(rwl) … zu geben, ist riskant. Denn was gerade noch trendy war, ist ein, zwei Jahre später vielleicht gar nicht mehr da. Wer sich zum Beispiel auf Iwanowskys Reiseführer-Empfehlungen in seinem 2010 neu herausgegebenen Wälzer über Südafrika orientiert, wird in Tamboerskloof bei manchen Restaurants vor verschlossenen Türen oder in einem veränderten Ambiente stehen.
Beständig und über die Jahre mit guter bzw. ausgezeichneter Qualität sind dagegen Arnold’s und Miller’s Thumb. Arnold’s, 1998 gegründet, gehört Arnold Bettendorf, einem Österreicher, der seine Karriere im Gastgewerbe als 14jähriger in Trier begonnen hat. Das Restaurant in der Kloof Street ist morgens, mittags und abends geöffnet und meist gut besucht. Man kann dort zu moderaten Preisen u.a. eine Game Platter mit vier afrikanischen Fleischsorten bestellen (dazu gehört an machen Tagen auch Krokodil), eine geröstete Springbok-Keule ordern oder einen Ostrich Burger verzehren, je nach Appetit single oder double. Mit der Rechnung bekommt man meist einen Gutschein für eine Flasche Wein beim nächsten Besuch - als würde man nicht auch so wieder kommen.
Wer gerne Fisch isst, sollte bei Jane und Solly Solomon von Miller’s Thumb einkehren. Welcher Fisch am Tage frisch gefangen wurde, steht auf der Kreidetafel, man kann ihn dann wahlweise gegrillt mit, sagen wir, Zitronenbutter bekommen, nach marokkanischer oder malayischer Art zubereitet oder Cajun style mit einer aparten Kruste. Das alles steht in der an Mr. & Mrs. Hungry gerichteten Speisekarte. Und dann sind da noch die „specials“ auf der Kreidetafel, zuletzt Rumpsteak mit Schokoladen-Chili-Sauße und zum Nachtisch in Rotwein gegarte Birnenschnitze mit Blauschimmelkäseeis. So viel Kreativität hat dann auch einen etwas höheren Preis. Und bitte unbedingt vorbuchen: Wer einfach nur so vorbeikommt, läuft oft Gefahr, keinen Platz mehr zu bekommen.
Für das Frühstück oder den Mittagsimbiss gibt es seit November 2009 eine neue Anlaufstelle: den Cookshop in der Hatfield Street - das ist die Strasse in Gardens, in der auch das eindrucksvolle Jüdische Museum liegt. Ab 7.00 Uhr früh bekommt man dort Frischgebackenes, mittags gibt es eine wechselnde Karte mit gesunden Kleinigkeiten (etwa: Mittelöstlichen Brotsalat mit Sumach-Creme Dressing). Man nimmt sich, was man möchte, und bezahlt den kleinen (35 Rand) oder großen (45 Rand) Teller. Mit dem herannahenden Winter wird es dann mehr warme Suppen geben. Ehrliches Essen von ehrlichen Leuten in einer ehrlichen Umgebung hat eine Kapstädterin über dieses kleine Restaurant geschrieben. Es ist so populär, dass es wohl in ein paar Jahren auch noch da sein wird und - hoffentlich - nichts von seiner Frische verloren haben wird.
Südafrika-Tagebuch aus einem Land, das gut zwei Jahrzehnte nach Ende der Apartheid noch immer vor schwierigen Problemen steht: Beobachtungen aus Kapstadt und umzu.
Montag, 25. April 2011
Freitag, 22. April 2011
Shapiros Ostergruß
Der Ostergruß des Karikaturisten Shapiro aus dem aktuellen "Mail & Guardian". Rechts unten in der Ecke - in dieser Blog-Größe leider nicht zu entziffern - sieht man übrigens Demonstranten mit "Deliver!"-Plakaten und einen prügelnden Polizisten - und einen Osterhasen, dem dem ANC wegläuft: "Sorry, Buddy - You'll ruin my credibility!" Ach ja: Jacob Zuma hält einen Papierstapel mit der Aufschrift "Election Promises" in Händen...
Wir wünschen fröhliche Ostern aus Kapstadt!
Wir wünschen fröhliche Ostern aus Kapstadt!
Der Messias in Silvertown
(la/rwl) Kapstadt hat viele sehr unterschiedliche Stadtteile, und manche besucht man nur, wenn man dort ein bestimmtes Ziel hat. An Silvertown waren wir bisher immer achtlos vorbeigefahren, obwohl es am Weg vom Flughafen in die Stadt liegt und Teil von Athlone ist, das durch sein großes Stadion auf sich aufmerksam macht. Früher hatte dort „Dance for All“ sein Hauptquartier im Joseph Stone Theater - jene hinreißende Ballettschule für township-Kinder.
Wie Athlone insgesamt wird auch Silvertown überwiegend von Coloureds bewohnt. Auf der breiten Klipfontein Road geht es gleich nach dem Stadion (das Sepp Blatter für die Fußball-WM nicht gut genug war) links ab zur Neuapostolischen Kirche. Das Hinweisschild ist gar nicht nötig, wir müssen nur den vielen Autos folgen, die schon weit vor dem großen Betongebäude einparken. Junge Männer in weißem Hemd und Schlips winken uns ein: ein wilder Parkplatz auf einem freien Stück Land. Wir schließen uns den vielen Menschen im Sonntagsstaat an, die zur Kirche streben.
Kirchen in Südafrika sind manchmal sehr groß, diese hat genau 1965 Sitzplätze. Heute Nachmittag waren sie alle besetzt: Der Chor der Kirche führte mit dem Philharmonischen Orchester von Kapstadt Händels „Messias“ auf. „Auditorium open 1630, show starts at 1700“ hieß es auf der Eintrittskarte.
Im Saal sehr viele Coloureds, hier sind die Weißen in der Minderheit. Der Chor sitzt schon auf der Bühne - mehr als 100 Menschen, mehr junge Frauen, aber erstaunlich viele junge Männer. Chöre sind ein wesentlicher Bestandteil der Gottesdienstgestaltung und des Gemeindelebens. Auch im „Informations“-Radio SAFM erklingen am Sonntag die unterschiedlichsten Chöre.
Neben uns sitzt eine junge Frau; sie wohnt nicht in Silvertown, aber ihr Boyfriend singt mit im Chor. Zweimal pro Woche ist Probe, erzählt sie uns, vor einem Konzert wie diesem sogar dreimal. Heute ist nur die erste Besetzung auf der Bühne; insgesamt hat der Chor 200 Mitglieder, wie wir in der Pause erfahren. Die Neuapostolische Kirche hat am Kap einen eigenen Musikalischen Projektmanager, der heute Chor und Philharmoniker dirigiert.
Wenige Minuten nach 17 Uhr geht es los, und der Chor ist ziemlich gut. Händels „Messias“, 1741 geschrieben, ist ein effektvolles Werk - und beim bekanntesten Stück, dem „Hallelujah“, steht das offenbar mit dem Werk gut vertraute Publikum ganz selbstverständlich auf. Unterbrochen von einer kurzen Pause dauert die Aufführung fast drei Stunden. Sehr schnell machen sich die Silvertown-fremden Besucher kurz vor 20 Uhr wieder auf in ihre eigenen Stadtteile.
Dass sich die Menschen aus den verschiedenen Stadtteilen so selten begegnen, hat drei Gründe: die erzwungene Segregation der Apartheidpolitik, das Fehlen öffentlicher Räume und die Furcht vor Kriminalität. Wer mit einer Konzertkarte in der Tasche einen Nachmittag im fremden Territorium verbringt, wird auf sehr angenehme Art daran erinnert, dass auch dort Menschen leben, die Musik lieben und Gemeinschaft pflegen, die an der Moderne und der Mode teilhaben wollen (die meisten jungen Damen standen auf atemberaubend hohen Stöckelschuhen) und die dafür hart arbeiten. Ein Kristallisationspunkt dafür sind die Kirchen. In einem Land, das kaum noch eine öffentliche Moral kennt, geben sie Halt und Orientierung.
Wie Athlone insgesamt wird auch Silvertown überwiegend von Coloureds bewohnt. Auf der breiten Klipfontein Road geht es gleich nach dem Stadion (das Sepp Blatter für die Fußball-WM nicht gut genug war) links ab zur Neuapostolischen Kirche. Das Hinweisschild ist gar nicht nötig, wir müssen nur den vielen Autos folgen, die schon weit vor dem großen Betongebäude einparken. Junge Männer in weißem Hemd und Schlips winken uns ein: ein wilder Parkplatz auf einem freien Stück Land. Wir schließen uns den vielen Menschen im Sonntagsstaat an, die zur Kirche streben.
Kirchen in Südafrika sind manchmal sehr groß, diese hat genau 1965 Sitzplätze. Heute Nachmittag waren sie alle besetzt: Der Chor der Kirche führte mit dem Philharmonischen Orchester von Kapstadt Händels „Messias“ auf. „Auditorium open 1630, show starts at 1700“ hieß es auf der Eintrittskarte.
Im Saal sehr viele Coloureds, hier sind die Weißen in der Minderheit. Der Chor sitzt schon auf der Bühne - mehr als 100 Menschen, mehr junge Frauen, aber erstaunlich viele junge Männer. Chöre sind ein wesentlicher Bestandteil der Gottesdienstgestaltung und des Gemeindelebens. Auch im „Informations“-Radio SAFM erklingen am Sonntag die unterschiedlichsten Chöre.
Neben uns sitzt eine junge Frau; sie wohnt nicht in Silvertown, aber ihr Boyfriend singt mit im Chor. Zweimal pro Woche ist Probe, erzählt sie uns, vor einem Konzert wie diesem sogar dreimal. Heute ist nur die erste Besetzung auf der Bühne; insgesamt hat der Chor 200 Mitglieder, wie wir in der Pause erfahren. Die Neuapostolische Kirche hat am Kap einen eigenen Musikalischen Projektmanager, der heute Chor und Philharmoniker dirigiert.
Wenige Minuten nach 17 Uhr geht es los, und der Chor ist ziemlich gut. Händels „Messias“, 1741 geschrieben, ist ein effektvolles Werk - und beim bekanntesten Stück, dem „Hallelujah“, steht das offenbar mit dem Werk gut vertraute Publikum ganz selbstverständlich auf. Unterbrochen von einer kurzen Pause dauert die Aufführung fast drei Stunden. Sehr schnell machen sich die Silvertown-fremden Besucher kurz vor 20 Uhr wieder auf in ihre eigenen Stadtteile.
Dass sich die Menschen aus den verschiedenen Stadtteilen so selten begegnen, hat drei Gründe: die erzwungene Segregation der Apartheidpolitik, das Fehlen öffentlicher Räume und die Furcht vor Kriminalität. Wer mit einer Konzertkarte in der Tasche einen Nachmittag im fremden Territorium verbringt, wird auf sehr angenehme Art daran erinnert, dass auch dort Menschen leben, die Musik lieben und Gemeinschaft pflegen, die an der Moderne und der Mode teilhaben wollen (die meisten jungen Damen standen auf atemberaubend hohen Stöckelschuhen) und die dafür hart arbeiten. Ein Kristallisationspunkt dafür sind die Kirchen. In einem Land, das kaum noch eine öffentliche Moral kennt, geben sie Halt und Orientierung.
Polizeigewalt
(la/rwl) Das Bild hat in Südafrika Schockwellen ausgelöst: Ein unbewaffneter Demonstrant, der bei einer Protestkundgebung in der Kleinstadt Ficksburg (Orange Free State) einen alten Mann vor Übergriffen der Polizei schützen wollte, war von Polizisten verprügelt und aus nächster Nähe zweimal angeschossen worden - er starb in den Armen seines Freundes, Minuten nach dieser Aufnahme. Die Bilder liefen abends in den Hauptnachrichten als Aufmacher: Posthum ist Andries Tatane berühmt geworden.
Seit einer Woche wird der Fall heftig diskutiert. „Delivery protests“ sind zahlreich, Polizeiübergriffe auch - den Tod eines Demonstranten aber konnte man noch nie im Fernsehen miterleben. Auch ANC-Sprecher Jackson Mthembu fühlte sich an die finstersten Zeiten der Apartheid erinnert, als die Polizei Demonstrationen ohne Rücksicht auf Menschenrechte niederknüppelte.
Jetzt ist die grundsätzliche Kritik an den Sicherheitskräften ein Thema der Medien: Die Polizei ist in den vergangenen Jahren militarisiert worden, aus „Police Service“ wurde „Police Force“, Polizeichef Cele hat die Beamten mit militärischen Dienstgraden versehen, nennt sich selbst „General“ und ermuntert im „Krieg gegen die Kriminalität“ zum schnellen Gebrauch von Schusswaffen. Die frühe Mahnung von ANC-Veteran Kader Asmal, nach der Verfassung sei die Polizei ein Diener der Bürger und nicht ihr Gegner, stieß damals auf taube Ohren.
Heute, so beklagt die „Sunday Times“, scheine die Polizei die Verfassung als Hindernis für eine effektive Polizeiarbeit zu begreifen. Und der „Sunday Independent“ fragt bitter, wann die ANC-Regierung endlich aufwache und begreife, dass „General“ Cele „einen Haufen wilder Hunde“ heranzüchte.
Die Anwendung exzessiver Gewalt im Polizeialltag sei seit langem normal, schreibt Gareth Newham vom renommierten Institute for Security Studies in Pretoria; die aufrüttelnden Fernsehbilder vom Tod Andries Tatanes haben dies nur öffentlich bewusst gemacht. Das für Polizeiübergriffe eingerichtete „Independent Complaints Directorate“ hat in den vergangenen Jahren eine wachsende Zahl von Übergriffen und Todesfällen gezählt. Jetzt soll es die Hintergründe untersuchen; sechs Polizisten von Ficksburg sind vorläufig festgenommen. Beim ersten Auftritt vor Gericht mussten sie vor wütenden Bürgerinnen und Bürgern geschützt werden.
Bis die südafrikanische Polizei nicht nur gefürchtet, sondern von den Bürgern auch wieder respektiert wird, scheint noch ein langer Weg. Es wäre sehr traurig, hat „Business Day“-Chefredakteur Peter Bruce an diesem Montag geschrieben, wenn Polizeichef Cele am Ende dieser Woche noch Polizeichef wäre. Wie nicht anders zu erwarten, ist er aber weiterhin im Amt.
Seit einer Woche wird der Fall heftig diskutiert. „Delivery protests“ sind zahlreich, Polizeiübergriffe auch - den Tod eines Demonstranten aber konnte man noch nie im Fernsehen miterleben. Auch ANC-Sprecher Jackson Mthembu fühlte sich an die finstersten Zeiten der Apartheid erinnert, als die Polizei Demonstrationen ohne Rücksicht auf Menschenrechte niederknüppelte.
Jetzt ist die grundsätzliche Kritik an den Sicherheitskräften ein Thema der Medien: Die Polizei ist in den vergangenen Jahren militarisiert worden, aus „Police Service“ wurde „Police Force“, Polizeichef Cele hat die Beamten mit militärischen Dienstgraden versehen, nennt sich selbst „General“ und ermuntert im „Krieg gegen die Kriminalität“ zum schnellen Gebrauch von Schusswaffen. Die frühe Mahnung von ANC-Veteran Kader Asmal, nach der Verfassung sei die Polizei ein Diener der Bürger und nicht ihr Gegner, stieß damals auf taube Ohren.
Heute, so beklagt die „Sunday Times“, scheine die Polizei die Verfassung als Hindernis für eine effektive Polizeiarbeit zu begreifen. Und der „Sunday Independent“ fragt bitter, wann die ANC-Regierung endlich aufwache und begreife, dass „General“ Cele „einen Haufen wilder Hunde“ heranzüchte.
Die Anwendung exzessiver Gewalt im Polizeialltag sei seit langem normal, schreibt Gareth Newham vom renommierten Institute for Security Studies in Pretoria; die aufrüttelnden Fernsehbilder vom Tod Andries Tatanes haben dies nur öffentlich bewusst gemacht. Das für Polizeiübergriffe eingerichtete „Independent Complaints Directorate“ hat in den vergangenen Jahren eine wachsende Zahl von Übergriffen und Todesfällen gezählt. Jetzt soll es die Hintergründe untersuchen; sechs Polizisten von Ficksburg sind vorläufig festgenommen. Beim ersten Auftritt vor Gericht mussten sie vor wütenden Bürgerinnen und Bürgern geschützt werden.
