Dienstag, 15. Mai 2012

Erziehung: mangelhaft

Das Erziehungswesen in Südafrika steckt in einer tiefen Krise. In der Presse sind auch in diesem Jahr wieder erschreckende Bilder zu sehen – so sitzen Schüler einer Schule in Nomkolokoto, die 2011 von einem Unwetter zerstört worden ist, heute immer noch auf Pappkartons im Freien, weil die Reparatur des Gebäudes von der Bürokratie verschlampt worden ist. Und das ist kein Einzelfall. 20 % der öffentlichen Schulen, so schätzte ein Experte jetzt am Wochenende auf dem Literaturfestival in Franschhoek, sind gut, 80 % aber eine Katastrophe.

Damit ihre Kinder vernünftig erzogen werden, gehen frustrierte Eltern immer häufiger vor Gericht. Dreimal in diesem Jahr ist die Regierung jetzt schon verklagt worden, genauer: das Department of Basic Education. Im neuesten Prozess geht es darum, dass es die Behörde in der Provinz Limpopo bislang nicht geschafft hat, Schulbücher auszuliefern.

Limpopo muss eine der am schlechtesten verwalteten Provinzen Südafrikas sein. Fünf der Ministerien, das für Erziehung eingeschlossen, waren im Dezember unter die Verwaltung der Nationalregierung gestellt worden, weil der Etat vollkommen überzogen worden war. Die Bürgerrechtsbewegung Section 27, eine betroffene Schule und die Mutter einer Schülerin wollen die Regierung jetzt mit der neuen Klage zwingen, Schulbücher sofort auszuliefern.

Eigentlich hätten die Bücher im vergangenen Dezember verteilt werden sollen; jetzt läuft das Schuljahr bereits fünf Monate, und es ist immer noch nichts passiert. „Das ist so schlimm wie der Lehrerstreik im vergangenen Jahr“, schimpft „Section 27“-Sprecherin Nikki Stein gegenüber der Zeitung „Business Day“ – und alles wird auf dem Rücken der Schüler ausgetragen.

Dass hier ein Problem liegt, gibt auch die Erziehungsbehörde zu. Die Behörde sei „buchstäblich bankrott“ gewesen, gesteht ihr Sprecher Lesufi und spricht von „unerwarteten Verzögerungen“. Ministerin Motshekga bemüht sich jetzt persönlich um eine Lösung, heißt es.

Im Gespräch mit Chris Barron von der „Sunday Times“ spricht die Ministerin von einer „Horror Story“. Seit mehr als einem Jahr steht das Erziehungsministerium der Ostkap-Provinz unter Verwaltung der nationalen Regierung, aber die sei bei den Bürokraten dort „gegen eine Steinwand“ gerannt.

Die Anti-Apartheid-Aktivistin Mamphela Ramphele provozierte vor kurzem mit der Aussage, unter Apartheid sei die Erziehung in den Schulen besser gewesen. Ganz so weit wollte der brillante Jonathan Jansen, Vize-Rektor der Universität Bloemfontein, an diesem Wochenende in Franschhoek nicht gehen, aber auch er zog ein bitteres Fazit, und auf die ANC-Regierung setzt er keinen Pfifferling. Eltern und Lehrer müssten selbst mit anpacken, damit die Bildungsmisere gelöst wird; Politiker würden da nicht viel helfen.

Terence Nombembe, der auditor-general – Chef einer Behörde, die eine Art Bundesrechnungshof ist und der Verwaltung jedes Jahr gewissermaßen Zensuren erteilt – hatte Anfang Mai Alarm geschlagen: Das Funktionieren der Verwaltung sei nicht mehr gesichert, die Regierung werde nicht mehr korrekt informiert, die Regierungsberichte seien nicht mehr so präzise.

Bald stehen wieder die Audit-Berichte über die lokalen Verwaltungen an, die bereits im vergangenen Jahr kein gutes Licht auf den Staatsdienst geworfen haben. Nombembe machte der Öffentlichkeit wenig Hoffnung, dass sich die Lage verbessert habe, und drückte sich dabei sehr vorsichtig aus: Diejenigen, die vom Volk gewählt worden seien, nähmen ihre Verantwortung nur sehr langsam wahr.

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen