ANC, SACP und COSATU sind zwar in einer regierenden Allianz miteinander verbunden, der sich als Gernegroß auch noch Sanco hinzurechnet, ein Dachverband von Bürgerbewegungen. In der Praxis gibt es aber oft heftigen Streit, oft auch in erstaunlichen Konstellationen, etwa, wenn der dem afrikanisch-nationalistischen Flügel zugerechnete Führer der ANC-Jugendliga die Nationalisierung der Minen fordert und der stellvertretende Generalsekretär der Kommunistischen Partei daraufhin genau davor warnt.
An der Basis ist der Streit oft noch heftiger, weil existentieller. Davon erzählt Anton Harber in seinem faszinierenden Buch „Diepsloot“. Wohl 200 000 Menschen leben dort in der Nähe von Johannesburg: nach Ende der Apartheid bewusst angesiedelt, aus anderen townships umgesiedelt oder einfach zugezogen. Ein Teil bewohnt von der Regierung gestellte Häuschen, andere haben Eigentum erwerben können, viele leben in informellen, selbst gebauten Hütten. Eine reguläre Arbeit haben nur die wenigsten.
Der ANC ist dort nicht nur eine politische Partei, sondern die Partei der Befreiung. Oppositionsparteien haben da keine Chance. Gefochten wird vielmehr zwischen den Allianzpartner - hier sind das der ANC, die SACP und Sanco. Die Kampflinien verlaufen zwischen ANC-Vertretern, die die besser situierten Diepslooter vertreten (also die, die Arbeit und ein eigenes RDP-Haus zugewiesen bekommen haben), und den Interessenvertretern derer, die auch hier am Rande leben: in shacks, ohne reguläres Einkommen, die Marginalisierten der Marginalisierten. Als Vertreter dieser Gruppen verstehen sich SACP und Sanco.
Dabei geht es nicht um ideologische Unterschiede, sondern um den Zugang zu dem, was die Stadt Johannesburg, was der Staat zu bieten hat: Jobs, Status, Entwicklungsprojekte, Bauvorhaben. Die ANC-Kader mahnen zu Gesetzestreue und Geduld, die Kommunistische Partei und Sanco artikulieren eher die Unzufriedenheit und die Ansprüche der informellen Bewohner, sie sprechen die Sprache des Protestes und fordern Sozialismus.
Während die ANC-Kader in Büros residieren, eine Sekretärin und Zugang zu den Einrichtungen der Stadt haben, sitzen die Sprecher von SACP und Sanco in dunklen shacks, in denen außer ein paar angeknacksten Plastikstühlen nichts zu finden ist, es nicht einmal Strom gibt. Viele der ANC-Vertreter bekommen so etwas wie ein Gehalt von der Stadt, während sich SACP und Sanco-Vertreter Geld von „ihren“ Leuten holen, in dem sie Wohnraum zuteilen oder Zugang zur Polizei vermitteln. Die Auseinandersetzungen zwischen beiden Gruppen sind „rough and tough“ – das kann kaum anders sein, wollen doch alle vom Staat etwas haben.
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