Bis die südafrikanische Polizei nicht nur gefürchtet, sondern von den Bürgern auch wieder respektiert wird, scheint noch ein langer Weg. Es wäre sehr traurig, hat „Business Day“-Chefredakteur Peter Bruce an diesem Montag geschrieben, wenn Polizeichef Cele am Ende dieser Woche noch Polizeichef wäre. Wie nicht anders zu erwarten, ist er aber weiterhin im Amt.
Donnerstag, 21. April 2011
Autos, Autos
(la) Autos sind in Südafrika ein wichtiges Statussymbol. Und Autokennzeichen gehören dazu. Auch hier war früher alles wohl geordnet: „CA“ oder ein „C“ im Schild ist auch heute noch ein untrügliches Kennzeichen für Kapstadt, „GP“ am Ende steht für die Provinz Gauteng, „NP“ für Northern Province, „FS“ für Free State, „WP“ für Western Province - das ist alles noch sehr logisch und überschaubar.
Seit einiger Zeit aber besteht die Möglichkeit, sich gegen eine jährliche kleine Gebühr eigene Kreationen als Nummernschild geben zu lassen. Jetzt verraten manche Autos nicht mehr ihre Herkunft, sondern sagen viel mehr aus über den Fahrer. Egomanen und Angeber dürfen sich austoben („OPULENT 1“), und clevere Geschäftsleute werben mit dem Autokennzeichen für sich und ihre Produkte. Unsere Nachbarin Jenny Morris, „the giggling gourmet“ - eine Köchin mit eigenem Catering und Kochshows im Radio -, fährt gleich mit mehreren Autos Werbung für sich: „FOOD4U-WP“ liest sich als „Food for you“, „FOOD2U“ fährt sie auch, und der Wagen mit „GR8FOOD“ gehört ihr ebenfalls.
Südafrikanische Autofahrer haben allerdings auch Humor. Bei „7ATE9“ sitzt wohl ein kleiner Witzbold hinter dem Steuer, und ein Macho hat sich ein "BLONDE"-Schild bestellt - mit auf dem Kopf stehenden Buchstaben. „WASNT ME“ gehört wohl auch einem lustigen Menschen. Und ob „GANGSTA 1-GP“ ein Regierungs-Auto aus Johannesburg ist? Dann wäre „WASNT ME“ eigentlich ein guter Zweitwagen…
Seit einiger Zeit aber besteht die Möglichkeit, sich gegen eine jährliche kleine Gebühr eigene Kreationen als Nummernschild geben zu lassen. Jetzt verraten manche Autos nicht mehr ihre Herkunft, sondern sagen viel mehr aus über den Fahrer. Egomanen und Angeber dürfen sich austoben („OPULENT 1“), und clevere Geschäftsleute werben mit dem Autokennzeichen für sich und ihre Produkte. Unsere Nachbarin Jenny Morris, „the giggling gourmet“ - eine Köchin mit eigenem Catering und Kochshows im Radio -, fährt gleich mit mehreren Autos Werbung für sich: „FOOD4U-WP“ liest sich als „Food for you“, „FOOD2U“ fährt sie auch, und der Wagen mit „GR8FOOD“ gehört ihr ebenfalls.
Südafrikanische Autofahrer haben allerdings auch Humor. Bei „7ATE9“ sitzt wohl ein kleiner Witzbold hinter dem Steuer, und ein Macho hat sich ein "BLONDE"-Schild bestellt - mit auf dem Kopf stehenden Buchstaben. „WASNT ME“ gehört wohl auch einem lustigen Menschen. Und ob „GANGSTA 1-GP“ ein Regierungs-Auto aus Johannesburg ist? Dann wäre „WASNT ME“ eigentlich ein guter Zweitwagen…
Mike Campbell gestorben
Im vergangenen Jahr hatten wir ihn im Film kennengelernt: Mike Campbell, den Farmer aus Simbabwe, der gegen seinen Präsidenten vor dem SADC-Tribunal in Windhuk geklagt und gewonnen hatte. Trotzdem war Campbell von seiner Farm vertrieben worden, wie eindrücklich in dem Dokumentarfilm "Mugabe and the White African" geschildert wurde (siehe Blog-Eintrag vom 1.8.2010!). Am 6. April ist Mike Campbell in Harare im Alter von 78 Jahren gestorben - und der "Economist" hat ihm einen Nachruf gewidmet: www.economist.com/node/18584000
Samstag, 16. April 2011
Alarm
(la) Unser Nachbar hatte gestern abend alle Schuld auf seine Frau abgewälzt: „Louise hat das Management der Sicherheitsanlage übernommen, und die ist nun einmal ziemlich kompliziert!“ Der Sirenenalarm hatte uns mehrfach auf die Terrasse gebracht, von wo aus man die Einfahrt zum Nachbargrundstück überblicken kann: Alles ruhig - nur die Sirene nicht. Beim dritten Alarm haben wir den abwesenden Nachbarn dann doch auf dem Handy informiert, und wenige Minuten später kam Johann, um nach dem Rechten zu sehen. Fehlalarm!
Heute morgen schrillt die Sirene bis zum Mittag fünfmal - und die Nachbarn sind wieder unterwegs. Telefonisch bitten sie uns um Amtshilfe: Vermutlich hätten sich Klappläden auf dem Balkon, vom Wind ermutigt, selbständig gemacht und den Alarm ausgelöst; die Sicherheitsleute sollten mal nachschauen, und wir hätten doch gerade die große Leiter geborgt…
Wenige Minuten später steht ein Wagen der Sicherheitsfirma ADT vor der Tür. Mit der Pistole im Halfter klettert der junge Mann, sichtlich ungeübt, über das Tor und prüft das Haus: Alle Fenster dicht, die Klappläden festgezurrt. „Seems okay“, sagt Themba und klettert wieder auf die Straße.
Auf seiner 12-Stunden-Schicht fährt er nur im Stadtteil Tamboerskloof Streife. „Nach einem Alarm bin ich innerhalb von drei Minuten da“, sagt er stolz. Drei Monate ist er für diesen Job geschult worden, aber sehr oft kommt er nicht zum Einsatz. „Ein-, zweimal im Monat werden wir alarmiert“, sagt er - meistens, nachdem parkende Autos aufgebrochen wurden.
In seinem Wagen hat Themba Verbindung zur Polizei (SAPS) und zur Tamboerskloof Neighbourhood Watch, einer Selbsthilfegruppe der Stadtteilbewohner, die auch Streife gehen/fahren. Wenn der Alarm mit Druck auf einen „Panic Button“ im Haus ausgelöst wird und also vermutlich im Haus ein Problem besteht, soll er nicht auf eigene Faust tätig werden, sondern auf die Polizei warten. TBK Watch ist mit der Polizei (SAPS) vernetzt.
Oft genug reicht die pure Präsenz. „Wenn hier um Mitternacht Leute herumspazieren, dann suchen die doch vermutlich eine Gelegenheit“, sagt Themba. „Wir fragen dann, was sie hier wollen - aber mehr können wir nicht machen. Hier darf ja jetzt jeder jederzeit herumspazieren.“
Neulich abends hat er drei Afrikaner beim Aufbrechen eines Autos gestört. Eine Anzeige wollte der Besitzer des Wagens aber trotzdem nicht machen: Das sei zuviel Papierkram, und die Diebe kämen ja doch am nächsten Tag wieder frei. „Aber bedankt hat er sich bei mir, dass ich meinen Job mache“, sagt Themba und fährt weiter Streife.
Heute morgen schrillt die Sirene bis zum Mittag fünfmal - und die Nachbarn sind wieder unterwegs. Telefonisch bitten sie uns um Amtshilfe: Vermutlich hätten sich Klappläden auf dem Balkon, vom Wind ermutigt, selbständig gemacht und den Alarm ausgelöst; die Sicherheitsleute sollten mal nachschauen, und wir hätten doch gerade die große Leiter geborgt…
Wenige Minuten später steht ein Wagen der Sicherheitsfirma ADT vor der Tür. Mit der Pistole im Halfter klettert der junge Mann, sichtlich ungeübt, über das Tor und prüft das Haus: Alle Fenster dicht, die Klappläden festgezurrt. „Seems okay“, sagt Themba und klettert wieder auf die Straße.
