Vorgestern sind wir in Johannesburg an der Goodman Gallery vorbeigegangen – sie macht in diesen Tagen fette Schlagzeilen, und ihre Chefin hat sogar Todesdrohungen bekommen: Ein dort ausgestelltes Bild, das unschwer Präsident Zuma zeigt, sei eine schwere Beleidigung: der ANC hat die Galerie aufgefordert, das Gemälde sofort abzuhängen. Die Sonntagszeitung „City Press“, die das Bild auf ihrer Webseite hat, und die Galerie sollen jetzt von einem Gericht dazu verurteilt werden, es nicht mehr zu zeigen – beide aber lehnen das ab und berufen sich auf die Meinungsfreiheit und die Freiheit der Kunst.
Das Bild des 50jährigen (weißen) Künstlers Brett Murray heißt „Der Speer“ und zeigt Zuma nach dem Vorbild eines bekannten Lenin-Posters in revolutionärer Pose – allerdings mit einer entscheidenden Verfremdung: Aus seiner Hose hängen seine Genitalien. Bei sechs Ehefrauen, 22 bekannten Kindern von zehn verschiedenen Frauen und einem Vergewaltigungsprozess bietet Zuma für derartige Anspielungen einige Angriffsflächen, und Brett Murray hat seiner Ausstellung auch noch den satirischen Titel „Hail to the Thiefs“ (also „Heil den Dieben“ und nicht den „Chiefs“) gegeben. Manches in dieser Ausstellung erinnert an Klaus Staecks Arbeiten; so fordert ein anderes Poster („Die Kleptokraten“) im Namen des ANC „Chivas, BMW’s and Bribes“, ein drittes verfremdet das ANC-Logo mit dem Zusatz „For Sale“.
Der ANC findet das alles nicht witzig und ist auf der Palme. Murray mache sich über den Präsidenten lustig und beleidige die Partei, meint ihr Sprecher; COSATU-Chef Vavi sagt, so etwas könne sich nur „ein sehr krankes Gehirn voller Hass“ ausdenken. Auch unser Freund Con, selbst Anwalt, findet das Bild unwürdig – viele Weiße fänden das jetzt gut, meint er, aber was würden die sagen, wenn ein schwarzer Künstler die Oppositionsführerin Helen Zille in vergleichbarer Pose darstellte?
Für den Künstler-Kollegen Mongane Wally Serote ist es zuviel Aufregung um ein geschmackloses Bild. Die Regierung solle sich lieber um die wirklich wichtigen Probleme kümmern. Auch ein Mitarbeiter der Kapstädter Galerie, die die Ausstellung nach Johannesburg gebracht hat und der in unserem B&B wohnt, ist erstaunt: So gut sei das Bild nun wirklich nicht, sagt er beim Frühstück.
Die PR aber ist natürlich unbezahlbar. In den vergangenen beiden Tagen war die Goodman Gallery überfüllt; jeder wollte das Bild sehen, das soviel Wirbel verursacht. Dabei ist es schon lange verkauft: für umgerechnet rund 13.000 Euro an einen deutschen Sammler. Er müsste sich eigentlich beim ANC bedanken: Auch er dürfte nach der ganzen Aufregung ein gutes Geschäft gemacht haben.
PS (Nachtrag Montag, 21.5.): Tselane Tambo, die Tochter des früheren ANC-Präsidenten Oliver Tambo, scheint kein großer Fan der Politik von Präsident Zuma zu sein. Die „Cape Times“ zitiert sie heute, wie sie das umstrittene Gemälde „Der Speer“ in Twitter bemerkenswert deutlich verteidigt: „Präsident Zuma ist gemalt worden, und er mag sein Bild nicht. Freuen sich die Armen über Armut? Freuen sich die Arbeitslosen über Hoffnungslosigkeit? Freuen sich diejenigen, die keine Häuser bekommen, über Obdachlosigkeit? Das alles muss er bekämpfen. Niemandem geht es blendend. Er sollte die Verehrung, die er wünscht, auch ausstrahlen. Dieses Portrait verkörpert, was er ausstrahlt. Schande!“
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen