ihre Mehrheit in der Auswahlkommission dazu, ihre Leute oder ihr willfährige Juristen durchzusetzen.
Nominiert ist auch Xolela Mangcus Biographie „Biko“ über den 1977 ermordeten Vordenker des „Black Consciousness“. Die Weißen und der Westen, so Mangcu 2008 auf der Buchmesse in Kapstadt, hätten den ANC idealisiert. Paradoxerweise seien es nun die damals misstrauisch beäugten Anhänger des Black Consciousness, die das multirassische Südafrika gegen den afrikanischen Nationalismus des ANC verteidigten. Steve Bikos Sohn Hlumelo, in Franschhoek ebenfalls mit einem Buch präsent (The Great African Society. A Plan for a Nation Gone Astray), machte so entspannt Vorschläge für konstruktive, manchmal radikale Reformen, dass das ganz überwiegend ältere weiße Publikum ihm regelrecht erleichtert folgte, auch wenn dafür nach den massiven Ausgaben für Black Empowerment noch einmal große Summen fällig werden.
Das dritte nominierte Buch hat Jacques Pauw geschrieben, der wohl renommierteste investigative Journalist des Landes, national und international mit vielen Preisen ausgezeichnet. Er hat viele Tage und Wochen mit Kennedy Gihana verbracht, einem Ruander, der sich nach dem Völkermord dort zu Fuss von Ruanda nach Südafrika durchgeschlagen und nach einem Leben auf der Straße schließlich studiert hat und heute als Rechtsanwalt arbeitet. Doch Gihana ist nicht nur Opfer und Überlebender, er ist auch Täter, hat mit Kagames Tutsi-Truppe gekämpft und selbst gemordet. In einem der Workshops in Franschhoek (Digging for the Truth) hat Pauw erzählt, wie viel Geduld so ein Portrait erfordert und wie delikat es ist, mit dem so Gezeichneten über die Veröffentlichung zu sprechen.
Im gleichen Workshop gab Julian Rademeyer Auskunft über seine Recherchen für sein ebenfalls nominiertes Buch „Killing for Profit“, in dem er über den illegalen Handel mit Rhino-Horn berichtet. U.a. bedingt durch eine zunehmende Nachfrage aus dem wirtschaftlich erstarkenden Vietnam werden in Südafrika immer mehr Rhinos getötet. Rademeyer hat sich für die Täter interessiert, die Fusstruppen – z.B. Mosambikaner, die kaum andere Möglichkeiten haben, Geld zu verdienen, und es so wenigstens zu einem bescheidenen Zementhaus bringen – und die etablierten Unternehmer und kriminellen Netzwerke, die an diesem Handel richtig gut verdienen. Sein Interesse an den Tätern hat Rademeyer dazu gebracht, ein Wochenende auf der Farm von Dawie Groenewold zu verbringen, der inzwischen als einer der Drahtzieher des internationalen Horn-Handels verhaftet worden ist. Einem Menschen näher zu kommen und dann wieder professionelle Distanz zu entwickeln, gehört zu den Stärken dieser südafrikanischen Autoren und ihrer Bücher.
Das gilt auch für Redi Tlhabi und ihr ebenfalls auf der short list stehendes Buch „Endings and Beginnings“. Sie hatte als Elfjährige eine platonische, aber auch sehr intensive Beziehung zu einem gefürchteten township-Gangster entwickelt, der zugleich fürsorglich und gelegentlich furchterregend für sie war. Sie beschreibt ihre Zuneigung zu diesem Mann ohne zu beschönigen, wer und was er war. In seiner Einführung hob Moderator Eusebius McKaiser, der als Junge von seinem Cousin selbst sexuell missbraucht wurde, hervor, dass es wichtig sei, hinter den Monstern den Menschen zu sehen, ohne in irgendeiner Form zu relativieren oder zu billigen, was sie getan haben. Die Jury bescheinigt Tlhabi, das mit großer Aufrichtigkeit und gleichzeitig sehr elegant getan zu haben und damit den Leserinnen und Lesern Einblick in eine Welt und Gefühlslagen zu geben, die man sich von außen nur schwer vorstellen kann.
Welches der fünf lesenswerten Bücher die mit einem Preisgeld von 75 000 Rand verbundene Auszeichnung bekommen wird, wird am 29. Juni bekannt gegeben werden. .
Sonntag, 12. Mai 2013
Mike van Graan
Seit 2003 hat der Mann jedes Jahr ein neues Theaterstück geschrieben: Mike van Graan ist wohl der produktivste Bühnenautor Südafrikas. Im Artscape-Theater von Kapstadt, einem monumentalen Kulturbau aus der Apartheid-Zeit, laufen zur Zeit gleich zwei van-Graan-Stücke an einem Abend – zeitgenössisches Theater im Doppelpack.