Auf seiner 12-Stunden-Schicht fährt er nur im Stadtteil Tamboerskloof Streife. „Nach einem Alarm bin ich innerhalb von drei Minuten da“, sagt er stolz. Drei Monate ist er für diesen Job geschult worden, aber sehr oft kommt er nicht zum Einsatz. „Ein-, zweimal im Monat werden wir alarmiert“, sagt er - meistens, nachdem parkende Autos aufgebrochen wurden.
In seinem Wagen hat Themba Verbindung zur Polizei (SAPS) und zur Tamboerskloof Neighbourhood Watch, einer Selbsthilfegruppe der Stadtteilbewohner, die auch Streife gehen/fahren. Wenn der Alarm mit Druck auf einen „Panic Button“ im Haus ausgelöst wird und also vermutlich im Haus ein Problem besteht, soll er nicht auf eigene Faust tätig werden, sondern auf die Polizei warten. TBK Watch ist mit der Polizei (SAPS) vernetzt.
Oft genug reicht die pure Präsenz. „Wenn hier um Mitternacht Leute herumspazieren, dann suchen die doch vermutlich eine Gelegenheit“, sagt Themba. „Wir fragen dann, was sie hier wollen - aber mehr können wir nicht machen. Hier darf ja jetzt jeder jederzeit herumspazieren.“
Neulich abends hat er drei Afrikaner beim Aufbrechen eines Autos gestört. Eine Anzeige wollte der Besitzer des Wagens aber trotzdem nicht machen: Das sei zuviel Papierkram, und die Diebe kämen ja doch am nächsten Tag wieder frei. „Aber bedankt hat er sich bei mir, dass ich meinen Job mache“, sagt Themba und fährt weiter Streife.
Sicelo Shiceka und das Regierungs-Handbuch
(la) Das ist Sicelo Shiceka. Sicelo Shiceka ist einer von 65(!!) Ministern und stellvertretenden Ministern im südafrikanischen Kabinett. Seit September 2008 ist er „Minister of Co-operative Governance and Traditional Affairs“. Shiceka ist damit für die lokalen Verwaltungen zuständig - und er genießt offenbar sein Amt: Als südafrikanischer Minister kann man es sich ziemlich gut gehen lassen. Wie gut, hat die „Sunday Times“ kürzlich penibel aufgelistet.
☻ Als sein Präsident Zuma im Parlament von Kapstadt sprach, quartierte sich Shiceka im „One & Only“ ein, einem der neuesten 5-Sterne-Hotels von Kapstadt - eine Nacht für 55.793 Rand (geteilt durch zehn, dann sind es Euro). Innerhalb eines Jahres gab Shiceka - besser: der südafrikanische Steuerzahler - im „One & Only“ für sich und seine Leute 640.000 Rand aus.
☻ Innerhalb von acht Monaten ließ Shiceka zehn seiner Familienmitglieder für 160.000 Rand herumfliegen, ebenfalls auf Steuerzahlerkosten.
☻ Auch er selbst war oft in der Luft: 2009 mit 183 Flügen innerhalb von neun Monaten - für 1,3 Millionen Rand.
☻ Als Shicekas Freundin wegen Drogenhandels in der Schweiz im Gefängnis saß, flog er schon kurz nach seiner Bestallung als Minister mit seiner persönlichen Assistentin für fünf Tage nach Genf - Erster Klasse, für 77.000 Rand je Ticket. Das gebuchte 4-Sterne-Hotel wurde kurzfristig in ein 5-Sterne-Hotel ausgetauscht; die Limousine für die Fahrt zum Gefängnis kostete 32.000 Rand. Insgesamt schlug die Stippvisite mit 367.000 Rand zu Buche. Offizieller Grund de Reise: Gespräche zur Vorbereitung der Fußball-WM. Shiceka selbst sagt heute, er habe von den Erfahrungen der Schweiz als Fußball-WM-Gastgeber profitieren wollen (für Fußball-Laien: das war 1954; Deutschland gewann!). Seine persönliche Assistentin bestätigte der „Sunday Times“ aber, dass der Besuch bei der Freundin im Gefängnis einziger Programmpunkt der Reise war.
Auf seine teuren Reisen angesprochen, sah Shiceka kein Problem: Das ministerielle Handbuch erlaube das. Die Wochenzeitung „Mail & Guardian“ hat daraufhin in dieser Woche versucht, dieses ministerielle Handbuch zu bekommen. Zunächst hieß es im Informationsministerium, das sei leider unmöglich, es handele sich um ein geheimes Papier, auf Nachfrage dann, neugierige Journalisten müssten einen Antrag stellen. Schließlich meinte die Pressestelle, man arbeite gerade daran, der Öffentlichkeit das Handbuch einfacher zur Verfügung zu stellen…
Der „Mail & Guardian“ ist hartnäckig und hat das Handbuch über andere Kanäle bekommen. Die Regeln dort lesen sich eher so, dass Sicelo Shiceka sich nicht ganz so sparsam verhalten hat wie dort vorgeschlagen. Jetzt - so hat der ANC vor einigen Tagen beschlossen - soll der Public Protector klären, ob der Minister sich korrekt verhalten hat oder nicht.
Und Interessierte haben seit gestern ganz einfach Zugang zu dem Ministerial Handbook: Beim „Mal & Guardian“ kann man es sich herunterladen - http://www.mg.co.za/handbook
☻ Als sein Präsident Zuma im Parlament von Kapstadt sprach, quartierte sich Shiceka im „One & Only“ ein, einem der neuesten 5-Sterne-Hotels von Kapstadt - eine Nacht für 55.793 Rand (geteilt durch zehn, dann sind es Euro). Innerhalb eines Jahres gab Shiceka - besser: der südafrikanische Steuerzahler - im „One & Only“ für sich und seine Leute 640.000 Rand aus.
☻ Innerhalb von acht Monaten ließ Shiceka zehn seiner Familienmitglieder für 160.000 Rand herumfliegen, ebenfalls auf Steuerzahlerkosten.
☻ Auch er selbst war oft in der Luft: 2009 mit 183 Flügen innerhalb von neun Monaten - für 1,3 Millionen Rand.
☻ Als Shicekas Freundin wegen Drogenhandels in der Schweiz im Gefängnis saß, flog er schon kurz nach seiner Bestallung als Minister mit seiner persönlichen Assistentin für fünf Tage nach Genf - Erster Klasse, für 77.000 Rand je Ticket. Das gebuchte 4-Sterne-Hotel wurde kurzfristig in ein 5-Sterne-Hotel ausgetauscht; die Limousine für die Fahrt zum Gefängnis kostete 32.000 Rand. Insgesamt schlug die Stippvisite mit 367.000 Rand zu Buche. Offizieller Grund de Reise: Gespräche zur Vorbereitung der Fußball-WM. Shiceka selbst sagt heute, er habe von den Erfahrungen der Schweiz als Fußball-WM-Gastgeber profitieren wollen (für Fußball-Laien: das war 1954; Deutschland gewann!). Seine persönliche Assistentin bestätigte der „Sunday Times“ aber, dass der Besuch bei der Freundin im Gefängnis einziger Programmpunkt der Reise war.
Auf seine teuren Reisen angesprochen, sah Shiceka kein Problem: Das ministerielle Handbuch erlaube das. Die Wochenzeitung „Mail & Guardian“ hat daraufhin in dieser Woche versucht, dieses ministerielle Handbuch zu bekommen. Zunächst hieß es im Informationsministerium, das sei leider unmöglich, es handele sich um ein geheimes Papier, auf Nachfrage dann, neugierige Journalisten müssten einen Antrag stellen. Schließlich meinte die Pressestelle, man arbeite gerade daran, der Öffentlichkeit das Handbuch einfacher zur Verfügung zu stellen…
Der „Mail & Guardian“ ist hartnäckig und hat das Handbuch über andere Kanäle bekommen. Die Regeln dort lesen sich eher so, dass Sicelo Shiceka sich nicht ganz so sparsam verhalten hat wie dort vorgeschlagen. Jetzt - so hat der ANC vor einigen Tagen beschlossen - soll der Public Protector klären, ob der Minister sich korrekt verhalten hat oder nicht.
