Dienstag, 24. August 2010

Wie Gott in Frankreich

Ein Tisch im (Korn)Veld - auch wenn es auf den ersten Blick nicht so aussieht: Die kulinarischen Genüsse in Südafrika suchen ihresgleichen. Auch wenn der Plastiktisch in der Halbwüste wie hier nach einer Traktorfahrt beim "Ouden Kraal" vor Bloemfontein nur der Vorbote für den obligatorischen Sundowner ist...
„Hi, I’m Gordon“, wurden wir an der Tür begrüßt, als wir in Graaf-Reinet beim B&B nach einer Übernachtungsmöglichkeit fragten. Schnell war klar: Gordon war vor drei Jahren Besitzer geworden, um der Koch sein zu können. Als junger Mann hatte er eine Lehre zum Koch wegen des mühseligen Kartoffelschälens abgebrochen, studierte lieber Jura und arbeitete anschließend als Investment Banker.
Man kann sich bei Gordon nicht einfach an den Tisch setzen, man muß vielmehr in der Lounge Platz nehmen. Wenn – endlich – alle Gäste eingetroffen sind, erscheint der Chef mit einem kleinen Notizheft am Kamin und erklärt seinen Gästen, was ihnen gleich aufgetischt werden soll. Sie haben die Wahl zwischen zwei Vorspeisen, zwei Hauptgerichten und zwei Nachtischen – und Gordon wirbt mit einprägsamen Worten für jede der Möglichkeiten. Für einen der Nachtische habe er zwei Tage gebraucht, und er sei jede Minute wert; das Wild für das Hauptgericht – Kudu-Steak – habe er selbst geschossen, und wir würden uns die Finger danach lecken. Um die gute Qualität nicht zu überdecken, wird es gar nicht erst gewürzt, sondern nur mit Olivenöl eingerieben.
Als überzeugter Slow-Food-Anhänger hatte Gordon es nicht eilig, und seine afrikanische Küchenmannschaft ist mittlerweile so gut trainiert, dass er sich noch länger mit seinen Gästen unterhalten kann, während die kombinierten Suppen und die Frühlingsrolle schon serviert werden. Und wirklich: Der Abend ist ein einziger Genuß. Der zelebrierende Koch und die moderne Karoo-Küche sind inzwischen schon Kult, die Botschafter verschiedener Länder sind deswegen schon nach Graaf-Reinet gekommen.
Am Tag zuvor, in Beaufort-West, hatten wir schon ein Karoo-Buffet nach Hausfrauenart kennnengelernt, ebenfalls sehr schmackhaft, magenfüllend und ausgesprochen preiswert.
„De Oude Kraal“ 35 Kilometer vor Bloemfontein schoss dann aber den Vogel ab. Die riesige Farm „Wilhelmshöhe“, auf der Kühe, Schafe und drei Strauße weiden, wird seit fast zwei Jahrzehnten auch als Guesthouse geführt – und was für eins! Die Kochkünste der Besitzerin sind berühmt, auch wir waren nach dem ersten Fünf-Gang-Menü hingerissen. Das Ambiente war gleichzeitig familiär und hochprofessionell. Während wir zum Abschluss an der Bar noch einen guten Cognac tranken, hatte ein freundliches Wesen in unseren Zimmern die Heizdecken eingeschaltet, so dass wir dann äußerlich und innerlich gewärmt einschlafen konnten.
Außerhalb von Südtirol haben wir kaum je so gut gegessen. Kurz entschlossen haben wir unseren Aufenthalt um einen Tag verlängert, um das Dinner noch ein zweites Mal miterleben zu können. Kein Wunder, dass „De Oude Kraal“ viele Stammgäste hat und auch in diesen Wintertagen fast ausgebucht war. Unser Gourmet-Tipp daher: Vorbuchen!!

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