Van Graan greift auf, was unter der Oberfläche brodelt, will provozieren und fühlt sich mit der Bezeichnung „politischer Autor“ dennoch falsch einsortiert: „Mit solchen Etiketten werden Autoren oft abgewertet“, meint er. „In meiner Arbeit will ich einfach die Verbindung zwischen der Mikro- und der Makro-Ebene schaffen, dem Individuum und dem Kollektiv, und wenn in der Apartheid-Zeit das Persönliche politisch war, gibt es keinen Grund zu glauben, dass das jetzt nicht mehr so ist.“
„Brothers in Blood“ sehen an dem Abend, an dem Bon Jovi vor 45.000 Fans im Fußballstadion von Kapstadt rockt, auf der kleinen Studio-Bühne im Artscape-Betonbau immerhin knapp 40 Menschen. Es geht um das schwierige Miteinander verschiedener Bevölkerungsgruppen: die Verletzungen der Vergangenheit, die Angst vor Kriminalität, um religiöse Überzeugungen von Juden, Moslems und Christen – am Kap alles sensible Themen.
In effektvollen kurzen, dramatischen Szenen entfaltet sich die Geschichte: Ein farbiger Muslim sucht eine neue Wohnung, wird von einem weißen Arzt, der sich in der Bürgerwehr gegen Kriminalität engagiert, angehalten und peinlich befragt, die Tochter des Moslems sucht eine Stelle bei dem Pfarrer einer der vielen christlichen Kirchen, der seine Tochter verstoßen hat, als sie einen Moslem heiratet. Die junge Frau befreundet sich mit einem somalischen Händler, wird schwanger, sie fühlt sich zu jung für ein Kind, der Somali kann ihre Entscheidung für eine Abtreibung nicht verwinden. Am Ende treffen alle in der Klinik aufeinander, in der der weiße Arzt arbeitet. Der weiße Doktor stöhnt, es sei ja jetzt schon ein Kreuz, als weißer Mann in Südafrika zu leben, aber dann auch noch Jude zu sein… (In Südafrika gibt es viel „Solidarität“ mit Palästina, bei den Moslems und auch beim ANC, der den Konflikt als koloniale Landnahme interpretiert).
„Rainbow Scars“, das zweite Stück des Abends, ist (etwas) leichter. Wenn es um die Schwierigkeiten einer (weißen) Mittelschicht-Mutter geht, die ein schwarzes Mädchen adoptiert und großgezogen hat, darf durchaus gelacht werden. Als Kind einer weißen Familie hat Lindiwe viele Möglichkeiten – und darf jetzt nach den Abiturprüfungen doch den „Schwarzen-Bonus“ in Anspruch nehmen, der die Aufnahme auf eine Universität so sehr erleichtert. Hautfarbe spielt eben heute weiter eine Hauptrolle im neuen Südafrika. Den Kontakt zu Lindiwes eigentlicher Familie hatte ihre neue Mutter immer unterbunden – aber als plötzlich ihr gerade aus dem Gefängnis entlassener Cousin auftaucht, wird Lindiwe auf ihre Herkunft und ihre Geschichte gestoßen.
Das Publikum für solche Stücke ist klein, der Beifall – wie immer in Südafrika – irritierend kurz, obwohl die Schauspieler durch die Bank hervorragend sind. In der Tiefgarage des Artscape verlieren sich die Autos der wenigen Theaterbesucher. Dabei war in der Stadt mit vielen Plakaten für die Stücke geworben worden.
Im kommenden Monat werden die beiden Inszenierungen auch beim renommierten Kulturfestival in Grahamstown gezeigt werden, zusammen mit den neuesten Stücken von Mike van Graan: „Writers Bloc“ (über die Schwierigkeiten eines Universitätslehrers in den USA, mit seiner südafrikanischen Vergangenheit klar zu kommen), und „Panic“ (über die Klimakatastrophe). Stoff hat van Graan jedenfalls genug.
Van Graan greift auf, was unter der Oberfläche brodelt, will provozieren und fühlt sich mit der Bezeichnung „politischer Autor“ dennoch falsch einsortiert: „Mit solchen Etiketten werden Autoren oft abgewertet“, meint er. „In meiner Arbeit will ich einfach die Verbindung zwischen der Mikro- und der Makro-Ebene schaffen, dem Individuum und dem Kollektiv, und wenn in der Apartheid-Zeit das Persönliche politisch war, gibt es keinen Grund zu glauben, dass das jetzt nicht mehr so ist.“
„Brothers in Blood“ sehen an dem Abend, an dem Bon Jovi vor 45.000 Fans im Fußballstadion von Kapstadt rockt, auf der kleinen Studio-Bühne im Artscape-Betonbau immerhin knapp 40 Menschen. Es geht um das schwierige Miteinander verschiedener Bevölkerungsgruppen: die Verletzungen der Vergangenheit, die Angst vor Kriminalität, um religiöse Überzeugungen von Juden, Moslems und Christen – am Kap alles sensible Themen.