Und Interessierte haben seit gestern ganz einfach Zugang zu dem Ministerial Handbook: Beim „Mal & Guardian“ kann man es sich herunterladen - http://www.mg.co.za/handbook
Montag, 11. April 2011
Wahlkampf am Kap
(rwl/la) Am 18. Mai wird in Südafrika gewählt - da, wo es wirklich brennt, in den Kommunen. Die Regierungspartei ANC erinnert sich an das Volk, führende Vertreter sind im Land unterwegs und müssen sich harsche Kritik an lokalen Missständen anhören. „Save us from the vampires in the ANC in Nelson Mandela Bay” war ihr Appell im ehemaligen Port Elizabeth.
Port Elizabeth liegt im Eastern Cape, einer Provinz, die besonders schlecht regiert wird. Um die Wähler zu motivieren, dennoch ihr Kreuz beim ANC zu machen, greifen manche Wahlkämpfer auf Helden der Vergangenheit oder höhere Mächte zurück. Im Februar hatte Präsident Zuma den Wählerinnen und Wählern am Ostkap erklärt, eine Stimme für die Opposition sei eine Stimme für den Teufel. Ende vergangener Woche verkündete er in Graaff-Reinet, Gott sei immer da präsent, wo der ANC vertreten sei: „Wenn Ihr für den ANC stimmt, werden sogar Eure Hände gesegnet sein.“ Der ANC, das hatte Zuma schon vor längerer Zeit angekündigt, werde regieren, „bis Jesus Christus zurück komme“.
Julius Malema, das enfant terrible der südafrikanischen Politik, war als Vorsitzender der ANC-Jugendliga in New Brighton und beschwor die Geister der Vergangenheit: „Wenn Ihr die ANC-Väter enttäuschen wollt, dann stimmt für die Democratic Alliance“. Und weiter: „Am 18. Mai, dem Geburtstag von Walter Sisulu (dem verstorbenen Kampfgefährten Nelson Mandelas), könnt Ihr nicht gegen seine Organisation stimmen.“ Und: „Wenn Ihr wollt, dass sich Chris Hani im Grab umdreht, dann geht hin und wählt einen Unabhängigen.“
Hani, der sehr respektierte Generalsekretär der Kommunistischen Partei, war 1993 von einem polnischen Immigranten ermordet worden. Und die unabhängigen Kandidaten, das sind oft ehemalige ANC-Lokalmatadore, die von der Partei nicht wieder aufgestellt oder von der Kandidatenliste gestrichen worden waren und jetzt als Unabhängige kandidieren. Manche werden von ANC-Generalsekretär Mantashe persönlich zu Hause aufgesucht, damit sie sich der Parteidisziplin unterwerfen und ihre Kandidatur zurückziehen. Genaues weiß man erst am kommenden Dienstag, wenn die Wahlbehörde die offizielle Kandidaten-Liste veröffentlicht, aber bei dieser Wahl wird es sicher mehr als 800 unabhängige Kandidaten geben: so viele wie noch nie.
Der ANC mobilisiert mit allen Mitteln, denn viele enttäuschte ANC-Anhänger wollen am Wahltag zu Hause bleiben: Politiker, das haben sie gelernt, versprechen ihnen vor der Wahl alles und lassen sich danach nie wieder blicken. Wozu also überhaupt wählen?
Da muss man schon mit allen Mitteln arbeiten. „Glaubt an zwei Dinge: an Gott und an den ANC“, ruft Präsident Zuma den Wählerinnen und Wählern zu. Und auch wenn das Leben auf Erden für die enttäuschten ANC-Anhänger ziemlich trostlos ist - ein Populist wie Julius Malema weiß: „Der ANC steht für den Himmel auf Erden“. In Port Elizabeth instrumentalisierte Malema auch den früheren Präsidenten: „Präsident Mandela ist krank, und Ihr wollt doch nicht zur Verschlechterung seines Zustandes beitragen, in dem ihr nicht ANC wählt.“ (Shapiro, der scharfzüngige Cartoonist in Kapstadt, hat dies sofort aufgespießt - siehe die Karikatur aus der "Sunday Times"!)
Port Elizabeth, aka Nelson Mandela Bay, ist heftig umkämpft. Bei den Provinzwahlen (2009) war die Zustimmung zum regierenden ANC schon auf 49,15 Prozent abgesunken. Es wird bereits darüber spekuliert, dass demnächst eine von der DA geführte Koalition im Rathaus regieren könnte. Vizepräsident Motlanthe hat erst vor einigen Tagen Schlagzeilen gemacht: Als er im Wahlkampf einräumte, dass der ANC Kapstadt jetzt wohl nicht zurückgewinnen werde. Aber dann bei der nächsten Wahl, 2014…
Port Elizabeth liegt im Eastern Cape, einer Provinz, die besonders schlecht regiert wird. Um die Wähler zu motivieren, dennoch ihr Kreuz beim ANC zu machen, greifen manche Wahlkämpfer auf Helden der Vergangenheit oder höhere Mächte zurück. Im Februar hatte Präsident Zuma den Wählerinnen und Wählern am Ostkap erklärt, eine Stimme für die Opposition sei eine Stimme für den Teufel. Ende vergangener Woche verkündete er in Graaff-Reinet, Gott sei immer da präsent, wo der ANC vertreten sei: „Wenn Ihr für den ANC stimmt, werden sogar Eure Hände gesegnet sein.“ Der ANC, das hatte Zuma schon vor längerer Zeit angekündigt, werde regieren, „bis Jesus Christus zurück komme“.
Julius Malema, das enfant terrible der südafrikanischen Politik, war als Vorsitzender der ANC-Jugendliga in New Brighton und beschwor die Geister der Vergangenheit: „Wenn Ihr die ANC-Väter enttäuschen wollt, dann stimmt für die Democratic Alliance“. Und weiter: „Am 18. Mai, dem Geburtstag von Walter Sisulu (dem verstorbenen Kampfgefährten Nelson Mandelas), könnt Ihr nicht gegen seine Organisation stimmen.“ Und: „Wenn Ihr wollt, dass sich Chris Hani im Grab umdreht, dann geht hin und wählt einen Unabhängigen.“
Hani, der sehr respektierte Generalsekretär der Kommunistischen Partei, war 1993 von einem polnischen Immigranten ermordet worden. Und die unabhängigen Kandidaten, das sind oft ehemalige ANC-Lokalmatadore, die von der Partei nicht wieder aufgestellt oder von der Kandidatenliste gestrichen worden waren und jetzt als Unabhängige kandidieren. Manche werden von ANC-Generalsekretär Mantashe persönlich zu Hause aufgesucht, damit sie sich der Parteidisziplin unterwerfen und ihre Kandidatur zurückziehen. Genaues weiß man erst am kommenden Dienstag, wenn die Wahlbehörde die offizielle Kandidaten-Liste veröffentlicht, aber bei dieser Wahl wird es sicher mehr als 800 unabhängige Kandidaten geben: so viele wie noch nie.
Der ANC mobilisiert mit allen Mitteln, denn viele enttäuschte ANC-Anhänger wollen am Wahltag zu Hause bleiben: Politiker, das haben sie gelernt, versprechen ihnen vor der Wahl alles und lassen sich danach nie wieder blicken. Wozu also überhaupt wählen?
Da muss man schon mit allen Mitteln arbeiten. „Glaubt an zwei Dinge: an Gott und an den ANC“, ruft Präsident Zuma den Wählerinnen und Wählern zu. Und auch wenn das Leben auf Erden für die enttäuschten ANC-Anhänger ziemlich trostlos ist - ein Populist wie Julius Malema weiß: „Der ANC steht für den Himmel auf Erden“. In Port Elizabeth instrumentalisierte Malema auch den früheren Präsidenten: „Präsident Mandela ist krank, und Ihr wollt doch nicht zur Verschlechterung seines Zustandes beitragen, in dem ihr nicht ANC wählt.“ (Shapiro, der scharfzüngige Cartoonist in Kapstadt, hat dies sofort aufgespießt - siehe die Karikatur aus der "Sunday Times"!)
Port Elizabeth, aka Nelson Mandela Bay, ist heftig umkämpft. Bei den Provinzwahlen (2009) war die Zustimmung zum regierenden ANC schon auf 49,15 Prozent abgesunken. Es wird bereits darüber spekuliert, dass demnächst eine von der DA geführte Koalition im Rathaus regieren könnte. Vizepräsident Motlanthe hat erst vor einigen Tagen Schlagzeilen gemacht: Als er im Wahlkampf einräumte, dass der ANC Kapstadt jetzt wohl nicht zurückgewinnen werde. Aber dann bei der nächsten Wahl, 2014…
Sonntag, 10. April 2011
Ausflug nach Altona
(rwl) Kapstadt.com heißt ein Magazin, das „auf gut Deutsch“ über alles informiert, was Touristen interessieren könnte. Geworben wird ganz besonders für Angebote von Deutschen oder Deutschstämmigen. Oder von Deutsch sprechenden, wie dem Südtiroler Johann Innerhofer, der in Somerset West Wein und Oliven anbaut und vor gut einem Jahr ein Restaurant eröffnet hat. Dass viele Südtiroler sehr gut kochen, haben wir oft erlebt und genießen können, es ist also ein Besuch fällig. Und weil wir neugierig sind, machen wir uns schon am Nachmittag auf nach Sommerset West.
Die Stadt gehört zum Großraum Kapstadt, ist traditionell bei Deutsch(stämmig)en sehr beliebt - und wächst offenbar weiter. Links der Autobahn (von Kapstadt aus gesehen), schießen seit Jahren neue Wohnsiedlungen aus dem Boden (in Südafrika werden zuerst die Straßen gebaut und - heutzutage - auch die Umfriedung, meist Mauern).
Auf die Frage, wer in diesen vielen neuen Siedlungen (auch im Norden Kapstadt gibt es immer mehr davon) wohnt, wissen wir immer noch keine gute Antwort - die bisherigen Auskünfte reichen von jungen Kapstädtern, urlaubenden Johannesburgern über britische Rentner und deutsche „Schwalben“ (regelmässige Langzeiturlauber) bis hin zu aufstrebenden Mittelschichtangehörigen, insbesondere der Coloureds.
Die Fragezeichen werden noch größer, als wir die alte Sir Lowry’s Pass Road entlang fahren; sie verläuft etwas oberhalb der Autobahn, und man hat einen schönen Blick über die Bucht und die sie begrenzenden Berge. Links und rechts weitere umfriedete Wohnsiedlungen (gated communities), so neu, dass noch nicht einmal alle Straßen auf unserem neuen Stadtplan verzeichnet sind. Daneben, ebenfalls neu, ein paar Weingüter, und eines davon gehört dem Meerblick suchenden Südtiroler.
Noch ein Stück weiter ändert sich das Bild und die Stimmung: statt gefräßiger Erschließung (urban sprawl nennen das die Stadtplaner) ältere Häuser, manche leicht heruntergekommen, viele mit Elektrozaun gesichert. Ein Weingut steht zum Verkauf, offenbar schon länger, denn es sieht nicht so einladend aus wie die meist penibel gepflegten Anwesen. Auch hier sind fast alle Gebäude mit Elektrozaun umgeben. Ganz am Ende, jenseits eines unbeschränkten Bahnübergangs, wird die Straße nicht mehr gewartet, weil die Zufahrt auf die berühmte eigentliche Passstraße gesperrt ist. Eine Sackgasse also, langsam wächst sie von links und rechts zu. Plastikmüll und niedergedrücktes Buschwerk legen die Vermutung nahe, das hier Menschen gehaust haben. Wir kehren um.
Rechts geht es zu einem jahrhundertealten Weingut: Knoerhoek ("seit 1793"). Vor dem gesicherten Tor ein Auto der Sicherheitsfirma ADT, hinter dem Schlagbaum ein Wächter. Irgendwas stimmt hier nicht. Vom nicht sehr gesprächigen Wachmann erfahren wir, dass es viele Überfälle gegeben hat, und als unser Blick auf einen neuen Zaun mit verschärftem Stacheldraht fällt, sagt er: „Und jetzt haben wir auch noch Patrouillen mit Hunden aufgenommen“. Daneben ein neues Weingut, Wedderwill, ebenfalls mit Eingangskontrollen gesichert.
Zurück auf Sir Lowry’s Pass Road liegt links Sir Lowry’s Pass Village. Wir registrieren das Schild „Methodist Mission“ und eine stacheldrahtverbarrikadierte Polizeistation. Wir fahren weiter, weil uns leider erst beim nächsten Blick auf den Stadtplan auffällt, dass das Dorf eine besondere Geschichte haben muss. Die eine Hälfte heißt „Mission Grounds“, die andere, fein säuberlich durch die Straße getrennt und mit einem engeren Straßengeflecht, „Sun City“.
Inzwischen fahren wir so langsam, dass wir den Autoverkehr stören und mehrfach rechts ran müssen. Nicht gerade gepflegte Häuser, verrostende Maklerschilder, eine Abfahrt zu einem Altmetallhandel, ein Hinweis auf „Altona“, handgemalte Werbung für „Bratwurst“ und „Schnitzel“. Wir würden gerne wissen, was hier los ist.
Der Südtiroler Pionier (der tatsächlich sehr gut kocht) spricht später auf die Frage nach der „Gegend“ lieber von den Neu-Entwicklungen auf der anderen Seite. Wieder zuhause soll „google“ unsere Fragen beantworten. Zuerst tauchen deutsche Freiwillige auf, die Kinder unterrichten, von sozialen Problemen, Arbeitslosigkeit, häuslicher Gewalt, Kriminalität, Aids ist die Rede. Barbara Tofaute hat eine Stiftung „Hope and Light“ gegründet, die man auch von Deutschland aus unterstützen kann. Dann erklärt sich die angespannte Stimmung beim alten Weingut Knoerhoek. Der Farmer, Roy McGregor, ist im März so übel zugerichtet worden, dass er nur mit Glück überlebt hat. Brandstiftung ist ein gravierendes Problem. Eine andere Meldung erwähnt, dass in dem Gebiet besonders viel Metall gestohlen wird (insgesamt in Kapstadt ein Problem, die Polizei hat eine spezialisierte Einheit aufgestellt).
Langsam schält sich auch so etwas wie eine Geschichte heraus. Bis vor etwa 20 Jahren bestand das Dorf aus kleinen Landwirtschaftsbetrieben (small holdings) im Besitz von Weißen und der methodistischen Missionsstation, die für 800 Familien, meist Coloureds, kleine Häuser gebaut hatte. Dann wurden für einen ein Teil der Bewohner eines nahe gelegenen squatter camps (Sun City) 600 Häuschen (RDP houses) gebaut. Und dann haben sich viele weitere Menschen in selbstgebauten shacks niedergelassen, so dass jetzt insgesamt etwa 8.000 Menschen in dem „Dorf“ leben, darunter zunehmend viele zugewanderte Afrikaner aus dem Eastern Cape und den Nachbarländern.
An der Sir Lowry’s Pass Road stoßen also die Welten aufeinander, die sonst in Kapstadt meist räumlich voneinander getrennt sind. Stacheldraht ist die eine Reaktion, einkommenschaffende und soziale Projekte die andere. Der Getränkehersteller Amarula lässt hier seit 2003 inzwischen 85 Frauen gelb-goldene Bändchen für seine Flaschen fertigen. Die auf dem Knoerhoek-Gelände liegende 4-Sterne Bezweni Lodge wirbt damit, dass sie so viel wie möglich aus dem Dorf bezieht. Der Eco Residential Estate, der sich vor allem dem Ausrotten invasiver fremder Pflanzen verschrieben hat, will von den Bewohnern der dazu gehörenden Häuser sogar eine Entwicklungsabgabe (development levy) zugunsten von Sir Lowry’s Pass Village erheben. Und dann gibt es noch einen ausgefeilten, 21 Seiten langen Plan „Sir Lowry’s Pass Tourism & Business Development Trust“, der aus dem Ort eine „World Class Destination“ machen will (darunter tut man es hier selten).
