Schon die Anfahrt war ein Erlebnis: Nach der trockenen und manchmal doch etwas eintönigen Karoo ein fruchtbares Tal, mittendrin eine Weinfarm, bei der man schon beim Durchfahren sieht, dass hier nicht Winzer, sondern Investoren am Werk sind. Und dann auf einmal Blumen, Büsche, gepflegte Gärten: Prince Albert. Viele Gästehäuser, ein altehrwürdiges Hotel (das gerade versteigert werden soll), viktorianische Häuser, die liebevoll restauriert worden sind oder restauriert werden, einladende Cafés, Galerien – und kein einziger Stacheldraht- oder Elektrozaun um die Grundstücke, die Schilder „Armed Response“ sucht man hier vergeblich. Hier sind nur die Polizeistation und das kleine Gefängnis mit Zäunen und Gittern so geschützt wie andernorts die Wohnhäuser. Der Antiquitätenhändler ist seit einigen Tagen in Kapstadt, seine teuren Waren hat er aber draußen auf der Veranda stehen lassen. Unser Guesthouse hat einen wunderbar gepflegten Rasen, aber keinen Zaun; viele Anwohner halten Schwätzchen auf der Straße, es herrscht eine von Wohlstand und Sicherheit genährte Freundlichkeit. Fast jeder grüßt - auch uns, die Fremden. Auf der breiten Straße wird sogar Fahrrad gefahren. Wir reiben uns die Augen.
„Ja, einige Ausländer haben hier Grundstücke gekauft“, sagt uns Charles, der Guesthouse-Besitzer. Aber noch haben die Südafrikaner die Mehrheit. „Wir sind keine Wochenend-Stadt wie das näher an Kapstadt liegende Greyton“, meint die Frau, die uns einen betörenden Apfelkuchen verkauft, „man muß hier schon herziehen, und dann engagiert man sich auch für die Gemeinde.“ Mittlerweile hat Prince Albert gute Restaurants, eine sehr interessante Galerie (wir kaufen dort eine Foto-Serie über die Karoo), eine Kochschule, eine wunderbare Käserei (siehe Bild!) und ist weit mehr als das in den Reiseführern beschriebene Dorf mit umliegendem Obstanbau.
Mit der Abgeschiedenheit erklärt man uns auch, dass es so gut wie keine Kriminalität gibt, die nächst größeren Städte sind alle etwa 150 km entfernt. Alkoholprobleme gibt es auch hier, das zeigen schon die „Drankwinkel“ gegenüber dem township. Aber es gibt keine harten Drogen, keine Bandenkriege, und die Zuwanderung hält sich in Grenzen.
Aber was machen Sie denn, wenn Sie eine englischsprachige Zeitung lesen oder ein Buch kaufen wollen? fragen wir den Galeristen. Das ist kein Problem, sagt er, Bücher lassen wir von Amazon kommen, und wenn wir eine Zeitung wollen, dann wissen wir schon, wer an diesem Tag in die Stadt fährt (zum Beispiel nach Oudtshorn), der bringt sie uns dann mit.
Das glauben wir gern.
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