In effektvollen kurzen, dramatischen Szenen entfaltet sich die Geschichte: Ein farbiger Muslim sucht eine neue Wohnung, wird von einem weißen Arzt, der sich in der Bürgerwehr gegen Kriminalität engagiert, angehalten und peinlich befragt, die Tochter des Moslems sucht eine Stelle bei dem Pfarrer einer der vielen christlichen Kirchen, der seine Tochter verstoßen hat, als sie einen Moslem heiratet. Die junge Frau befreundet sich mit einem somalischen Händler, wird schwanger, sie fühlt sich zu jung für ein Kind, der Somali kann ihre Entscheidung für eine Abtreibung nicht verwinden. Am Ende treffen alle in der Klinik aufeinander, in der der weiße Arzt arbeitet. Der weiße Doktor stöhnt, es sei ja jetzt schon ein Kreuz, als weißer Mann in Südafrika zu leben, aber dann auch noch Jude zu sein… (In Südafrika gibt es viel „Solidarität“ mit Palästina, bei den Moslems und auch beim ANC, der den Konflikt als koloniale Landnahme interpretiert).
„Rainbow Scars“, das zweite Stück des Abends, ist (etwas) leichter. Wenn es um die Schwierigkeiten einer (weißen) Mittelschicht-Mutter geht, die ein schwarzes Mädchen adoptiert und großgezogen hat, darf durchaus gelacht werden. Als Kind einer weißen Familie hat Lindiwe viele Möglichkeiten – und darf jetzt nach den Abiturprüfungen doch den „Schwarzen-Bonus“ in Anspruch nehmen, der die Aufnahme auf eine Universität so sehr erleichtert. Hautfarbe spielt eben heute weiter eine Hauptrolle im neuen Südafrika. Den Kontakt zu Lindiwes eigentlicher Familie hatte ihre neue Mutter immer unterbunden – aber als plötzlich ihr gerade aus dem Gefängnis entlassener Cousin auftaucht, wird Lindiwe auf ihre Herkunft und ihre Geschichte gestoßen.
Das Publikum für solche Stücke ist klein, der Beifall – wie immer in Südafrika – irritierend kurz, obwohl die Schauspieler durch die Bank hervorragend sind. In der Tiefgarage des Artscape verlieren sich die Autos der wenigen Theaterbesucher. Dabei war in der Stadt mit vielen Plakaten für die Stücke geworben worden.
Im kommenden Monat werden die beiden Inszenierungen auch beim renommierten Kulturfestival in Grahamstown gezeigt werden, zusammen mit den neuesten Stücken von Mike van Graan: „Writers Bloc“ (über die Schwierigkeiten eines Universitätslehrers in den USA, mit seiner südafrikanischen Vergangenheit klar zu kommen), und „Panic“ (über die Klimakatastrophe). Stoff hat van Graan jedenfalls genug.
Kaufhäuser - Symbole der Moderne
Gerade erst hat Kapstadts altehrwürdige University of Cape Town (UCT) in einem Ranking von Universitäten (QS World University Rankings) gute Noten in acht Disziplinen bekommen, darunter in Politik– und Geschichtswissenschaft. Etwas lernen kann man auch bei „Humanities for Africa“ (HUMA), einem 2010 ins Leben gerufenen interdisziplinären Forschungsbereich. Einige der Veranstaltungen sind Interessierten von außen zugänglich, so die Donnerstagsgespräche von HUMA.
Dazu muss man sich rechtzeitig auf den Weg zur Universität machen, denn einen Parkplatz und vor allem den Veranstaltungsraum zu finden, erfordert Spürsinn und Ausdauer.
In dieser Woche eingeladen zum Vortrag war Bridget Kenny, eine in Johannesburg lehrende amerikanische Soziologin. Das Thema klang vielversprechend: Servicing a Racial Regime. Gender, race and the polity in department stores in Baltimore (Maryland) and Johannesburg 1940-1970.
Wie so oft bei akademischen Veranstaltungen wurde leider ein “paper” verlesen. Und das enthielt natürlich jede Menge „Referenzen“ (u.a. Habermas) und Jargon (wie contested space - gerade sehr beliebt) und dafür relativ wenig anschauliche Erzählung. Fotos machten das allerdings wieder etwas wett.