Ein Mikrokosmos Südafrikas also, derzeit noch in einem ungemütlichen nebeneinander. Ein Mikrokosmos auch, was die Vorstellungen angeht, wie sich Bürger engagieren und Entwicklung bewerkstelligen können, wenn wie hier, die beiden Welten Südafrikas aufeinanderstoßen.
Der Südtiroler Johann Innerhofer hat sein Paradies gefunden, aber nicht das Paradies.
Die Stadt gehört zum Großraum Kapstadt, ist traditionell bei Deutsch(stämmig)en sehr beliebt - und wächst offenbar weiter. Links der Autobahn (von Kapstadt aus gesehen), schießen seit Jahren neue Wohnsiedlungen aus dem Boden (in Südafrika werden zuerst die Straßen gebaut und - heutzutage - auch die Umfriedung, meist Mauern).
Auf die Frage, wer in diesen vielen neuen Siedlungen (auch im Norden Kapstadt gibt es immer mehr davon) wohnt, wissen wir immer noch keine gute Antwort - die bisherigen Auskünfte reichen von jungen Kapstädtern, urlaubenden Johannesburgern über britische Rentner und deutsche „Schwalben“ (regelmässige Langzeiturlauber) bis hin zu aufstrebenden Mittelschichtangehörigen, insbesondere der Coloureds.
Die Fragezeichen werden noch größer, als wir die alte Sir Lowry’s Pass Road entlang fahren; sie verläuft etwas oberhalb der Autobahn, und man hat einen schönen Blick über die Bucht und die sie begrenzenden Berge. Links und rechts weitere umfriedete Wohnsiedlungen (gated communities), so neu, dass noch nicht einmal alle Straßen auf unserem neuen Stadtplan verzeichnet sind. Daneben, ebenfalls neu, ein paar Weingüter, und eines davon gehört dem Meerblick suchenden Südtiroler.
Noch ein Stück weiter ändert sich das Bild und die Stimmung: statt gefräßiger Erschließung (urban sprawl nennen das die Stadtplaner) ältere Häuser, manche leicht heruntergekommen, viele mit Elektrozaun gesichert. Ein Weingut steht zum Verkauf, offenbar schon länger, denn es sieht nicht so einladend aus wie die meist penibel gepflegten Anwesen. Auch hier sind fast alle Gebäude mit Elektrozaun umgeben. Ganz am Ende, jenseits eines unbeschränkten Bahnübergangs, wird die Straße nicht mehr gewartet, weil die Zufahrt auf die berühmte eigentliche Passstraße gesperrt ist. Eine Sackgasse also, langsam wächst sie von links und rechts zu. Plastikmüll und niedergedrücktes Buschwerk legen die Vermutung nahe, das hier Menschen gehaust haben. Wir kehren um.
Rechts geht es zu einem jahrhundertealten Weingut: Knoerhoek ("seit 1793"). Vor dem gesicherten Tor ein Auto der Sicherheitsfirma ADT, hinter dem Schlagbaum ein Wächter. Irgendwas stimmt hier nicht. Vom nicht sehr gesprächigen Wachmann erfahren wir, dass es viele Überfälle gegeben hat, und als unser Blick auf einen neuen Zaun mit verschärftem Stacheldraht fällt, sagt er: „Und jetzt haben wir auch noch Patrouillen mit Hunden aufgenommen“. Daneben ein neues Weingut, Wedderwill, ebenfalls mit Eingangskontrollen gesichert.
Zurück auf Sir Lowry’s Pass Road liegt links Sir Lowry’s Pass Village. Wir registrieren das Schild „Methodist Mission“ und eine stacheldrahtverbarrikadierte Polizeistation. Wir fahren weiter, weil uns leider erst beim nächsten Blick auf den Stadtplan auffällt, dass das Dorf eine besondere Geschichte haben muss. Die eine Hälfte heißt „Mission Grounds“, die andere, fein säuberlich durch die Straße getrennt und mit einem engeren Straßengeflecht, „Sun City“.
Inzwischen fahren wir so langsam, dass wir den Autoverkehr stören und mehrfach rechts ran müssen. Nicht gerade gepflegte Häuser, verrostende Maklerschilder, eine Abfahrt zu einem Altmetallhandel, ein Hinweis auf „Altona“, handgemalte Werbung für „Bratwurst“ und „Schnitzel“. Wir würden gerne wissen, was hier los ist.
Der Südtiroler Pionier (der tatsächlich sehr gut kocht) spricht später auf die Frage nach der „Gegend“ lieber von den Neu-Entwicklungen auf der anderen Seite. Wieder zuhause soll „google“ unsere Fragen beantworten. Zuerst tauchen deutsche Freiwillige auf, die Kinder unterrichten, von sozialen Problemen, Arbeitslosigkeit, häuslicher Gewalt, Kriminalität, Aids ist die Rede. Barbara Tofaute hat eine Stiftung „Hope and Light“ gegründet, die man auch von Deutschland aus unterstützen kann. Dann erklärt sich die angespannte Stimmung beim alten Weingut Knoerhoek. Der Farmer, Roy McGregor, ist im März so übel zugerichtet worden, dass er nur mit Glück überlebt hat. Brandstiftung ist ein gravierendes Problem. Eine andere Meldung erwähnt, dass in dem Gebiet besonders viel Metall gestohlen wird (insgesamt in Kapstadt ein Problem, die Polizei hat eine spezialisierte Einheit aufgestellt).
Langsam schält sich auch so etwas wie eine Geschichte heraus. Bis vor etwa 20 Jahren bestand das Dorf aus kleinen Landwirtschaftsbetrieben (small holdings) im Besitz von Weißen und der methodistischen Missionsstation, die für 800 Familien, meist Coloureds, kleine Häuser gebaut hatte. Dann wurden für einen ein Teil der Bewohner eines nahe gelegenen squatter camps (Sun City) 600 Häuschen (RDP houses) gebaut. Und dann haben sich viele weitere Menschen in selbstgebauten shacks niedergelassen, so dass jetzt insgesamt etwa 8.000 Menschen in dem „Dorf“ leben, darunter zunehmend viele zugewanderte Afrikaner aus dem Eastern Cape und den Nachbarländern.
An der Sir Lowry’s Pass Road stoßen also die Welten aufeinander, die sonst in Kapstadt meist räumlich voneinander getrennt sind. Stacheldraht ist die eine Reaktion, einkommenschaffende und soziale Projekte die andere. Der Getränkehersteller Amarula lässt hier seit 2003 inzwischen 85 Frauen gelb-goldene Bändchen für seine Flaschen fertigen. Die auf dem Knoerhoek-Gelände liegende 4-Sterne Bezweni Lodge wirbt damit, dass sie so viel wie möglich aus dem Dorf bezieht. Der Eco Residential Estate, der sich vor allem dem Ausrotten invasiver fremder Pflanzen verschrieben hat, will von den Bewohnern der dazu gehörenden Häuser sogar eine Entwicklungsabgabe (development levy) zugunsten von Sir Lowry’s Pass Village erheben. Und dann gibt es noch einen ausgefeilten, 21 Seiten langen Plan „Sir Lowry’s Pass Tourism & Business Development Trust“, der aus dem Ort eine „World Class Destination“ machen will (darunter tut man es hier selten).
Ein Mikrokosmos Südafrikas also, derzeit noch in einem ungemütlichen nebeneinander. Ein Mikrokosmos auch, was die Vorstellungen angeht, wie sich Bürger engagieren und Entwicklung bewerkstelligen können, wenn wie hier, die beiden Welten Südafrikas aufeinanderstoßen.
Der Südtiroler Johann Innerhofer hat sein Paradies gefunden, aber nicht das Paradies.
