"African National Congress" - die fast 100 Jahre alte ehemalige Befreiungsbewegung hat sich in den Verhandlungen über die Zukunft des Landes und bei der Ausarbeitung der 1996 verabschiedeten Verfassung hohen Respekt erworben. Viele arme Südafrikaner haben ihr vertraut, dass sie Jobs schafft, für Essen auf dem Tisch sorgt und Häuser baut - so die Slogans für die erste freie Wahl 1994, die der ANC - wie alle folgenden auch - mit sehr komfortabler Mehrheit gewonnen hat. Nur in der Provinz Western Cape regiert die Democratic Alliance unter Helen Zille.
Für was aber steht der ANC heute? Zum Auftakt des National General Council, einer großen Versammlung zwischen den noch größeren Parteitagen, veröffentlichte die Sonntagszeitung „City Press“ einen Leitartikel. Seine erste Hälfte würdigt die oben angedeuteten Verdienste, die zweite beschäftigt sich mit dem heutigen Zustand der Partei. „Am Vorabend ihres National General Council (NGC) ist der ANC weniger eine Partei im Dienst der Menschen des Landes als eine Organisation, die von internem Streit und Eigeninteressen bestimmt wird." Kann sie wirklich noch den Anspruch erheben, eine Bewegung für Südafrika und die Südafrikaner zu sein? Beim NGC wird es ihr nicht gelingen, eine Mehrheit für das sogenannte Kader-gesetz zu finden, das es politischen Amtsträgern untersagen soll, auf der Ebene der Stadt/-Kreisverwaltungen eine Stelle anzunehmen. Genau das hat die Korruption im ANC heimisch werden lassen und öffentliche Dienstleitungen behindert. Weil die Partei nun im Griff dieser Eigeninteressen vieler Mitglieder ist, wird Präsident Zuma diesen Gesetzesvorschlag wahrscheinlich nicht durchbringen.
Die Debatten über die Wirtschaftspolitik, vom Radikalismus des Gewerkschaftsverbandes COSATU und den Nationalisierungsbemühungen der Jugendorganisation des ANC formuliert und vorgetragen, sind ebenfalls ein Ausdruck spezieller und eigener Interessen. Der Gewerkschaftsverband verkämpft sich in Schlachten, die er bereits in den späten achtziger Jahren verloren hat, wenn er für höhere Steuern und Währungskontrolle ficht. Die Jugendliga des ANC tritt für die unter Druck geratenen schwarzen Minenbesitzer an, die den Staat brauchen, um ihre hochverschuldeten Beteiligungen wieder flott zu machen.
Der sich diese Woche in Durban versammelnde ANC scheint sich wenig um Bildung, Jobs und das öffentliche Gesundheitswesen zu sorgen - die drei Dinge, die für die Mehrheit der Südafrikaner am wichtigsten sind. Handelt es sich wirklich um eine in den Massen verankerte Partei oder nur um ein Sammelbecken für spezielle Interessen?“
Peter Bruce, der Chefredakteur des „Business Day“, der jeden Montag eine lesenswerte Kolumne schreibt („The Thick Ende of the Wedge“) formuliert sogar noch schärfer (was auf English noch besser herauskommt): „Gone (until further notice) is the thoughtful liberation movement. In its place is a nationalist throng intent on plunder whilst lying through its teeth to the masses how much it cares about them.”
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