Bei Hochschild Kohn & Co (gegründet 1897) in Baltimore einzukaufen, eröffnete Frauen der Mittelschicht einen neuen quasi-öffentlichen Raum, in dem sie sich zeigen, stöbern, einkaufen und Restaurants besuchen konnten. Beraten wurden sie von Verkäuferinnen, die ebenfalls etwas auf sich hielten und angesehen waren. Bei Hochschild’s zu arbeiten, war nicht nur eine sehr respektable Beschäftigung, sondern bot auch Aufstiegsmöglichkeiten. Schwarze Angestellte gab es im Kaufhaus ebenfalls, etwa als „Lift Boys“. Das Kaufhaus war ein kleiner Kosmos, in dem auch die Eigentümerfamilien präsent waren, Kundinnen und Verkäuferinnen begrüßten und nach ihren Wünschen bzw. ihrem Wohlergehen fragten. Kontrovers wurde es, als in den unterschiedlichen Restaurants des Hauses (für jeden Geldbeutel und jeden Geschmack) schwarze Personen zugelassen wurden: Es gab Zuschriften dafür und dagegen, oft verbunden mit dem Versprechen, nun mehr oder der Drohung, ab sofort gar nicht mehr zu kaufen.
Auch Johannesburg hatte spektakuläre Kaufhäuser, Stuttafords und Garlicks etwa. Deborah Posel, renommierte Soziologin und Gründungsdirektorin von HUMA, erzählte in der Diskussion von einer britischstämmigen Frau, die sich stadtfein machte, wenn sie dort hinging und zwischendurch sogar in einem Hotel eincheckte, um sich frisch zu machen. Die Verkäuferinnen gehörten dagegen zur (damals ärmeren) burischen Bevölkerungsgruppe, und es war durchaus üblich, dass sie die Präsentationsflächen und Verkaufstische selbst polierten.
Dass Frauen berufstätig waren, entsprach nicht dem sehr konservativen burischen Familienverständnis, und so kämpften die Frauen mit ihrer Gewerkschaft dafür, die Ladenschlusszeiten zu begrenzen, damit Mütter am Nachmittag zu ihren Kindern zurückkehren konnten. Schwarze Frauen als Verkäuferinnen zu beschäftigen, war für viele Kundinnen undenkbar, was Helen Suzman, die große alte Dame des südafrikanischen Liberalismus und lange Zeit die einzige Oppositionsabgeordnete im Apartheid-Parlament, zu einem ironischen Kommentar veranlasste: Schwarze Hausangestellte seien in fast jedem Haushalt präsent und müssten schon deshalb aus dem quasi-öffentlichen Raum des Kaufhauses nicht ferngehalten werden.
Viele Handelshäuser wussten schon damals ganz gut, dass sie auf schwarze Kunden angewiesen waren, wenn sie überleben wollten, und sie fanden Wege, auch an sie zu verkaufen. Im Anschluss an den Vortrag erzählten zwei (nichtweiße) Zuhörerinnen von Matriarchinnen in ihren Familien, die sich ebenfalls fürs Einkaufen fein machten und bewußt so auftraten, um zu demonstrieren, dass auch sie etwas gelten. Zethu Matebeni, die Diskussionsleiterin, beschrieb Einkäufe in Port Elizabeth, die sie als Kind mit erlebt hatte: Was sie erstanden hatten, versteckten die Frauen unter den Autositzen – zum einen, weil die Polizei ihnen bei Kontrollen unterstellen würde, dass sie diese feinen Sachen gestohlen hätten, und zum anderen, weil sie auch im township nicht alles vorzeigen konnten, was sie gekauft hatten.
Südafrika hat sich in den vergangenen 20 Jahren von einer Kontroll- zu einer Konsumgesellschaft gewandelt, an der – theoretisch – alle partizipieren können. Doch die so aufdringlich präsente Konsumwelt ist arm geworden: Das Zeitalter der Kaufhäuser als Symbole der Moderne ist hier vorbei, wie auch in den USA. Hochschild Kohn & Co in Baltimore, einst angetreten unter dem wunderbaren Motto „Reliable goods only, at uniformly right prices“, sind unter die Räder städtischer Veränderungen gekommen und in die Vororte und Shopping Malls abgewandert. Sie haben dabei ihren Nimbus und ihre Einzigartigkeit verloren. Sic transit Gloria. Und in Kapstadt haben Stuttafords und Garlicks (beide in der Adderley Street gelegen) Anfang der achtziger Jahre ihre Pforten geschlossen, Stuttafords in einem traurigen Niedergang Etage für Etage. Unter dem Namen existiert jetzt nur noch ein kleineres Kaufhaus mit selektivem Angebot im Einkaufszentrum Cavendish. Einen Ausflug im Sonntagsstaat ist das heute nicht mehr wert.