Montag, 4. April 2011
Green Point Urban Park
(la) Eingeladen waren alle Kapstädterinnen und Kapstädter, gekommen aber waren vor allem Coloureds aus Mitchell’s Plein: Gestern ist in unmittelbarer Nähe des Green Point Stadions der Green Point Urban Park offiziell eröffnet worden. Eine kleine Bühne, viele Bands, der bekannte Entertainer Soli Philander (der mit seinen Witzen auf Afrikaans zwar nicht uns, aber alle anderen zum Lachen brachte), einige offizielle Reden - und auf dem Rasen jede Menge Mittelschicht. Neben den Coloureds natürlich auch Weiße, denn in Green Point, Sea Point und Mouille Point stellen sie immer noch die ganz überwiegende Mehrheit der Bewohner.
Wo vor zehn Jahren der Wind den Abfall vor sich her trieb und die Sportstätten vor sich hin gammelten, ist - quasi als Abfallprodukt der Fußball-WM - ein hübscher, grüner Park entstanden. Grün im doppelten Sinn: mit getrennten Abfalltonnen für Papier, Glas und Plastik und mit einem Naturlehrpfad, der anhand der vielfältigen Pflanzen am Kap kurzweilig darüber informiert, wie alles mit allem zusammenhängt. Und mittendrin farbenprächtige Tiere - aus Draht gebogen und mit bunten Perlen versehen von den Künstlern von „Streetwires“.
Manche Hinweisschilder sind übrigens sehr britisch: „Unattended children will be sold to the circus!” Bleibt zu hoffen, dass der Park wirklich - wie in den Eröffnungsreden immer wieder betont - von der Bevölkerung angenommen, genutzt und gepflegt wird. Gestern klappte das schon einmal - beim Eröffnungskonzert stellte sich fast ein Kirstenbosch-Gefühl (Picknick + Musik) ein.
Wo vor zehn Jahren der Wind den Abfall vor sich her trieb und die Sportstätten vor sich hin gammelten, ist - quasi als Abfallprodukt der Fußball-WM - ein hübscher, grüner Park entstanden. Grün im doppelten Sinn: mit getrennten Abfalltonnen für Papier, Glas und Plastik und mit einem Naturlehrpfad, der anhand der vielfältigen Pflanzen am Kap kurzweilig darüber informiert, wie alles mit allem zusammenhängt. Und mittendrin farbenprächtige Tiere - aus Draht gebogen und mit bunten Perlen versehen von den Künstlern von „Streetwires“.
Manche Hinweisschilder sind übrigens sehr britisch: „Unattended children will be sold to the circus!” Bleibt zu hoffen, dass der Park wirklich - wie in den Eröffnungsreden immer wieder betont - von der Bevölkerung angenommen, genutzt und gepflegt wird. Gestern klappte das schon einmal - beim Eröffnungskonzert stellte sich fast ein Kirstenbosch-Gefühl (Picknick + Musik) ein.
Green Point Stadion
(la) Mit seinen Klick-Lauten macht uns Njongo schnell klar, dass wir ihm in Xhosa so schnell nichts erzählen werden. Ein Klick-Laut geht ja noch, aber als unser Führer durch das Green Point-Stadion eine Xhosa-Version von „Fischers Fritz fischt frische Fische“ vorführt, geben alle lachend auf. Und Njongo freut sich: „Nichts für ungut!“ Eine gute Stunde zeigt er uns das WM-Stadion. Njongo ist knapp 30, wohnt im Township Langa, hat nach der Schule zunächst am Empfang einer Firma gearbeitet, sich weitergebildet und verdient jetzt als Führer durch das neue Stadion seinen Lebensunterhalt.
An drei Tagen in der Woche kann man das Stadion in Green Point besichtigen. Was von außen ein imposanter Bau ist, erweist sich von innen als höchst funktional - selbst die Präsidenten-Suite, in der die Herren Zuma und Blatter die WM-Spiele verfolgt haben, ist nicht besonders luxuriös, sondern eher spartanisch ausgestattet. Die VIPs haben Ledersitze, keine Plastikschalen - aber das war’s dann auch.
Wir wissen jetzt, wo sich Michael Ballack & Co umgezogen und geduscht haben und wo die Polizisten sich während der Spiele aufhalten; selbst an drei Gefängniszellen für Randalierer haben die deutschen Architekten gedacht. Nur wie das Stadion, das bis zu 72.000 Menschen fasst, im Alltag unterhalten werden kann, weiß niemand so recht. Die Baukosten beliefen sich auf gut 400 Millionen Euro, und die mindestens 100-tausend Euro im Monat für den laufenden Betrieb müssen erst einmal erwirtschaftet werden.
„Noch sehen Sie hier keine Werbeflächen,“ erzählt Njongo; „das Stadion ist gerade erst an die Stadt übergeben worden. Aber darüber wird gerade verhandelt.“ Die französisch-südafrikanische Firma, die das Stadion managen sollte, hat im letzten Herbst aufgegeben und der Stadt den schwarzen Peter zugeschoben: zuwenig Einnahmen. Die VIP-Räume könne man mieten, sagt Njongo, aber für eine Geburtstagsfeier gibt es sicher nettere Räumlichkeiten. „Gefilmt wird hier auch - vor einigen Tagen war Denzel Washington hier.“
Davon hatten wir schon in der Zeitung gelesen: Washington dreht in Kapstadt gerade den Thriller „Safe House“, Straßenabsperrungen erinnern die Kapstädter fast jeden Tag daran, und drei Nächte hat das Filmteam das Stadion in Beschlag genommen. Taghelle Beleuchtung, Schießereien im Stadion, ein Helikopter kreisend darüber - die Anwohner in Greenpoint und Mouille Point waren erbost über den Lärm und die fehlende Information. In einer Woche wird es wieder laut, aber vielleicht nicht ganz so störend: Da gibt Neil Diamond ein Konzert.
„Bis wir die Kosten gedeckt haben, ist noch ein langer Weg“, sagt Njongo. Das von Blatter durchgesetzte Stadion in Green Point wird die Stadt, also die Steuerzahler, noch einiges kosten.
An drei Tagen in der Woche kann man das Stadion in Green Point besichtigen. Was von außen ein imposanter Bau ist, erweist sich von innen als höchst funktional - selbst die Präsidenten-Suite, in der die Herren Zuma und Blatter die WM-Spiele verfolgt haben, ist nicht besonders luxuriös, sondern eher spartanisch ausgestattet. Die VIPs haben Ledersitze, keine Plastikschalen - aber das war’s dann auch.
Wir wissen jetzt, wo sich Michael Ballack & Co umgezogen und geduscht haben und wo die Polizisten sich während der Spiele aufhalten; selbst an drei Gefängniszellen für Randalierer haben die deutschen Architekten gedacht. Nur wie das Stadion, das bis zu 72.000 Menschen fasst, im Alltag unterhalten werden kann, weiß niemand so recht. Die Baukosten beliefen sich auf gut 400 Millionen Euro, und die mindestens 100-tausend Euro im Monat für den laufenden Betrieb müssen erst einmal erwirtschaftet werden.
„Noch sehen Sie hier keine Werbeflächen,“ erzählt Njongo; „das Stadion ist gerade erst an die Stadt übergeben worden. Aber darüber wird gerade verhandelt.“ Die französisch-südafrikanische Firma, die das Stadion managen sollte, hat im letzten Herbst aufgegeben und der Stadt den schwarzen Peter zugeschoben: zuwenig Einnahmen. Die VIP-Räume könne man mieten, sagt Njongo, aber für eine Geburtstagsfeier gibt es sicher nettere Räumlichkeiten. „Gefilmt wird hier auch - vor einigen Tagen war Denzel Washington hier.“
Davon hatten wir schon in der Zeitung gelesen: Washington dreht in Kapstadt gerade den Thriller „Safe House“, Straßenabsperrungen erinnern die Kapstädter fast jeden Tag daran, und drei Nächte hat das Filmteam das Stadion in Beschlag genommen. Taghelle Beleuchtung, Schießereien im Stadion, ein Helikopter kreisend darüber - die Anwohner in Greenpoint und Mouille Point waren erbost über den Lärm und die fehlende Information. In einer Woche wird es wieder laut, aber vielleicht nicht ganz so störend: Da gibt Neil Diamond ein Konzert.
„Bis wir die Kosten gedeckt haben, ist noch ein langer Weg“, sagt Njongo. Das von Blatter durchgesetzte Stadion in Green Point wird die Stadt, also die Steuerzahler, noch einiges kosten.
Abonnieren
Posts (Atom)