Nach den etwas trostlosen Orten an der N7 in Richtung Namibia sind wir nicht vorbereitet, was uns in Springbok erwartet: eine offenbar (kommerziell) blühende Stadt, attraktiv eingeklemmt zwischen Felsformationen. Vor allem aber: kein township zu sehen.
Am nächsten Morgen machen wir uns auf ins Touristenbüro. Nein, ein township gebe es in Springbok nicht. Aber Jugendarbeitslosigkeit. Wieviel, da muss der Angestellte passen und rät, doch im Statistikbüro gegenüber nachzufragen. Das Gitter geht auf, wir fragen die beiden freundlichen Männer nach der Arbeitslosenquote. Sie sind ganz enttäuscht, dass wir Journalisten sind: „Wir hatten gehofft, dass Sie hier investieren wollen.“
Eine wache Angestellte nimmt sich unserer Fragen an. „Ach, wir haben nur Daten von 2001, von der letzten Volkszählung.“ Mit der Fortschreibung 2006 habe es nicht geklappt. Auch sonst liegt statistisch einiges im Argen, am Anfang war sie ganz allein da, jetzt gibt es in dem relativ großen Gebäude immerhin vier Mitarbeiter.
Wir fangen mit der Einwohnerzahl an. Der Reiseführer hatte von 16 000 geschrieben. Der Amts-Computer gibt die Daten nur zögernd frei: Gut 1.600, sagt er – 1.300 Weiße, 300 Coloureds und 13 Blacks. Aber da muss die Statistik-Expertin selbst lachen: Das stimme hinten und vorne nicht, selbst für 2001 nicht. Und in der Zwischenzeit habe sich Springbok wirklich gemacht.
Für die Volkszählung 2011 hat sie noch immer nicht genügend Mitarbeiter(innen). Zwischen März und Juli habe die Behörde immer wieder inseriert, aber es hätten sich nicht genügend Bewerber gemeldet. Und das, obwohl Stats South Africa seine freien Mitarbeiter gut bezahle, sogar noch einen Extrabetrag drauflege, weil freie Mitarbeiter nicht in den Genuss der mit Festanstellung verbundenen Sozialleistungen kommen. Eine Erklärung könne sein, dass die Kommunikation mit der Behörde auf Englisch erfolgen müsse; da seien die Leute hier etwas schüchtern.
Kriminalität? Nein, die gebe es in der Tat kaum, sagt die Frau vom Statistik-Amt; ein wirkliches Problem in Springbok sei aber der Alkoholismus. Schon morgens um sieben stellten sich die Männer vor den Spar-Laden, um Geld zu erbetteln, damit sie in einem der zahlreichen „Drankwinkel“ mit dem Trinken beginnen können. Alle Bemühungen (etwa der Kirchen), sie davon abzuhalten, seien vergebens. Drankwinkel sind in Südafrika ubiquitär. Und von den Farmarbeiterfrauen im Weinland bei Stellenbosch und Paarl wird berichtet, dass es dort die weltweit höchste Quote von alkoholgeschädigten Fötussen gibt.
Und die Politik? Jetzt beginne die Mobilisierung für die Kommunalwahlen 2011. Da gehe es aggressiv zu. In ihrem Büro seien schon Leute erschienen, um zu fragen, ob sie denn auch für den ANC stimmten. Sie habe früher für die Independent Electoral Commission gearbeitet – Wähler aufzuklären sei wirklich schwierig, entschieden werde nach der Identität und den großzügigsten Versprechungen.
In der Stadt haben wir – zum ersten Mal auf der ganzen Reise – ein Büro von COPE gesehen, jener Abspaltung vom ANC, die - von großen Hoffnungen begleitet - zu den Nationalwahlen 2009 angetreten war. Jetzt reden die Herren an der Spitze nur noch per Gericht miteinander. Doch in dem schön gestrichenen Parteigebäude in Springbok herrscht Ordnung und Aufbruchstimmung. Man dürfe das Land nicht einer dominanten Partei überlassen, hören wir, Deutschland mit seinem Parteiensystem sei ein gutes Vorbild, und 2011 wolle man den ANC im Northern Cape schlagen. Wir bekommen einen Zettel mit den Wahlergebnissen für COPE in der Region: In Namakwa haben 45 914 Menschen gewählt, COPE hat 9 451 Stimmen erhalten, das sind 20,58 Prozent. Ein überdurchschnittlich gutes Ergebnis – und die verlässlichsten Daten aus Springbok.
PS: Am Nachmittag haben wir dann doch township-ähnliche Siedlungen entdeckt – hinter den Bergen. Wäre ja auch zu schön gewesen…
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