Dazu muss man sich rechtzeitig auf den Weg zur Universität machen, denn einen Parkplatz und vor allem den Veranstaltungsraum zu finden, erfordert Spürsinn und Ausdauer.
In dieser Woche eingeladen zum Vortrag war Bridget Kenny, eine in Johannesburg lehrende amerikanische Soziologin. Das Thema klang vielversprechend: Servicing a Racial Regime. Gender, race and the polity in department stores in Baltimore (Maryland) and Johannesburg 1940-1970.
Wie so oft bei akademischen Veranstaltungen wurde leider ein “paper” verlesen. Und das enthielt natürlich jede Menge „Referenzen“ (u.a. Habermas) und Jargon (wie contested space - gerade sehr beliebt) und dafür relativ wenig anschauliche Erzählung. Fotos machten das allerdings wieder etwas wett.
Bei Hochschild Kohn & Co (gegründet 1897) in Baltimore einzukaufen, eröffnete Frauen der Mittelschicht einen neuen quasi-öffentlichen Raum, in dem sie sich zeigen, stöbern, einkaufen und Restaurants besuchen konnten. Beraten wurden sie von Verkäuferinnen, die ebenfalls etwas auf sich hielten und angesehen waren. Bei Hochschild’s zu arbeiten, war nicht nur eine sehr respektable Beschäftigung, sondern bot auch Aufstiegsmöglichkeiten. Schwarze Angestellte gab es im Kaufhaus ebenfalls, etwa als „Lift Boys“. Das Kaufhaus war ein kleiner Kosmos, in dem auch die Eigentümerfamilien präsent waren, Kundinnen und Verkäuferinnen begrüßten und nach ihren Wünschen bzw. ihrem Wohlergehen fragten. Kontrovers wurde es, als in den unterschiedlichen Restaurants des Hauses (für jeden Geldbeutel und jeden Geschmack) schwarze Personen zugelassen wurden: Es gab Zuschriften dafür und dagegen, oft verbunden mit dem Versprechen, nun mehr oder der Drohung, ab sofort gar nicht mehr zu kaufen.
Auch Johannesburg hatte spektakuläre Kaufhäuser, Stuttafords und Garlicks etwa. Deborah Posel, renommierte Soziologin und Gründungsdirektorin von HUMA, erzählte in der Diskussion von einer britischstämmigen Frau, die sich stadtfein machte, wenn sie dort hinging und zwischendurch sogar in einem Hotel eincheckte, um sich frisch zu machen. Die Verkäuferinnen gehörten dagegen zur (damals ärmeren) burischen Bevölkerungsgruppe, und es war durchaus üblich, dass sie die Präsentationsflächen und Verkaufstische selbst polierten.
Dass Frauen berufstätig waren, entsprach nicht dem sehr konservativen burischen Familienverständnis, und so kämpften die Frauen mit ihrer Gewerkschaft dafür, die Ladenschlusszeiten zu begrenzen, damit Mütter am Nachmittag zu ihren Kindern zurückkehren konnten. Schwarze Frauen als Verkäuferinnen zu beschäftigen, war für viele Kundinnen undenkbar, was Helen Suzman, die große alte Dame des südafrikanischen Liberalismus und lange Zeit die einzige Oppositionsabgeordnete im Apartheid-Parlament, zu einem ironischen Kommentar veranlasste: Schwarze Hausangestellte seien in fast jedem Haushalt präsent und müssten schon deshalb aus dem quasi-öffentlichen Raum des Kaufhauses nicht ferngehalten werden.
Viele Handelshäuser wussten schon damals ganz gut, dass sie auf schwarze Kunden angewiesen waren, wenn sie überleben wollten, und sie fanden Wege, auch an sie zu verkaufen. Im Anschluss an den Vortrag erzählten zwei (nichtweiße) Zuhörerinnen von Matriarchinnen in ihren Familien, die sich ebenfalls fürs Einkaufen fein machten und bewußt so auftraten, um zu demonstrieren, dass auch sie etwas gelten. Zethu Matebeni, die Diskussionsleiterin, beschrieb Einkäufe in Port Elizabeth, die sie als Kind mit erlebt hatte: Was sie erstanden hatten, versteckten die Frauen unter den Autositzen – zum einen, weil die Polizei ihnen bei Kontrollen unterstellen würde, dass sie diese feinen Sachen gestohlen hätten, und zum anderen, weil sie auch im township nicht alles vorzeigen konnten, was sie gekauft hatten.
Südafrika hat sich in den vergangenen 20 Jahren von einer Kontroll- zu einer Konsumgesellschaft gewandelt, an der – theoretisch – alle partizipieren können. Doch die so aufdringlich präsente Konsumwelt ist arm geworden: Das Zeitalter der Kaufhäuser als Symbole der Moderne ist hier vorbei, wie auch in den USA. Hochschild Kohn & Co in Baltimore, einst angetreten unter dem wunderbaren Motto „Reliable goods only, at uniformly right prices“, sind unter die Räder städtischer Veränderungen gekommen und in die Vororte und Shopping Malls abgewandert. Sie haben dabei ihren Nimbus und ihre Einzigartigkeit verloren. Sic transit Gloria. Und in Kapstadt haben Stuttafords und Garlicks (beide in der Adderley Street gelegen) Anfang der achtziger Jahre ihre Pforten geschlossen, Stuttafords in einem traurigen Niedergang Etage für Etage. Unter dem Namen existiert jetzt nur noch ein kleineres Kaufhaus mit selektivem Angebot im Einkaufszentrum Cavendish. Einen Ausflug im Sonntagsstaat ist das heute nicht mehr wert.
Sonntag, 5. Mai 2013
Abreise nach Guptastan
Man könnte auch mit weniger Gepäck nach Kapstadt reisen, denn man kann dort (fast) alles kaufen, was man so braucht. Aber dann müssen doch immer viele Dinge transportiert werden, die es dort nicht oder noch nicht gibt oder die wesentlich teurer sind, dazu Zeitungen, Bücher, Filme, Lieblingslakritz… Und da, anders als am Eppendorfer Baum, die U-Bahn im Abendrothsweg nicht mehr vor der Tür hält, kommt ein freundlicher Taxifahrer. Schnell entwickelt sich ein angeregtes Gespräch, Herr Wagner von Hansa-Taxi erzählt begeistert von seinen Eindrücken aus Kapstadt, seiner ersten Südafrika-Reise, und er will wieder dorthin, wenn er genug gespart hat.
15 Minuten nach der Ankunft am Kap werden wir schon von David (www.wisewheels.co.za) zum Mietwagen gelotst. Dass Passkontrolle und Gepäckausgabe so schnell erledigt sind, ist eindrucksvoll, könnte aber auch daran liegen, dass auf dem schönen neuen Flughafen so wenige Maschinen landen. Die ersten Geschäfte hätten schon wieder geschlossen erzählt David.
Während wir noch kurz die unglaubliche Geschichte vom Berliner Flughafen(bau) erzählen, steht im riesigen Parkhaus auf einmal noch jemand vor unserem kleinen Honda und tauscht schnell die Scheibenwischerblätter aus – so viel Umsicht ist umwerfend.
Auf dem Weg in die Stadt gleich ein Stau. Keine Überraschung, denn es gibt jeden Monat mehr Autos. 16,5 Prozent mehr PKWs wurden im April 2013 gegenüber dem Vorjahresmonat verkauft – seit Jahren werden ähnliche Zuwachsraten gemeldet. Das ist auch eine Folge der Siedlungsstruktur. Wer im „suburb“ wohnt, in der Shopping Mall einkauft und seine Kinder zur Schule bringt, tut das zwangsläufig mit dem eigenen Auto. Wer ein Haus verkaufen will, muss deshalb „secure parking“ vorweisen können. Selbst das angemietete Apartment hat im Keller Parkraum für zwei Wagen und damit für Autos fast so viele Quadratmeter wie die Wohnfläche ausmacht.
Dabei fährt vor der Tür nun ein Bus, die feine Haltstelle weist sogar schon ein kleines MyCity-Netz mit mehreren Linien aus. Ein langersehnter Forschritt, denn so etwas wie öffentlichem Nahverkehr gibt es in Südafrikas Städten bisher kaum. Man fährt mit dem Auto oder quetscht sich in ein Sammeltaxi. Doch derzeit stehen die Busse im Depot, seit zwei Wochen streiken die Busfahrer. Die Transportarbeitergewerkschaft verlangt 18 Prozent mehr Lohn. Und weil Streiks in Südafrika häufig mit Übergriffen und Gewalt verbunden sind, hat die Stadt den Busverkehr ausgesetzt.
Was gerade los ist im Land, kann man im Stau von SAFM – „South Africa’s News and Information Leader“ - erfahren. Im Morgen-Talk geht es um Rugby. Ein Vater beschwert sich, dass der talentierte Sohn keine Chance in der Provinzmannschaft bekomme, da er die falsche Hautfarbe habe. Ja, sagt die dazu befragte Beamtin aus dem Sportministerium, die Rugby-Verbände hätten es versäumt, sich zu „transformieren“, die Regierung werde das nun ändern. So weit ist schnell alles wieder vertraut.
Dann diese Nachricht: Ein gechartertes Flugzeug ist mit 200 Hochzeitsgästen aus Indien an Bord auf einem Militärflughafen gelandet. Statt kontrolliert zu werden, wurden sie freundlich durchgewunken und mit Polizeischutz und Blaulicht ins Fünf-Sterne-Hotel gebracht. Geheiratet wurde im Hause der Guptas, einer mit der Präsidentenfamilie persönlich und geschäftlich eng verbandelten indischen Sippe. Das restliche Südafrika ist empört. „Willkommen in Guptastan“ titelt eine Zeitung und drückt damit aus, was viele Bürgerinnen und Bürger empfinden.
Die Guptas sind erst Anfang der neunziger Jahre nach Südafrika gekommen. Zunächst nur mäßig erfolgreich, haben sie es verstanden, Strippen zur neuen Regierungspartei zu ziehen und im richtigen Moment zu nutzen. Die Verbindungen zur Zuma-Familie zahlen sich für beide Seiten geschäftlich aus. Und weil das alles so einfach zu erreichen war, haben die Guptas offenbar begonnen, das Land als ihres zu betrachten. Für ihre Hochzeitsfeier wollten sie erst den Oliver-Tambo-Flughafen in Johannesburg zur geschäftigsten Zeit für alle außer ihren Gästen weitgehend sperren lassen; als das nicht ging, sollte es dann der Militärflughafen sein. Doch auch dafür gab es eine Absage, diesmal von der Verteidigungsministerin.
Von einem offiziellen „Nein“ lässt sich aber nicht aufhalten, wer das Zauberwort „Zuma“ sagen kann – so hat sich dann doch noch ein dienstbarer Protokollchef gefunden, der das alles nett arrangieren konnte. Der ist nun suspendiert und offenbar als Hauptsündenbock ausersehen. Seine Untergebenen waren irritiert genug, die entsprechenden e-mails aufzubewahren.
Derweil fördert die Presse immer neue Details zutage, die von der Arroganz der Guptas und der Willfährigkeit hoher ANC-Politiker zeugen. Wie eng die Bande und wie verbunden beide in ihrem Bedürfnis nach luxuriösem Leben sind, zeigt auch die Einladungsliste: Da waren ANC-Adel und -Aufsteiger gut vertreten. Einige sind zu Hause geblieben – unter ihnen der Präsident –, andere haben es sich „nicht nehmen lassen“ mitzufeiern.
Die Hochzeitsgesellschaft in Sun City tanzt noch, da versucht das offizielle Südafrika den Image-Schaden von „Guptagate“ zu begrenzen. Und als die Feiern zu Ende gehen, müssen die Damen und Herren aus Indien von einem regulären Flughafen zurückfliegen - mit vier Stunden Verspätung und nach ausgiebigen Kontrollen durch Passbeamte und Zöllner. Damit wollte Südafrika am Ende dann doch noch zeigen, dass es (so ein Kabinettsmitglied) „keine Bananenrepublik“ ist.
Der kluge Jonny Steinberg, der jetzt in Oxford lehrt, aber auch Kolumnen für "Business Day" schreibt, hat es in einem anderen Zusammenhang so auf den Punkt gebracht: "Es ist als ob eine Demokratie und einen Bananenrepublik nebeneinander existieren. Jede der beiden wurschtelt fröhlich vor sich hin als ob die andere Sphäre nicht da wäre."
15 Minuten nach der Ankunft am Kap werden wir schon von David (www.wisewheels.co.za) zum Mietwagen gelotst. Dass Passkontrolle und Gepäckausgabe so schnell erledigt sind, ist eindrucksvoll, könnte aber auch daran liegen, dass auf dem schönen neuen Flughafen so wenige Maschinen landen. Die ersten Geschäfte hätten schon wieder geschlossen erzählt David.
Während wir noch kurz die unglaubliche Geschichte vom Berliner Flughafen(bau) erzählen, steht im riesigen Parkhaus auf einmal noch jemand vor unserem kleinen Honda und tauscht schnell die Scheibenwischerblätter aus – so viel Umsicht ist umwerfend.
Auf dem Weg in die Stadt gleich ein Stau. Keine Überraschung, denn es gibt jeden Monat mehr Autos. 16,5 Prozent mehr PKWs wurden im April 2013 gegenüber dem Vorjahresmonat verkauft – seit Jahren werden ähnliche Zuwachsraten gemeldet. Das ist auch eine Folge der Siedlungsstruktur. Wer im „suburb“ wohnt, in der Shopping Mall einkauft und seine Kinder zur Schule bringt, tut das zwangsläufig mit dem eigenen Auto. Wer ein Haus verkaufen will, muss deshalb „secure parking“ vorweisen können. Selbst das angemietete Apartment hat im Keller Parkraum für zwei Wagen und damit für Autos fast so viele Quadratmeter wie die Wohnfläche ausmacht.
Dabei fährt vor der Tür nun ein Bus, die feine Haltstelle weist sogar schon ein kleines MyCity-Netz mit mehreren Linien aus. Ein langersehnter Forschritt, denn so etwas wie öffentlichem Nahverkehr gibt es in Südafrikas Städten bisher kaum. Man fährt mit dem Auto oder quetscht sich in ein Sammeltaxi. Doch derzeit stehen die Busse im Depot, seit zwei Wochen streiken die Busfahrer. Die Transportarbeitergewerkschaft verlangt 18 Prozent mehr Lohn. Und weil Streiks in Südafrika häufig mit Übergriffen und Gewalt verbunden sind, hat die Stadt den Busverkehr ausgesetzt.
Was gerade los ist im Land, kann man im Stau von SAFM – „South Africa’s News and Information Leader“ - erfahren. Im Morgen-Talk geht es um Rugby. Ein Vater beschwert sich, dass der talentierte Sohn keine Chance in der Provinzmannschaft bekomme, da er die falsche Hautfarbe habe. Ja, sagt die dazu befragte Beamtin aus dem Sportministerium, die Rugby-Verbände hätten es versäumt, sich zu „transformieren“, die Regierung werde das nun ändern. So weit ist schnell alles wieder vertraut.
Dann diese Nachricht: Ein gechartertes Flugzeug ist mit 200 Hochzeitsgästen aus Indien an Bord auf einem Militärflughafen gelandet. Statt kontrolliert zu werden, wurden sie freundlich durchgewunken und mit Polizeischutz und Blaulicht ins Fünf-Sterne-Hotel gebracht. Geheiratet wurde im Hause der Guptas, einer mit der Präsidentenfamilie persönlich und geschäftlich eng verbandelten indischen Sippe. Das restliche Südafrika ist empört. „Willkommen in Guptastan“ titelt eine Zeitung und drückt damit aus, was viele Bürgerinnen und Bürger empfinden.
Die Guptas sind erst Anfang der neunziger Jahre nach Südafrika gekommen. Zunächst nur mäßig erfolgreich, haben sie es verstanden, Strippen zur neuen Regierungspartei zu ziehen und im richtigen Moment zu nutzen. Die Verbindungen zur Zuma-Familie zahlen sich für beide Seiten geschäftlich aus. Und weil das alles so einfach zu erreichen war, haben die Guptas offenbar begonnen, das Land als ihres zu betrachten. Für ihre Hochzeitsfeier wollten sie erst den Oliver-Tambo-Flughafen in Johannesburg zur geschäftigsten Zeit für alle außer ihren Gästen weitgehend sperren lassen; als das nicht ging, sollte es dann der Militärflughafen sein. Doch auch dafür gab es eine Absage, diesmal von der Verteidigungsministerin.
Von einem offiziellen „Nein“ lässt sich aber nicht aufhalten, wer das Zauberwort „Zuma“ sagen kann – so hat sich dann doch noch ein dienstbarer Protokollchef gefunden, der das alles nett arrangieren konnte. Der ist nun suspendiert und offenbar als Hauptsündenbock ausersehen. Seine Untergebenen waren irritiert genug, die entsprechenden e-mails aufzubewahren.
Derweil fördert die Presse immer neue Details zutage, die von der Arroganz der Guptas und der Willfährigkeit hoher ANC-Politiker zeugen. Wie eng die Bande und wie verbunden beide in ihrem Bedürfnis nach luxuriösem Leben sind, zeigt auch die Einladungsliste: Da waren ANC-Adel und -Aufsteiger gut vertreten. Einige sind zu Hause geblieben – unter ihnen der Präsident –, andere haben es sich „nicht nehmen lassen“ mitzufeiern.
Die Hochzeitsgesellschaft in Sun City tanzt noch, da versucht das offizielle Südafrika den Image-Schaden von „Guptagate“ zu begrenzen. Und als die Feiern zu Ende gehen, müssen die Damen und Herren aus Indien von einem regulären Flughafen zurückfliegen - mit vier Stunden Verspätung und nach ausgiebigen Kontrollen durch Passbeamte und Zöllner. Damit wollte Südafrika am Ende dann doch noch zeigen, dass es (so ein Kabinettsmitglied) „keine Bananenrepublik“ ist.
Der kluge Jonny Steinberg, der jetzt in Oxford lehrt, aber auch Kolumnen für "Business Day" schreibt, hat es in einem anderen Zusammenhang so auf den Punkt gebracht: "Es ist als ob eine Demokratie und einen Bananenrepublik nebeneinander existieren. Jede der beiden wurschtelt fröhlich vor sich hin als ob die andere Sphäre nicht da wäre."
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